Evaluation (6): Big Picture
In den vorangegangenen Beiträgen dieser Reihe wurde die Bedeutung datengestützter Verfahren für die Schul- und Unterrichtsentwicklung herausgestellt. Ob durch die theoretische Einführung in die Data Team Intervention, die Betrachtung von Big Data und Small Data, oder die Darstellung konkreter schulischer Maßnahmen wie pädagogischer Interventionen – stets stand die Frage im Mittelpunkt, wie wir die Qualität des Lehrens und Lernens systematisch verbessern können. Dabei wurden erfolgreiche Beispiele aus der Praxis vorgestellt, die das Konzept einer Schule 5.0 verkörpern: flexibel, individuell und auf die Anforderungen einer zunehmend digitalen Welt ausgerichtet.
Doch wie kann dieser Veränderungsprozess nachhaltig gestaltet werden? Welche Rolle spielen dabei die verschiedenen Ebenen des Schulsystems – von der einzelnen Lehrkraft bis zur Schulaufsicht und Bildungspolitik? Um diese Fragen zu beantworten, bietet der ökosystemische Ansatz von Urie Bronfenbrenner wertvolle Orientierung. Sein Modell verdeutlicht, wie wichtig es ist, die Entwicklungs- und Interaktionskontexte aller Beteiligten zu berücksichtigen und Übergänge zwischen den Systemebenen aktiv zu gestalten.
Dieser Beitrag widmet sich der Frage, wie transformative Führung auf allen Ebenen – Mikro-, Meso-, Exo- und Makrosystems – gestaltet werden kann, um die notwendige „neue Kultur des Lernens“ zu schaffen. Dabei wird aufgezeigt, wie die verschiedenen Ebenen des Schulsystems miteinander verzahnt werden können, um nachhaltige Innovationen zu ermöglichen. Das Ziel: eine dynamische, zukunftsorientierte Bildungslandschaft, die allen Beteiligten gerecht wird.
Theorie: Ökosystematische Ansatz nach Bronfenbrenner
Urie Bronfenbrenner hat vor knapp 40 Jahren einen Ansatz vorgestellt, der einen differenzierten Blick auf unterschiedliche Entwicklungskontexte ermöglicht. Er unterscheidet verschiedene Realitätsebenen (Mikro-, Meso-, Exo-, Makrosystem). Hier eine kurze Erklärung der Realitätsebenen:
- Das Mikrosystem beschreibt unsere unmittelbare persönliche Wirklichkeit und Möglichkeiten. Dazu gehört unsere Familie, unser Selbst- und Weltbild, unsere persönlichen Werte und Einstellungen.
- Das Mesosystem (‘Nahbereich’) beinhaltet die (face-to-face Gruppenebene) Interaktion mit Menschen, die wir im Alltag antreffen, etwa Kolleginnen und Kollegen sowie Eltern, Schülerinnen und Schüler im Unterricht.
- Das Exosystem beschreibt die organisatorische und institutionelle Ebene, etwa die lokale Schulsituation, die Einbettung in die Stadt oder das Dorf, die lokale Situation von Lehrkräften inklusive die Situation der Schulleitung und die Struktur der Schulverwaltung.
- Zum Makrosystem gehören u.a. das weitere regionale und nationale Umfeld, etwa Schulgesetze und Richtlinien, der Bildungsauftrag, Programme wie der Digitalpakt, sowie kulturelle und gesellschaftliche Werte und Normen.
Bronfenbrenner betont in seinem ökosystemischen Ansatz die Bedeutung des Zusammenspiels von Systemen, in die ein Mensch eingebunden ist und die Relevanz der Übergänge von einem System ins andere. Was genau dahintersteckt, erfährt man in diesem, mit der Legetechnik entwickelten Erklärfilm der pädagogischen Fachhochschule Nordwestschweiz.
Makrosystem: Schulpolitik 5.0
… aus Sicht der Schülerinnen und Schüler …
… aus Sicht der Bildungsforschung …
Aktuelle Studien unterstreichen die Notwendigkeit eines mehrdimensionalen Führungsansatzes. Laut einer Untersuchung des Berliner Forschungsinstituts (FiBS) [1]https://www.cornelsen.de/_Resources/Persistent/e/f/c/4/efc40df2e93c4a89eba02bef2d4bd7326d885822/0001100000220%20FiBS_220329_001_Schuleitungsstudie.pdf sprechen sich 82 % der Schulleitungen in Deutschland für eine grundlegende Reform des Fächerkanons aus. Sie sehen den traditionellen Stundenplan als nicht mehr zeitgemäß an und fordern stattdessen eine stärkere thematische Vernetzung und fächerübergreifenden Unterricht. Über 90 % der befragten Schulleitungen betonen außerdem die Notwendigkeit, Lebenskompetenzen zu vermitteln, um Schülerinnen und Schüler besser auf das Erwachsensein und die Arbeitswelt vorzubereiten.
Klaus Hurrelmann fasst es treffend zusammen: „Die Mehrheit der deutschen Schulleiterinnen und Schulleiter sind Reformer. Sie leugnen nicht, dass es in deutschen Schulen immer noch verkrustete Strukturen gibt, die tief im Alltag verankert sind. Aber genau diese wollen sie überwinden.“
Dasselbe – Reformen nämlich – fordern übrigens auch 1000 befragte Eltern im Rahmen einer Forsa-Studie:
Vier von fünf Elternteilen finden, dass Schulen nicht ausreichend auf die Bedürfnisse einzelner Kinder eingehen. Fast die Hälfte der Eltern sagt, ihre Kinder hätten Probleme in der Schule. [2]https://www.studienkreis.de/unternehmen/presse/pressemitteilungen/pressemitteilungen-2025/mehr-investitionen-in-bildung/
Die letzte Lehrplanreform fand Anfang 2000 mit der Einführung der Bildungsstandards statt. Ziel war es, die Förderung von Kompetenzen in den Mittelpunkt des Unterrichts zu stellen. Tatsache ist aber, auch mit Blick auf die Lernstandserhebungen, dass die Ziele offensichtlich verfehlt wurden. Vermutlich auch, siehe Schulleiterbefragung oben, durch inhaltliche Überfrachtung.
Aus meiner beruflichen Praxis und vor allem in Schlussfolgerungen aus den Erkenntnissen der bisherigen fünf Beiträge drängen sich drei Handlungsstränge auf, die auf der Ebene der Kultusministerien anzusiedeln sind:
- Vernetzung der Fächer
- Kompetenzraster
- Prüfungskultur
Vernetzung der Fächer
Im Rahmen einer externen Evaluation habe ich eine Schule kennengelernt, die den Fächerkanon in Themenschwerpunkte eingebettet hat. Das Land gab den Lehrplan vor, das pädagogische Personal der Schule verständigte sich auf Themenschwerpunkte. Der Schulleiter hatte die Möglichkeit, einen pädagogischen Leiter zu installieren, der u. a. diese Einbettung moderierte. Gerne hätte ich diesen innovativen Ansatz ausführlicher dargestellt. Da die Dokumentation aber im Intranet abgelegt ist, zeige ich an einem Beispiel (wieder Mathematik Jahrgangsstufe 7, vgl. Teil 4) mit Hilfe der Generativen KI, wie eine Schule möglicherweise vorgehen kann.
