Der Beitrag How Google’s “Don’t be evil” motto has evolved for the AI age des Fernsehsenders CBS News befasst sich mit der Zukunft der künstlichen Intelligenz. In dem 30-minütigen Video werden einige der jüngsten Durchbrüche im Bereich der künstlichen Intelligenz vorgestellt. So wird ab 14:45 Uhr das von Google gegründete Unternehmen Deep Mind vorgestellt, das eine Reihe von Anwendungsbereichen für die Umsetzung von KI-Anwendungen identifiziert hat. Dazu gehören
- der Einsatz von Robotern mit Hilfe von maschinellem Lernen,
- die Weiterentwicklung von Videokonferenzen (Projekt Starline), die den Teilnehmer*innen ein Gefühl der Zusammengehörigkeit vermitteln, obwohl sie sich an verschiedenen Orten befinden, und
- die Lösung eines „unmöglichen“ Problems aus der Biologie: KI-Systeme können einige Funktionen des Gehirns wie Gedächtnis, Vorstellungskraft, Planung und Verstärkungslernen nachahmen.
Das (englischsprachige) Dossier/Video enthält ein Interview mit Sundar Pichai, dem CEO von Google, der das Potenzial von KI „sowohl gut als auch schlecht“ einschätzt. Pichai schlägt vor, dass die Gesellschaft sich schnell orientieren und anpassen muss, mit Regeln für KI in der Wirtschaft, mit Gesetzen zur Bestrafung von Missbrauch und mit Verträgen zwischen den Nationen, um KI für die Welt sicher zu machen.
Warum eine Themenplattform „KI in der Schule“?
Die o.g. Interviewaussagen unterstreichen noch einmal, wie wichtig es ist, sich mit dieser Thematik im schulischen Kontext zu befassen. Damit meine ich nicht die aktuellen Diskussionen um mögliche Veränderungen/Anpassungen der Prüfungsmodalitäten. Vielmehr geht es mir um die Auseinandersetzung mit den kaum vorhersehbaren beruflichen Anforderungen und Herausforderungen unserer Schülerinnen und Schüler. DIE ZEIT hat eine Umfrage in Auftrag gegeben, die Aufschluss über die Sorgen der Berufsanfänger*innen gibt:
Dem Bildungsauftrag gerecht werden ...
Digitalisierung und Mediatisierung haben zu entscheidenden Veränderungen in allen Bereichen unserer Lebens- und Arbeitswelt geführt. Diese gehen über einen rein technischen Fortschritt hinaus und führen zu einem weitreichenden kulturellen und gesellschaftlichen Wandel, der sich auf das Lehren und Lernen in der Schule und auf die Bewältigung und Gestaltung von Lebens- und Arbeitsprozessen von Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen auswirkt.
In der Kultur der Digitalität müssen Bildungsprozesse auch solche Herausforderungen in den Blick nehmen, die sich aus ihr selbst sowie altersspezifisch und konkret aus den medialen Lebenswelten der Lernenden ergeben. Digital gestützte Lehr- und Lernprozesse müssen daher unter anderem jene Kompetenzen fördern, die den Lernenden eine mündige, souveräne und aktive Teilhabe an der digitalisierten Lebens- und Arbeitswelt ermöglichen.
... via fachdidaktischer Überlegungen ...
Die Heterogenität in den Lerngruppen erfordert neue Lehr- und Lernkonzepte, die in der Ausbildung (noch) wenig vermittelt werden. Constructive Alignment sowie das in den hessischen Kerncurricula verankerte Prozessmodell sind zwei Beispiele für mediengestützte Unterrichtskonzepte. KI-Implementierungen bieten weitere Möglichkeiten, den Unterricht zu verbessern und den Lernprozess zu individualisieren. Lehrkräfte können mit Hilfe von KI personalisierte Lerninhalte bereitstellen und Schülerinnen und Schüler gezielt fördern. Gleichzeitig muss auf einen verantwortungsvollen Umgang geachtet werden: Auf der Ebene der Förderung („Habe ich meine Schülerinnen und Schüler erreicht? Haben sie von meinem Angebot profitiert?“ Beim Einsatz von AI-Tools wird empfohlen:
- Verwenden Sie Tools als Ergänzung zum Unterricht, nicht als Ersatz.