Prompt
Hier will ich den Ministerien nahelegen, ihre Curricula zu überarbeiten, darüber nachzudenken, wie der Fächerkanon besser vermittelt werden kann: Mit Themenvernetzungen. Ich will das an einem Beispiel konkretisieren. Du kennst bereits den Fächerkanon Mathematik, Jahrgang 7. Hier zur Erinnerung das Bild. Eine Schule arbeitet mit folgenden Themen. Wie sieht ein Curriculum aus, dass die Mathematikinhalte Jg. 7 mit den Themen der Oberschule Berenbostel verknüpft?
Antwort (1)
Vielen Dank für die zusätzlichen Bilder. Ich kann dir helfen, die Mathematikinhalte aus dem Jahrgang 7 mit den Themenfeldern der Oberschule Berenbostel zu verknüpfen. Hier ein Vorschlag für ein integratives Curriculum:
M7.1: Terme mit Variablen
- Verknüpfung mit “Die Welt, wie sie mir gefällt” (Technik & Zukunft, Jg. 7):
- Mathematische Inhalte: Aufbau und Interpretation von Termen als Grundlage zur Modellierung von Entscheidungsprozessen (z. B. Optimierung von Ressourcen).
- Projekte: Schülerinnen und Schüler entwickeln ein einfaches Modell, um CO₂-Emissionen bei unterschiedlichen Konsumentscheidungen zu berechnen.
- Technologieeinsatz: Tabellenkalkulationsprogramme (z. B. Excel), um Ergebnisse grafisch darzustellen und Simulationen durchzuführen.
M7.2: Geometrische Figuren: Symmetrie und Winkel
- Verknüpfung mit “Mensch” (Natur & Raum, Jg. 7):
- Mathematische Inhalte: Achsen- und Punktsymmetrie als Grundlage für das Design natürlicher Formen (z. B. Blüten, Kristalle).
- Projekte: Schülerinnen und Schüler erforschen Symmetrie in der Natur und konstruieren geometrische Modelle (z. B. Schneeflocken).
- Technologieeinsatz: Geometrie-Software wie GeoGebra für Konstruktionen und Simulationen.
M7.3: Lineare Gleichungen und Vertiefung der Prozentrechnung
- Verknüpfung mit “Vielfältiges Deutschland” (Mensch & Gesellschaft, Jg. 7):
- Mathematische Inhalte: Anwendung von Prozentrechnung auf demografische Daten (z. B. Migration, Einkommensverteilung).
- Projekte: Schülerinnen und Schüler analysieren statistische Daten über die Bevölkerungsentwicklung in Deutschland und visualisieren Trends.
- Technologieeinsatz: Statistiktools wie Desmos oder Google Sheets.
M7.4: Kenngrößen von Daten
- Verknüpfung mit “Streben nach Freiheit” (Zeit & Geschichte, Jg. 7):
- Mathematische Inhalte: Mittelwert, Median und Modus zur Analyse historischer Daten (z. B. zur Entwicklung von Freiheitsrechten).
- Projekte: Schülerinnen und Schüler analysieren historische Wahlbeteiligungen und diskutieren deren Bedeutung.
- Technologieeinsatz: Statistik-Software (z. B. SPSS oder Excel) zur Auswertung der Daten.
M7.5: Kongruenz, besondere Dreiecke und Dreieckskonstruktionen
- Verknüpfung mit “Erde in Bewegung” (Mensch & Gesellschaft, Jg. 7):
- Mathematische Inhalte: Anwendung von Dreieckskonstruktionen in der Geografie (z. B. Triangulation zur Vermessung von Landschaften).
- Projekte: Schülerinnen und Schüler entwickeln Modelle zur Berechnung von Entfernungen in Kartenprojektionen.
- Technologieeinsatz: GeoGebra für Konstruktionen und Simulationen.
Kannst du bitte für die Verknüpfung “M7.4: Kenngrößen von Daten” mit dem bereits diskutierten 16 Stunden Zeitfenster weiterführende Aufgaben und Evaluationsansätze entwickeln?
Antwort (2)
Natürlich! Hier ein detaillierter Plan für die Verknüpfung des Themas “M7.4: Kenngrößen von Daten” mit dem 16-Stunden-Zeitfenster, angepasst an das Thema “Streben nach Freiheit” (Zeit & Geschichte, Jg. 7):
Lernziele
- Fachkompetenz:
- Berechnung und Interpretation von Mittelwert, Median, Modus und Spannweite.
- Vergleich von Datensätzen anhand von Kenngrößen.
- Darstellung von Daten in Diagrammen und Tabellen.
- Historische Kompetenz:
- Analyse historischer Wahlbeteiligungen und sozialer Entwicklungen.
- Reflexion über die Bedeutung von Daten für gesellschaftliche Veränderungsprozesse.
- Medienkompetenz:
- Nutzung digitaler Werkzeuge zur Datenanalyse und -visualisierung.
Unterrichtsstruktur und Aufgaben
1. Einführung in Kenngrößen (4 Std.)
- Thema: Grundlagen der Kenngrößen (Mittelwert, Median, Modus, Spannweite).
- Methodik:
- Lehrerinput mit Beispielen aus historischen Daten (z. B. Wahlbeteiligung in verschiedenen Epochen).
- Übungsaufgaben: Berechnung der Kenngrößen an kleinen Datensätzen, z. B. Wahlbeteiligungen in unterschiedlichen Ländern.
- Aufgabe:
- Vergleiche die Wahlbeteiligung bei zwei fiktiven Wahlen. Berechne und interpretiere die Kenngrößen.
- Evaluation (formativ):
- Kurze Selbstkontrolle: Schülerinnen und Schüler vergleichen ihre Ergebnisse mit Musterlösungen.
2. Datenanalyse mit historischen Kontexten (4 Std.)
- Thema: Analyse historischer Wahlbeteiligungen in Verbindung mit gesellschaftlichen Entwicklungen.
- Methodik:
- Arbeitsauftrag: Sammle reale Daten über Wahlbeteiligungen (z. B. erste Wahlen in einer Demokratie, Wahlbeteiligungen in Deutschland seit 1949).
- Gruppenarbeit: Erstellung eines Vergleichs der Kenngrößen über die Jahrzehnte.
- Aufgabe:
- Analysiere, wie sich Wahlbeteiligungen im Laufe der Zeit verändert haben. Identifiziere mögliche Gründe (z. B. historische Ereignisse, Einführung von Frauenwahlrecht).
- Evaluation (formativ):
- Gruppenpräsentation: Jede Gruppe präsentiert ihre Ergebnisse. Feedback durch Mitschülerinnen und Mitschüler.
3. Daten visualisieren und interpretieren (4 Std.)
- Thema: Visualisierung von Daten in Diagrammen und Tabellen.
- Methodik:
- Einführung in die Nutzung von Software (z. B. Excel, GeoGebra).
- Erstellung von Diagrammen für reale Wahlbeteiligungsdaten.
- Diskussion der Unterschiede in der Aussagekraft verschiedener Diagrammtypen.
- Aufgabe:
- Stelle Wahlbeteiligungen über Jahrzehnte in einem Liniendiagramm und einem Balkendiagramm dar. Interpretiere die Unterschiede.
- Evaluation (formativ):
- Peer-Feedback zu den Diagrammen (z. B. Verständlichkeit, Gestaltung).
4. Projektarbeit und Reflexion (4 Std.)
- Thema: Bedeutung von Daten für gesellschaftliche Veränderungen.
- Methodik:
- Abschlussprojekt: “Wie beeinflusst Wahlbeteiligung eine Demokratie?”
- Schülerteams erstellen ein Poster oder eine digitale Präsentation, die historische Daten analysiert, Kenngrößen berechnet und gesellschaftliche Entwicklungen darstellt.
- Aufgabe:
- Wähle zwei Zeiträume (z. B. Nachkriegszeit und Gegenwart) und analysiere die Wahlbeteiligung. Diskutiere die Gründe für Veränderungen und stelle eine Hypothese für die Zukunft auf.
- Evaluation (summativ):
- Bewertung der Projektpräsentation anhand eines Rasters (z. B. Datenanalyse, Kreativität, Bezug zur Fragestellung).
Evaluationsansätze
Formative Evaluation (während der Stunden):
- Kurze Reflexionsfragen nach jeder Einheit:
- “Was hat dir beim Berechnen der Kenngrößen geholfen?”
- “Welche Unterschiede siehst du zwischen den Diagrammtypen?”
- Lernstationen:
- Selbstkontrollaufgaben mit Musterlösungen an Stationen.
- Feedback-Gespräche:
- Lehrkraft gibt individuelles Feedback zu den Zwischenergebnissen der Gruppenarbeit.
Summative Evaluation (am Ende):
- Projektpräsentation:
- Bewertung der Inhalte, Datenvisualisierung und Argumentation.
- Kurzes Quiz:
- Aufgaben zur Berechnung von Kenngrößen und Interpretation von Diagrammen.
- Selbstreflexion:
- Fragebogen: “Welche Kenngröße hilft dir am meisten, Daten zu verstehen?”
Dieser Ansatz verbindet Mathematik und Gesellschaftswissenschaften sinnvoll, fördert die Kompetenzentwicklung und ermöglicht eine praxisnahe Anwendung der Inhalte. Soll ich dir bei der Erstellung von konkreten Materialien (z. B. Arbeitsblätter oder Bewertungsraster) helfen?
Ergänzende Materialien, wie angeboten ...
Hier sind erste Vorschläge für konkrete Materialien, die du für die geplanten Stunden nutzen kannst. Ich stelle dir ein Arbeitsblatt, ein Bewertungsraster und eine kurze Reflexionseinheit bereit.
1. Arbeitsblatt: Kenngrößen von Daten
Titel: Kenngrößen von Daten im historischen Kontext
Aufgabe 1: Berechnung der Kenngrößen
Hier sind die Wahlbeteiligungsdaten der Bundestagswahlen in Deutschland (fiktive Daten):
Jahr | Wahlbeteiligung (%) |
---|---|
1953 | 86 |
1969 | 81 |
1987 | 84 |
1998 | 82 |
2009 | 70 |
2021 | 76 |
- Berechne die folgenden Kenngrößen:
- Mittelwert
- Median
- Modus
- Spannweite
- Was kannst du aus den Kenngrößen über die Wahlbeteiligung in Deutschland schließen?
Aufgabe 2: Daten vergleichen
Hier sind die Wahlbeteiligungsdaten einer anderen fiktiven Demokratie:
Jahr | Wahlbeteiligung (%) |
---|---|
1960 | 75 |
1975 | 80 |
1990 | 72 |
2005 | 70 |
2020 | 68 |
- Berechne die Kenngrößen für diesen Datensatz.
- Vergleiche die Ergebnisse mit denen aus Aufgabe 1. In welchem Land war die Wahlbeteiligung konstanter? Begründe.
Aufgabe 3: Visualisierung von Daten
- Stelle die Wahlbeteiligung der Bundestagswahlen in einem Liniendiagramm dar.
- Welche Vorteile hat ein Liniendiagramm gegenüber einer Tabelle?
2. Bewertungsraster: Projektpräsentation
Kriterien für die Bewertung (max. 20 Punkte)
Kriterium | Beschreibung | Punkte |
---|---|---|
Datenanalyse (5 Pkt.) | Kenngrößen korrekt berechnet und interpretiert. | 0-5 |
Visualisierung (5 Pkt.) | Daten grafisch ansprechend und korrekt dargestellt (z. B. Diagramme). | 0-5 |
Argumentation (5 Pkt.) | Gründe für Wahlbeteiligungsveränderungen fundiert und logisch hergeleitet. | 0-5 |
Kreativität (3 Pkt.) | Präsentation ansprechend gestaltet, z. B. mit Bildern oder Zusatzmaterial. | 0-3 |
Bezug zur Fragestellung (2 Pkt.) | Thema “Streben nach Freiheit” klar integriert und Bezug erklärt. | 0-2 |
3. Reflexionseinheit
Titel: Was sagen uns Daten über die Gesellschaft?
- Denkfrage:
“Warum ist die Wahlbeteiligung ein wichtiger Indikator für eine funktionierende Demokratie?” - Selbstreflexion (schriftlich):
- Welche Kenngröße war für dich am leichtesten zu berechnen?
- Wie haben dir Diagramme geholfen, die Daten besser zu verstehen?
- Diskussion (im Plenum):
- Warum könnten Wahlbeteiligungen zwischen Ländern unterschiedlich sein?
- Welche Rolle spielen gesellschaftliche Veränderungen für diese Unterschiede?
Nun wurden mir auch noch „Wenn du möchtest, kann ich die Aufgaben als PDF erstellen oder weitere Details ausarbeiten. Soll ich mit einem speziellen Material starten?“ angeboten, da habe ich dann einmal abgebrochen…
Auf das Thema Resilienz gehe ich im Rahmen meiner Überlegungen zum Mesosystem noch näher ein. Soviel jetzt schon. Der Dialog mit ChatGPT hat mich nicht viel Zeit gekostet. Sicherlich braucht es Wissen (sic!), um den Dialog ergebnisorientiert zu steuern (z.B. Arbeitsmaterialien, Unterlagen für den Stationsbetrieb, u.v.m.). Jede Schule, jede Lehrkraft kann dies (fach-)individuell und mit Blick auf die Lerngruppe gestalten. In der oben vorgestellten Schule war der Prozess mangels digitaler Tools deutlich aufwändiger. Mit einer Expertise in der Nutzung von KI-Systemen kann nun eine deutlich verbesserte Vernetzung von Wissen und Kompetenzen stattfinden. Apropos:
Kompetenzraster
Eine weitere Schule, die mit dem Deutschen Schulpreis ausgezeichnet wurde, zeichnete sich u.a. dadurch aus, dass sie für jedes Fach ein Kompetenzraster erstellt hat, vergleichbar mit diesem Schaubild [3]https://www.iqesonline.net/unterrichten/werkzeuge-kompetenzorientierter-unterricht/kompetenzraster-und-checklisten-rubrics/. Da weder das Bundesland noch andere Schulen sich bisher auf den Weg gemacht hatten, solche Raster zu erstellen, entschloss sich die Schulleitung mit der beauftragten Steuergruppe, dies in eigener Verantwortung zu tun. Eine große Herausforderung, wie sich herausstellte. Aber es hat sich gelohnt: In Schüler-Eltern-Gesprächen wurden die jeweiligen Entwicklungen Jahr für Jahr erläutert. Rückmeldungen aus der Schulgemeinschaft und externe Evaluationen bestätigten den Erfolg dieses Ansatzes.