- Stellen Sie sicher, dass Schülerinnen und Schüler verstehen, wie die Tools funktionieren.
- Ermutigen Sie Schülerinnen und Schüler dazu, kritisch zu denken und die Ergebnisse der Tools zu hinterfragen.
- Berücksichtigen Sie die ethischen Implikationen von Technologien im Unterricht.
... via einer erweiterten Didaktik und der Entwicklung fächerübergreifender Curricula ...
Zum Bildungsauftrag der Schule gehört es auch, unsere Schülerinnen und Schüler auf die Berufs- und „Lebenswelt“ vorzubereiten. Das gelingt u. a. durch interdisziplinäre Vernetzung von Fächern bzw. deren Inhalte, mit dem Ziel eines überfachlichen Kompetenzaufbaus. Und gerade in diesem Zusammenhang bieten KI-Themen besonders gute Möglichkeiten zur Förderung von/zum/zur
- Problemlösungskompetenz: KI-Themen können Schülerinnen und Schülern helfen, komplexe Probleme anzugehen und (auch teilweise) zu lösen.
- Kritisches Denken: Durch die Beschäftigung mit KI-Themen lernen Schülerinnen und Schüler, Ergebnisse zu analysieren, zu hinterfragen und zu bewerten.
- Selbstreguliertes Lernen: KI-Tools ermöglichen es den Schülerinnen und Schülern, ihr eigenes Lernen zu steuern und individuelle Lernwege zu gestalten. Schülerinnen und Schüler lernen, ihre eigenen Lernbedürfnisse zu erkennen und effektive Lernstrategien zu entwickeln.
- Teamfähigkeit: KI-Themen können zur Förderung der Zusammenarbeit beitragen. Schülerinnen und Schüler können gemeinsam an Projekten arbeiten, die den Einsatz von KI-Werkzeugen erfordern, und dabei lernen, wie man kommuniziert und kooperiert.
Nicht zuletzt kann ein fundiertes Wissen über KI und ihre Anwendungsmöglichkeiten dazu beitragen, die Berufschancen von Schülerinnen und Schülern zu verbessern. Sie wissen, wie sie digitale Werkzeuge für ihre (Lern-)Ziele nutzen und einsetzen können.
... sowie via (agiler) Organisationskonzepte
Der Artikel Was normale Schulen von einem 130.000-Euro-Internat lernen können hat dazu kürzlich einige Anregungen gegeben:
Wir schaffen das mit Partnerschaften. Wir arbeiten mit Boston Dynamics mit der ETH Zürich. Wir arbeiten mit verschiedenen Startups, wir haben ein neues Projekt mit einer Schule in Soweto, Südafrika. Unsere Schüler arbeiten an Projekten, die relevant sind. Dann wird der Unterricht automatisch spannend und vermittelt Fähigkeiten, die heute gebraucht werden. Ein Beispiel: Wir arbeiten mit YASAI, einem Spinn-off der Technischen Hochschule (ETH) Zürich, an Konzepten für vertikale Gärten. Da geht es um nachhaltige Gewinnung von Nahrungsmitteln. Unsere Schüler der Klassen 6-8 haben sich mit den Designern getroffen, sich mit dem Konzept dieser Gärten vertraut gemacht und dann ihr eigenes Modell für einen vertikalen Garten entwickelt. Das Design wurde mit 3-D-Druckern hergestellt und dann installiert. Künstliche Intelligenz misst, ob das Wasser den richtigen Nährstoffgehalt hat. Da fließen so viele Aspekte von der Mathematik über Kunst, Design über die Biologie, die Naturwissenschaften zusammen in einem Projekt. Das erlaubt unsere Schüler im Kleinen an Problemen zu arbeiten, mit denen sich im Großen die ganze Welt beschäftigt. Es zeigt ihnen auch, dass die Welt nicht in Schulfächer eingeteilt ist. Die Schüler lernen ganz von allein, wie sie in Teams zusammenarbeiten müssen, wenn sie etwas bewegen wollen. Sie lernen, dass es okay ist, Fragen zu stellen. Aber auch, dass man Fehler machen kann und dann noch einmal einen Schritt zurückgehen muss.