Die gleiche Erfahrung machte ich Jahre später in einer von mir unterstützten Grundschule. Auch dort sehr positive Rückmeldungen. Und doch gibt es einen Haken an diesen Erfolgsgeschichten: In beiden Schulen wurde für die letzten beiden Jahrgängen die Notengebung gefordert, von den Schulbehörden („wegen der Übergänge auf die nächsten Bildungsstufen“). Die für Schülerinnen, Schüler und Eltern relevanteren Informationen über den Kompetenzstand blieben in beiden Schulen auf der Strecke. Denn den Lehrkräften fehlte die Zeit und die Kraft, beiden Ansätzen gerecht zu werden. So traten innovative Ansätze in den Hintergrund und blieben in der Folge ein eher individuelles Vorgehen der Lehrkräfte.
Wenn die Kultusministerien die in den Bildungsstandards beschriebene Form der Kompetenzförderung ernst nehmen, dann mit der Beschreibung der entsprechenden Niveaustufen A1, A2, B1, B2, …, unter Anlehnung an die Lernzieltaxonomie von Anderson & Krathwohl und mit der regulativen Inkraftsetzung per Verordnung. Um nicht missverstanden zu werden: Ohne Wissen geht es nicht! So sieht es auch Hattie in einem aktuellen Interview[4]https://deutsches-schulportal.de/bildungsforschung/john-hattie-weniger-lehrplan-mehr-leidenschaft/ so, wenn er auf die gelegentlich zu hörende Bemerkung antwortet, in Zeiten von Google und Co. sei Faktenwissen gar nicht mehr nötig:
Nein, dem stimme ich nicht zu! Ohne Fachwissen kann man keine Probleme lösen. Wissen und Kompetenzen sind keine Gegensätze. Es ist kein Entweder-oder. Ich habe vor ein paar Wochen mit neun Koautoren ein Buch veröffentlicht – übrigens zum kostenlosen Download –, in dem wir argumentieren, dass es eine Balance von Wissen und Kompetenzen braucht. Wenn man sich die meisten Lehrpläne auf der Welt anschaut, dann sprechen sie alle von Kompetenzen oder Problemlösung. Aber was wird tatsächlich unterrichtet, was wird bewertet?
Mit Überlegungen, wie sich gleichzeitig die Prüfungskultur verändern muss. Denn: Die KMK will sich laut eigenen Aussagen an evidenzbasierten Aussagen orientieren. Eine gute Gelegenheit, die Notengebung auf den Prüfstand zu stellen, wie der nächste Abschnitt zeigen wird.
Prüfungskultur
Die Diskussion über die Notengebung in Schulen ist ein heißes Thema. Viele Bildungsexpertinnen und -experten argumentieren, dass traditionelle Noten nicht immer die tatsächlichen Fähigkeiten und das Wissen der Schüler*innen widerspiegeln. Diese Argumente stehen sich gegenüber: [5]https://www-user.tu-chemnitz.de/~nean/Onlineartikel/Probleme%20der%20Schulerbeurteilung.pdf
Pro Notengebung:
- Klare Bewertung: Noten bieten eine klare und einfache Möglichkeit, die Leistung der Schüler*innen zu bewerten.
- Motivation: Für einige Schüler*innen können Noten eine Motivation sein, sich mehr anzustrengen.
- Vergleichbarkeit: Noten ermöglichen es, die Leistungen von Schüler*innen miteinander zu vergleichen.
Contra Notengebung:
- Stress und Druck: Noten können bei Schüler*innen Stress und Leistungsdruck erzeugen.
- Ungenauigkeit: Noten spiegeln oft nur einen kleinen Teil der Fähigkeiten und des Wissens der Schüler*innen wider.
- Fehlende Differenzierung: Noten berücksichtigen nicht immer die individuellen Lernfortschritte und -bedürfnisse der Schüler*innen.
Einige Bildungssysteme und Schulen experimentieren daher mit alternativen Bewertungsmethoden, wie zum Beispiel kompetenzorientierten Bewertungsrastern (s.o.), die eine ganzheitlichere Bewertung der Schülerleistungen ermöglichen.
Ich verweise immer wieder auf wissenschaftliche Studien. So auch in diesem Zusammenhang. Sie verdeutlichen, dass Noten oft nicht vergleichbar sind, da sie von Lehrkräften unterschiedlich operationalisiert und subjektiv ausgelegt werden. Hier sind einige wichtige Erkenntnisse:
- Vergleichbarkeit von Schulnoten: Eine Studie zeigt, dass Schulnoten nicht immer die tatsächlichen Kompetenzen der Schüler*innen widerspiegeln. Unterschiede in der Notengebung können sowohl innerhalb von Schulen als auch zwischen verschiedenen Schulen und Bundesländern auftreten. Dies deutet darauf hin, dass die Vergleichbarkeit von Schulnoten eingeschränkt ist. [6]https://link.springer.com/article/10.1007/s11618-024-01216-9
- Einfluss von Vorurteilen: Eine andere Studie belegt, dass die Notenvergabe durch Lehrkräfte von Stereotypen beeinflusst wird. Faktoren wie Geschlecht, soziale und ethnische Herkunft sowie Körpergewicht können die Notenvergabe verzerren. Zum Beispiel wurden Schülerinnen in Fächern wie Deutsch, Mathematik und Biologie tendenziell besser bewertet, während Schüler in Physik bessere Noten erhielten.[7]https://www.lehrer-news.de/blog-posts/studie-belegt-notenvergabe-wird-durch-stereotype-verzerrt
- Probleme der Schülerbeurteilung: Historische und aktuelle Forschungsergebnisse zeigen, dass die Notengebung oft durch subjektive Faktoren beeinflusst wird und nicht immer objektiv ist. Dies kann zu Ungerechtigkeiten und einer verzerrten Bewertung der tatsächlichen Leistungen führen. [8]https://www-user.tu-chemnitz.de/~nean/Onlineartikel/Probleme%20der%20Schulerbeurteilung.pdf
Diese Studien unterstreichen die Notwendigkeit, alternative Bewertungsmethoden zu entwickeln, die eine objektivere und gerechtere Beurteilung der Schülerleistungen ermöglichen. Das sehen sowohl Eltern wie auch Schülerinnen und Schüler so:
@Eltern:
Laut einer Umfrage unter Eltern schulpflichtiger Kinder, haben lediglich 20 Prozent der Eltern Vertrauen in das aktuelle Bewertungssystem von Schule und sind der Meinung, dass Schulnoten Leistung gerecht abbilden und deshalb beibehalten werden sollten. (Dagegen stehen) drei Viertel der Eltern dem Bewertungssystem hingegen kritisch gegenüber. Bemerkenswert ist, dass knapp die Hälfte (45%) ein neues Bewertungssystem in Schule fordert.[9]https://koerber-stiftung.de/site/assets/files/32938/230721-korber-stiftung_eltern_im_fokus-web.pdf , S. 9
@Schülerinnen und Schüler:
- news4teachers: Hausaufgaben, Noten, Leistungsdruck – “Es ist zu viel für mich”: Wie Schülerinnen und Schüler die Schule erleben
Handlungsempfehlungen für die Politik zu erarbeiten, um die deutsche Bildung zu verbessern – das ist das Ziel des Bürgerrats Bildung und Lernen der Montag Stiftung Denkwerkstatt. Dem Gremium gehören rund 700 per Zufall ausgeloste Personen aus ganz Deutschland an. Eine weitere Besonderheiten: Auch Kinder und Jugendliche kommen zu Wort. So diskutierten im Vorfeld der jüngsten Bürgerratssitzung in Leipzig Schülerinnen und Schüler über ihre Sicht auf Schule.
- Daraus entstand ein Podcast.[10]https://www.podcast.de/episode/666290436/hoert-uns-zu-wie-kinder-und-jugendliche-schule-erleben
- Schüler*innen kritisierten das Notensystem als zu ungerecht und subjektiv, da es oft nicht die tatsächlichen Fähigkeiten und das Verständnis der Schüler*innen widerspiegelt.
- Die Diskussion betonte den Stress, der durch Noten und Leistungsdruck entsteht und die psychische Belastung der Schüler*innen.
- Viele Teilnehmer*innen sprachen sich für eine Abschaffung der Noten oder zumindest für eine Ergänzung durch ausführliche, individuelle Berichte aus.
Fazit Schulpolitik 5.0
Der Artikel “Schule 5.0: Die Zukunft von Schule erfinden”[11]https://ostmeier-66567.medium.com/schule-5-0-die-zukunft-von-schule-erfinden-73cd6eb9b87 skizziert zentrale Grundsätze für die Weiterentwicklung des Bildungssystems. In Schule 5.0 sollen Schüler/-innen zukunftsrelevante Inhalte und Kompetenzen erfolgreich erlernen, mit flexiblen Prüfungsversuchen und individualisierten Lehrplänen. Die Betonung liegt auf persönlicher Wertschätzung, stereotyp-freien Lehrmaterialen, Förderung von Team- und Einzelarbeit, sowie eigenständigem Denken. Anwendungsorientierte Projektarbeit und das Abschaffen von Fächersilos stehen im Fokus für die Ausbildung von 4K-Skills (kritisches Denken, Kommunikation, Zusammenarbeit, Kreativität). Schule 5.0 strebt danach, Neugierde, spielenden Ehrgeiz und eine positive Einstellung zu geistiger und körperlicher Anstrengung zu wecken, um Schüler/-innen mit Motivation zu lebenslangem Lernen und einer gesunden Lebensweise auszustatten.
Die These 6 betont, dass Schule 5.0 auch eine Weiterentwicklung der Schulleitung und Schulpolitik erfordert. Eine effektive Führung sollte auf die Expertise aus empirischer Bildungsforschung und praxisnahen Stakeholdern zurückgreifen, um regelmäßige Evaluationen und Neuausrichtungen von Schulcurricula sicherzustellen. Schulpolitik 5.0 wird aufgefordert, Experimentierräume zu schaffen, die eine Anpassung an sich wandelnde Lebens- und Arbeitswelten ermöglichen, einschließlich Datenschutzkonzepten und finanziellen Mitteln für Bildungstechnologien. Fortbildungen, Workshops und Dienstreisen für Lehrkräfte und Schulleiter/-innen sollen ebenfalls gefördert werden.
Abschließend wird betont, dass innovative Schul- und Lernkonzepte zusammen mit Bildungstechnologien die Lösung für langjährige Herausforderungen im Bildungsbereich bieten können. Schulpolitik 5.0 sollte eine führende Rolle bei der Entwicklung der Schule der Zukunft einnehmen, indem sie einen multilateralen Wissensaustausch unterstützt, Experimentierräume schafft und Anreize sowie finanzielle Mittel für die Zukunftsausrichtung von Schulen bereitstellt. Offenheit für Neues, Veränderungsbereitschaft und ein konstruktiver Austausch unter allen Beteiligten sind entscheidend für den Erfolg von Schule 5.0.
Mesosystem: Resilienz durch Zusammenarbeit
Die heutigen gesellschaftlichen und technologischen Entwicklungen sind durch tiefgreifende Veränderungen gekennzeichnet. Das Akronym VUCA (Volatility, Uncertainty, Complexity, Ambiguity) beschreibt eine Welt, in der Unsicherheiten zunehmen, langfristige Planungen herausfordernder werden und Organisationen flexibler auf neue Gegebenheiten reagieren müssen. Schulen stehen in diesem dynamischen Umfeld vor der Aufgabe, Stabilität zu gewährleisten und gleichzeitig Wandel aktiv zu gestalten.
Ein systematischer Weg, um diesen Herausforderungen zu begegnen, ist die Leitbildarbeit. Sie bietet die Möglichkeit, die Identität einer Schule zu schärfen, gemeinsame Werte zu definieren und damit eine resiliente Basis für strategische Entscheidungen zu schaffen. Ein zentraler Schritt auf dem Weg zu einem belastbaren Leitbild ist eine strukturierte Bestandsaufnahme. Eine schulinterne Evaluation, die Lehrkräfte, Schülerinnen und Schüler sowie Eltern einbezieht, kann ein realistisches Bild der aktuellen „Befindlichkeiten“ zeichnen. Die daraus gewonnenen Erkenntnisse ermöglichen eine differenzierte Einordnung in kurzfristige und langfristige Handlungsfelder:
- Sofort umsetzbare Maßnahmen
- Verbesserung von Kommunikationswegen zwischen Lehrkräften und Schüler:innen
- Transparente Information über laufende Schulentwicklungsprozesse
- Einrichtung eines Feedback-Systems zur schnellen Rückmeldung aus der Schulgemeinschaft
- Optimierung von Stundenplanstrukturen zur Schaffung von Teamzeit für Lehrkräfte
- Langfristige Entwicklungsprozesse
- Entwicklung und Implementierung eines schulischen Leitbilds
- Stärkung der digitalen Schulentwicklung und nachhaltige Integration von Technologien
- Aufbau einer datenbasierten Schulentwicklungsstrategie
- Verankerung von Teamarbeit als strukturelles Prinzip der Schulorganisation
In meiner Einführung habe ich das Konzept der >Data Team Intervention< vorgestellt. Dabei handelt es sich um einen strukturierten Prozess, in dem ein Team aus Lehrkräften, Schulleitung und ggf. weiteren Beteiligten gezielt daran arbeitet, schulische Herausforderungen mit Hilfe von Daten zu analysieren und zu lösen. Der Ansatz verbindet die systematische Nutzung von Daten mit der professionellen Weiterentwicklung der beteiligten Lehrkräfte. Die Aussagen von Prof.’in Schildkamp wurden kürzlich in einem Interview mit Prof. Selter bestätigt: [12]https://www.campus-schulmanagement.de/magazin/rechnen-im-team-gemeinsam-mathematiklernen-muss-staerker-betont-werden-christoph-selter
Ein vielfach empirisch belegter Schlüssel zum Erfolg liegt in der Arbeit in Schulnetzwerken: Drei bis fünf Lehrkräfte einer Schule – das sogenannte Schulteam – treffen sich regelmäßig mit Kolleginnen und Kollegen anderer Schulen, um voneinander zu lernen und sich gegenseitig zu inspirieren. Diese Netzwerke brechen das “Einzelkämpfertum” auf, das in Deutschland leider immer noch vorherrscht.