Ich weise auf dieser Plattform immer wieder auf die nachhaltige Schulentwicklung hin:
- Mit Deeper Learning steht ein Unterrichtsmodell zur Verfügung, das fächerübergreifend viel Potenzial hat.
- In einem Adventskalenderbeitrag habe ich LEA/THEA/FreiDay ausführlich vorgestellt. Einer der Protagonisten wurde kürzlich in einem Podcast dazu befragt.
Themenschwerpunkte können mit Partnerschaften (s.o.) und/oder mit Unterstützung von Landesinstituten und Medienzentren gefunden werden.
Eine (ganz aktuelle) Projektidee ...
Damit das Ganze nicht abstrakt bleibt, habe ich mich gefragt, wo ich anfangen würde und welches interdisziplinäre Thema im Kontext von KI ich angehen würde. Und bin in der OpenSource-Szene fündig geworden.
Inhalt
Das britische KI-Unternehmen Stability AI hat kürzlich bekannt gegeben, dass es neben seiner Bild-KI Stable Diffusion nun auch eine Reihe von Open-Source-Sprachmodellen mit StableLM auf den Markt bringen wird.
Stability AI schreibt weiter, dass seine StableLM-Alpha-Sprachmodelle mit 3 und 7 Milliarden Parametern ab sofort auf Github verfügbar sind. Größere Modelle mit 15 bis 65 Milliarden Parametern sollen in Kürze folgen, zusammen mit technischer Dokumentation und Trainingsparametern. Die Modelle können kommerziell genutzt werden, sofern auf Stability AI verwiesen wird, sind aber auch für Forschungszwecke freigegeben. Die Modelle basieren auf dem Datensatz “The Pile” von EleutherAI und zeigen trotz der geringen Anzahl an Parametern eine gute Performance aufgrund der Vielfalt des Datensatzes. Eine RLHF-basierte Open-Source-Datenbank für KI-Assistenten ist in Arbeit.
Zugegeben, sehr technisch und kryptisch. So ist die Welt der KI. Und doch folge ich mit diesem Vorschlag dem sogenannten Dagstuhl-Abkommen, das bildungspolitisch eine Vernetzung von drei Perspektiven fordert:[1]https://dagstuhl.gi.de/dagstuhl-erklaerung
- Die technologische Perspektive hinterfragt und bewertet die Funktionsweise der Systeme, die die digitale vernetzte Welt ausmachen. Sie gibt Antworten auf die Frage nach den Wirkprinzipien von Systemen, auf Fragen nach deren Erweiterungs- und Gestaltungsmöglichkeiten. Sie erklärt verschiedene Phänomene mit immer wiederkehrenden Konzepten. Dabei werden grundlegende Problemlösestrategien und -methoden vermittelt. Sie schafft damit die technologischen Grundlagen und Hintergrundwissen für die Mitgestaltung der digitalen vernetzten Welt.
- Die gesellschaftlich-kulturelle Perspektive untersucht die Wechselwirkungen der digitalen vernetzten Welt mit Individuen und der Gesellschaft. Sie geht z. B. den Fragen nach: Wie wirken digitale Medien auf Individuen und die Gesellschaft, wie kann man Informationen beurteilen, eigene Standpunkte entwickeln und Einfluss auf gesellschaftliche und technologische Entwicklungen nehmen? Wie können Gesellschaft und Individuen digitale Kultur und Kultivierung mitgestalten?
- Die anwendungsbezogene Perspektive fokussiert auf die zielgerichtete Auswahl von Systemen und deren effektive und effiziente Nutzung zur Umsetzung individueller und kooperativer Vorhaben. Sie geht Fragen nach, wie und warum Werkzeuge ausgewählt und genutzt werden. Dies erfordert eine Orientierung hinsichtlich der vorhandenen Möglichkeiten und Funktionsumfänge gängiger Werkzeuge in der jeweiligen Anwendungsdomäne und deren sichere Handhabung.