Die Edublogparade Januar 2025 hat mich darüber nachdenken lassen, wie man solche Kooperationsprozesse zeitlich in den Griff bekommt. Ich selbst habe einmal einen kompletten 5. Jahrgang (bestehend aus vier Klassen) in einem Schulentwicklungsprozess begleitet: [13]Drabe, M. (2022): Das Fortbildungskonzept zur modernen Schule. Schule in der digitalen Welt. Augsburg: Auer.
Die Schule (eine IGS) hat(te) es nicht leicht, denn die Eltern der Stadt wünschen sich vor allem eine Einschulung ins Gymnasium. Diese weiterführende Schule musste sich also etwas einfallen lassen, um Akzeptanz sowohl bei den Schüler*innen als auch bei den Eltern zu finden. Das Kollegium versteht sich als Teamschule. In der Gesamtkonferenz wurde dann ein Pilot beschlossen, der vor allem dazu dienen sollte, den Kindern einen willkommenen Einstieg zu ermöglichen. Gleichzeitig sollte sehr früh damit begonnen werden, die Selbstständigkeit der Lernenden zu fördern. Die Gesamtkonferenz beschloss einen Projektunterricht, dessen Themen sich an den Fachcurricula der Fächer Gesellschaftslehre (GL), Naturwissenschaften (NaWi) und ästhetische Bildung orientieren sollten. Die Lehrkräfte der weiteren Fächer (hier Deutsch und Mathematik) wurden in Abhängigkeit der zu vermittelnden Methoden geeignet eingebunden.
Durch das „Zusammenlegen“ der drei Fächer sind dann tatsächlich die Stunden für die Teamarbeit entstanden. Sicher waren anfangs einige Nachmittagskonferenzen nötig, um alles vorzubereiten. Denn Ziel war es ja, die Schülerinnen und Schüler in ihre Selbstverantwortung zu entlassen. Später jedoch wurde zunehmend diese Unterrichtszeit genutzt, um sich intern abzustimmen und weiterzuentwickeln. Mit dem nützlichen Nebeneffekt, dass das am Projekt beteiligte Team die Zeitressource bekam, über die sie gemeinsam über guten Unterricht nachdenken konnte und zu Verständigungen kamen, das eine oder andere auszuprobieren.
Diese Erfahrungen führten dann zur Einführung der
20%-Regel
an einer anderen Schule. Mit den Kolleg*innen der Hauptfächer (Deutsch, Mathematik, Fremdsprache) habe ich die Einführung einer 20%-Regel vereinbart. Verbunden mit der Einführung einer Art Frei-Day: Die Schüler*innen suchen sich ein Thema ihrer Wahl aus, an dem sie in den nächsten (z.B.) drei Monaten arbeiten wollen. Entweder allein oder mit anderen Schüler*innen. Die Unterrichtszeit wird über den Stundenplan der beteiligten Lehrkräfte gefunden.
Konkret:
Zwei Kolleg*innen mit je vier Unterrichtsstunden/Woche „verbünden“ sich. In der Regel wird der Unterricht in den Hauptfächern in Doppelstunden organisiert (falls noch nicht geschehen, ist dies eine gute Gelegenheit, dies zu tun). Der Stundenplaner wird gebeten, die Doppelstunden an einem Wochentag hintereinander zu legen. Das ergibt vier Stunden für den „freien Tag“. Alle 14 Tage haben die Schülerinnen und Schüler nun die Möglichkeit, sich mit ihrem gewählten Thema zu beschäftigen. Zu Beginn wird ähnlich wie bei SCRUM die bisherige Arbeit bilanziert und der Vormittag strukturiert. Nun können die Lernenden in die Selbstständigkeit entlassen werden und die beteiligten Lehrerinnen und Lehrer ziehen sich für eigene pädagogische Fragestellungen zurück. Ja, genau: Hier kommt sie, die Zeitscheibe für die Reflexion des eigenen Tuns in Zusammenarbeit mit einem Kollegen. Am Ende des gemeinsamen Vormittags werden die Schüler*innen wieder zusammengezogen und mit ihnen der Tag bilanziert. Verbunden mit einer Verständigung darüber, was sich die Schüler*innen für die nächsten 14 Tage vornehmen. Wie übrigens auch die beiden Lehrkräfte: Auch sie haben sich vorher auf eine (Haus-)Aufgabe geeinigt …
Weitere Ideen/ Konzepte sind:[14]https://www.schule50.de/fortbildung/
- Projektzeiten: Regelmäßige, jahrgangsübergreifende oder fächerübergreifende Projektphasen einführen, in denen die Lehrkräfte mehr Freiraum für Abstimmung haben.
- Selbstorganisierte Lernzeiten (SOL): Schüler bearbeiten in festgelegten Stunden eigenständig Aufgaben, während Lehrkräfte für Teamarbeit Zeit haben.
- Blockunterricht: Doppelstunden oder längere Unterrichtsblöcke ermöglichen eine effizientere Nutzung der Unterrichtszeit und lassen Zeitfenster für Lehrkräfte entstehen.
- Asynchrone Lehrphasen: Schüler arbeiten teilweise mit digitalen Lernplattformen, während Lehrkräfte zeitgleich Teamsitzungen abhalten.
- Team-Teaching: Zwei Lehrkräfte betreuen gemeinsam eine Klasse, sodass abwechselnd eine von beiden für Teamarbeit freigestellt werden kann.
- Flexible Stundenpläne: Schulen können flexible Stundenpläne einführen, die es ermöglichen, bestimmte Stunden für Teamarbeit und Fortbildungen zu reservieren. Zum Beispiel könnten bestimmte Nachmittage oder Freitage für diese Zwecke genutzt werden.
- Rotierende Unterrichtsphasen: Innerhalb eines Jahrgangsteams werden einzelne Stunden von einer Lehrkraft für alle übernommen, um anderen Zeit für Planung zu geben.
Diese Maßnahmen sind oft kombinierbar und können flexibel an die schulischen Rahmenbedingungen angepasst werden.
Fazit Reslienz 5.0
Eine nachhaltige Schulentwicklung gelingt nicht durch Einzelmaßnahmen oder isolierte Entscheidungen, sondern durch eine enge Zusammenarbeit innerhalb des Kollegiums. Teamarbeit muss gezielt gefördert und in den Schulalltag integriert werden, um langfristig Wirksamkeit zu entfalten. Neben strukturellen Anpassungen ist eine Kultur der gemeinsamen Verantwortung entscheidend.
In einer Welt, die durch VUCA geprägt ist, bietet eine durchdachte Leitbildentwicklung die Chance, Schulen zukunftsfähig aufzustellen. Der ökosystemische Ansatz unterstützt dabei, die vielfältigen Wechselwirkungen innerhalb der Schulgemeinschaft zu erkennen und zielführend zu gestalten. Durch eine systematische Bestandsaufnahme, die Unterscheidung zwischen kurzfristigen und langfristigen Maßnahmen sowie eine konsequente Zusammenarbeit im Team können Schulen den Herausforderungen der Gegenwart souverän begegnen.
Exosystem: Kooperation
Neben den direkten schulischen Akteuren beeinflussen auch außerschulische Institutionen die Schulentwicklung maßgeblich. Das Exosystem beschreibt die organisatorischen und institutionellen Rahmenbedingungen, die indirekt auf die Schule wirken. Diese Strukturen müssen bei der strategischen Schulentwicklung berücksichtigt und gezielt eingebunden werden:
- Schulträger: Kooperation bei Neubauten, Renovierungen und der Modernisierung von Lernräumen, Bereitstellung finanzieller Mittel und infrastruktureller Unterstützung
- Schulaufsicht: Bereitstellung von Beratung, Coaching und Vernetzung mit anderen Schulen zur gezielten Weiterentwicklung
- Wirtschaft & Gesellschaft: Zusammenarbeit mit Unternehmen zur Stärkung der Berufsorientierung, Nutzung externer Lernorte und Einbindung außerschulischer Expertise
Im Folgenden finden Sie einige Links, die es wert sind, näher betrachtet zu werden.
Schulträger
Medienzentrum
Das folgende Angebot eines Schulteams aus Hatten könnte möglicherweise ein Modell für ein Medienzentrum sein. Die Arbeitsfelder, die hinter den Personen stehen, sind sicherlich für viele Schulen relevant. Warum also nicht Kooperationsverbünde von Schulen inerhalb Region bilden?
Schulaufsicht
- Schulämter Hessen:
Die Schulentwicklungsberaterinnen und -berater der Hessischen Lehrkräfteakademie unterstützen Schulen bei ihrer Qualitätsentwicklung. Im Mittelpunkt der Beratungstätigkeit stehen dabei die jeweiligen Erfordernisse der einzelnen Schule.
Durch die Zusammenarbeit der Schulentwicklungsberaterinnen und -berater mit der Leitung pädagogische Unterstützung und den Fachberaterinnen und -beratern der Staatlichen Schulämter kann die Schulentwicklungsberatung mit der Unterrichtsentwicklung kombiniert werden. Ziel ist es, eine nachhaltige Schul- und Unterrichtsentwicklung zu befördern.
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- Schulpsychologie: Beratung und Prävention
- Auf Anfrage stehen den hessischen Schulen die Schulpsychologinnen und Schulpsychologen der Staatlichen Schulämter beratend zur Seite. Sie verfügen über genaue Kenntnisse des Systems Schule und unterstützen die pädagogische Arbeit der Schulen auf der Grundlage wissenschaftlicher Erkenntnisse und Methoden der Psychologie.
Dabei spielt sowohl die psychologische Beratung von Schulen, Lehrkräften, Eltern sowie Schülerinnen und Schülern als auch die präventive und systembezogene Beratung eine wichtige Rolle.
Schulpsychologische Beratungen sind freiwillig, kostenfrei und vertraulich. In der Beratung werden die Ratsuchenden darin unterstützt, den jeweils für sie passenden Lösungsweg zu finden und auftretende Probleme in eigener Verantwortung zu bewältigen.
Schulpsychologinnen und Schulpsychologen können von Schulleitungen, Lehrkräften, Eltern, Schülerinnen und Schülern als auch amtsintern angefragt werden. Ratsuchende wenden sich mit ihrer Anfrage an die für ihre Schule zuständigen Schulpsychologinnen und Schulpsychologen.
- Kooperationsverbünde
Mit der Bildung von Kooperationsverbünden der Staatlichen Schulämter werden landesweit folgende Teilziele verfolgt:
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- die Etablierung fachlicher Arbeitsverbünde zur Qualitätsverbesserung, Ressourcenoptimierung und gegebenenfalls zur Aufgabenbündelung in den Leistungsbereichen Unterstützung, Schulaufsicht, Service und Interne Leistungen,
- die Etablierung gemeinsamer Prozesse der Organisationsentwicklung zum Beispiel durch Standardisierung von Geschäftsprozessen,
- die Organisation eines gemeinsamen Lern- oder Qualifizierungsverbunds,
- die Sicherung eines Erfahrungs- und Beratungsaustauschs zwischen den Partnern des Kooperationsverbunds sowie
- die Sicherung eines gemeinsamen Infrastrukturverbunds.
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Wesentliches Ziel der Kooperationsverbünde ist die Verknüpfung von fachlichen Expertisen, die Verzahnung regionaler und amtsübergreifender Perspektiven sowie eine intensivierte Zusammenarbeit auf fachlichen und/oder organisatorischen Ebenen.
Fazit Kooperation 5.0
Die Schulentwicklung ist kein isolierter Prozess innerhalb der Schule, sondern wird maßgeblich durch das Zusammenwirken verschiedener externer Akteure geprägt. Eine erfolgreiche strategische Schulentwicklung erfordert daher eine Verzahnung mit Schulträgern, der Schulaufsicht sowie Partnern aus Wirtschaft und Gesellschaft. Schulträger tragen eine entscheidende Verantwortung für die infrastrukturellen Rahmenbedingungen. Eine zukunftsorientierte Schulentwicklung gelingt nur, wenn bauliche Maßnahmen, digitale Ausstattung und finanzielle Ressourcen im Einklang mit pädagogischen Konzepten geplant und umgesetzt werden. Ein proaktiver Dialog zwischen Schulleitung und Schulträger ist daher essenziell, um innovative Lernräume zu gestalten und schulische Entwicklungsprozesse nachhaltig zu unterstützen. Die Schulaufsicht spielt eine zentrale Rolle als strategischer Begleiter schulischer Innovationsprozesse. Durch gezielte Beratung, Coaching und die Förderung von Vernetzungsstrukturen kann sie Schulen dabei unterstützen, datenbasierte Schulentwicklungsstrategien zu etablieren und innovative Ansätze systematisch weiterzuentwickeln. Die Schaffung von Schulclustern und Lernnetzwerken ermöglicht es Schulen, voneinander zu lernen und gemeinsam an der Qualitätsentwicklung zu arbeiten. Wirtschaft und Gesellschaft wiederum bieten wertvolle Impulse für die Schulentwicklung, insbesondere im Bereich der Berufsorientierung, der Nutzung externer Lernorte und der Förderung praxisnaher Bildungsangebote. Kooperationen mit Unternehmen, Hochschulen und weiteren Akteuren eröffnen Schülerinnen und Schülern reale Einblicke in die Arbeitswelt und ermöglichen eine anwendungsorientierte Erweiterung schulischer Lernprozesse. Eine systematische Einbindung dieser externen Partner trägt dazu bei, Schule stärker mit gesellschaftlichen Entwicklungen zu verzahnen und zukunftsrelevante Kompetenzen gezielt zu fördern.
Mikrosystem: Mindset
… aus Sicht der Schülerinnen und Schüler …
… aus Sicht der Bildungsforschung …
In der heutigen Bildungslandschaft spielt das Mindset von Lehrkräften und Schulleitungen eine zentrale Rolle. Gemäß Bronfenbrenners Konzept des Mikrosystems bildet die unmittelbare, persönliche Wirklichkeit – bestehend aus direkten Interaktionen und Beziehungen – den Grundbaustein für die individuelle Entwicklung von Schülerinnen und Schülern. Im schulischen Kontext bedeutet dies, dass nicht nur der Unterrichtsstoff, sondern vor allem auch das zwischenmenschliche Miteinander, die pädagogischen Haltungen und die Führungskultur maßgeblichen Einfluss auf das Selbst- und Weltbild junger Menschen haben.
Es geht dabei um weit mehr als persönliche Präferenzen; es bestimmt, wie Herausforderungen angegangen werden, wie offen für neue Ideen und Innovationen das pädagogische Umfeld ist und wie Fehler und Misserfolge verarbeitet werden. Eine offene und konstruktive Haltung trägt dazu bei, eine Atmosphäre zu schaffen, in der Schülerinnen und Schüler sich sicher fühlen, Fragen zu stellen und Risiken einzugehen. Dies fördert nicht nur den Lernerfolg, sondern stärkt auch das Selbstvertrauen und die Motivation der Lernenden. Wer Fehler als Lernchancen begreift, kann die Fehlerkultur in der Schule nachhaltig verändern. Dies fördert nicht nur die persönliche Entwicklung, sondern ermutigt auch Schüler, aus ihren Erfahrungen zu lernen, anstatt sich vor Misserfolgen zu fürchten.
Die Einstellung von Schulleitung und Lehrkräften wirkt sich unmittelbar auf die gesamte Schulkultur aus. Ein offene Haltung beinhaltet, dass man bereit ist, konstruktive Kritik anzunehmen und daraus zu lernen. Feedback ist dabei ein wesentliches Instrument, um Selbstreflexion zu fördern, blinde Flecken zu erkennen und kontinuierlich an der persönlichen und beruflichen Weiterentwicklung zu arbeiten. Im schulischen Kontext unterstützen regelmäßige Feedbackprozesse nicht nur die individuelle Entwicklung von Lehrkräften und Schulleitungen, sondern tragen auch zur Schaffung einer Kultur der Offenheit und des Vertrauens bei. Dies ermöglicht es, Herausforderungen frühzeitig zu erkennen, innovative Ideen zu fördern und letztlich eine positive Lern- und Arbeitsatmosphäre zu etablieren.
Fazit Mindset 5.0
Eine Schulleitung, die Offenheit, Empathie und Innovationsgeist vorlebt, motiviert das gesamte Kollegium, ähnliche Werte zu leben und so eine kohärente und unterstützende Gemeinschaft zu bilden. Schulen, in denen Führung und Lehrmethoden durch Studien, Praxiserfahrungen und damit evidenzbasiert geprägt sind, sind langfristig erfolgreicher und krisenfester.
Lehrkräfte ermöglichen, Lerninhalte, -formen und -tempi individuell an Schüler/-innen anzupassen. Vor dem Hintergrund, dass es für Schüler/-innen im 21. Jahrhundert wichtig ist, Kreativität, kritisches Denken, Kommunikation und Kollaboration (die so genannten 4K-Skills) auszubilden, empfiehlt sich der „Deeper Learning“-Ansatz mit den drei Lernphasen
- Schüler/-innen Fachwissen an,
- arbeiten kreativ und problemlösend und
- erbringen eine „authentische Leistung“, beispielsweise eine Präsentation, eine Ausstellung oder eine Aufführung.
Die Haltung hat einen entscheidenden Einfluss darauf, wie die Schule als Ganzes funktioniert und sich entwickelt – und damit auch auf ihre Fähigkeit, die Schülerinnen und Schüler bestmöglich auf die Zukunft vorzubereiten.
Schlussbemerkung
Im Zuge technologischer, politischer und wirtschaftlicher Entwicklungen verändern sich die Anforderungen an berufliche und gesellschaftliche Kompetenzen. Welpe/Ostmeier [15]https://ostmeier-66567.medium.com/schule-5-0-die-zukunft-von-schule-erfinden-73cd6eb9b87 weisen darauf hin, dass das Schulsystem in den letzten 100 Jahren keine grundlegenden Innovationen und Erneuerungen erfahren hat und fordern u.a.
- individualisierte Lernangebote,
- Curricula, die aktuell und zukünftig relevantes Wissen und Kompetenzen vermitteln sowie
- räumliche, zeitliche und strukturelle Flexibilität.
Darüber hinaus muss eine Schule 5.0 digitale Kompetenzen wie Programmieren und Technologiedesign sowie zukunftsrelevante Kompetenzen wie komplexes Problemlösen, innovatives Denken, Kreativität und Originalität, Eigeninitiative und eigenverantwortliches Handeln, aktives Lernen, unternehmerisches Denken, Quellenkritik, Empathie und Kollaboration umfassender und durchgängiger als bisher ausbilden. Schulcurricula müssen regelmäßig auf solche zukunftsorientierten Lerninhalte überprüft und angepasst werden.
Ursprünglich wollte ich mit diesem Beitrag die Serie abschließen. Während des Schreibens sind mir jedoch so viele weitere Gedanken – auch zu meiner persönlichen Einstellung zum (Schul-)Bildungssystem – gekommen, dass ich mich entschlossen habe, auch diese noch zu behandeln. Außerdem hat Hattie in seinem Interview[16]ebda. auf das Buch Developing Curriculum for Deep Thinking hingewiesen, in dem Überlegungen zur Kompetenzorientierung in Verbindung mit einer entsprechenden Wissensvermittlung vorgestellt werden, die gut in mein „Big Picture“ passen. Ich werde die Gedanken zusammenfassend vorstellen, verbunden mit einer Zusammenstellung einiger Literaturhinweise, damit Sie den einen oder anderen Gedanken aus den dann sieben Beiträgen aufgreifen und vertiefen können.
… stay tuned …
Bildnachweis:
Jamillah Knowles & Reset.Tech Australia / © https://au.reset.tech/ / Better Images of AI / Detail from Connected People / CC-BY 4.0
References