Diese Dagstuhl-Erklärung richtet sich an Institutionen des Bundes und der Länder, an Bildungsexpert_innen und Praktiker_innen im Bildungswesen. Sie wurde in einem GI- Dagstuhl Seminar im Februar 2016 von Expert_innen aus der Informatik und ihrer Didaktik, der Medienpädagogik, der Wirtschaft und der Schulpraxis verfasst. Es gibt bereits mehrere bewährte methodische Überlegungen, z. B. in einem Wiki von Beat Döbeli-Honegger.
Organisation
Wie bringen wir das alles in die Schule? Ich zeige zwei mögliche Strategien auf. Die erste betrifft die schulindividuelle Umsetzung.
In meinem Informatikunterricht, insbesondere in meiner Homepage-AG, habe ich regelmäßig neue Softwareprodukte getestet und bewertet. Häufig kamen meine Schülerinnen und Schüler auf mich zu, um die eine oder andere Idee aus der Fachwelt aufzugreifen und umzusetzen. So haben wir als Homepage-AG z.B. die einwöchige Projektwoche am Ende eines Schuljahres initiiert. Per Schul- und Gesamtkonferenzbeschluss erhielten wir den Auftrag, die gesamte Organisation digital zu begleiten: Von der Bekanntgabe der Themen über das Anmeldeverfahren bis hin zur „journalistischen“ Aufarbeitung der Projektwoche – veröffentlicht via WordPress – mit Berichten, Fotos und einer abschließenden Evaluation. Das Leitungsteam der Projektwoche bestand aus einem Mitglied der Schulleitung, zwei Lehrkräften und einem Schüler aus meiner Homepage AG.
Dieses Schema würde ich auch hier anwenden: Zuerst die Idee in meiner AG vorstellen, ein Machbarkeitskonzept erstellen (dann wird sich zeigen, ob man die Implementierung der Software inkl. Layer und Datenbanken hinbekommt), um dann in persönlichen Ansprachen Mitstreiter*innen aus dem pädagogischen Personal zu suchen. Ich denke dabei vor allem an die Fächer Politik, Religion/Ethik, Kunst, Deutsch und Fremdsprachen. Kolleg*Innen begleiten und unterstützen diese Konzeptentwicklung durch die Auswahl fachspezifischer Inhalte aus dem schuleigenen oder landesweiten (Kern-)Curriculum.
Wenn man eine Schulverbundlösung anstrebt, könnte es vielleicht so laufen:
Das Vorhaben wird über die regelmäßigen Schulleiter*innentreffen auf Schulamtsebene bekannt gemacht. Die Gewinnung weiterer Schulen wird begünstigt, wenn
- eine professionelle Prozessbegleitung durch Personen aus Medienzentren und/oder Landesinstitutionen angekündigt werden kann,
- ein Makerstudio und assoziierte Unternehmen beteiligt sind und
- Informatiker*innen aus den zwei/drei zu vernetzenden Schulen zur Verfügung stehen, um die Implementation der Open Software inkl. erster Erfahrungen in der Layerentwicklung vorzubereiten.
Eine Anregung/Empfehlung aus Schulen ans Netz – Zeiten: Die Computerzeitschrift c’t hat uns damals praxisnah unterstützt. Gerade im Bereich der LINUX-Umsetzungen hatte das SaN-Team wenig Erfahrung. Das machten zwei Redaktionsmitglieder über mehrere Jahre mehr als wett. Ihrem Know-How verdankt SaN, dass auch solche Lösungen Eingang in die Schulwelt gefunden haben. Vielleicht gelingt es dem einen oder anderen Verbund, diese Quelle wieder zu aktivieren.
Schlussbemerkung
So viel zur Umsetzung einer Projektidee im Kontext zu AI.
Abschließend hier noch ein aktueller Tröt vom Tage, der einen fachcurricularen Ansatz vorstellt:
Es lohnt sich, die sozialen Netzwerke Edutwitter, 🐘 FediLZ und Co. zu besuchen. Das tue ich auch. Meine Themenplattform
speist sich unter anderem aus den Tweets und Tröts und deren Verweisen auf Primärquellen. Die Beiträge mit den zahlreichen Informations- und Selbstlernmaterialien, den Tipps zu deren Umsetzung und den fast täglich bekannt gegebenen Neuerungen und Erweiterungen laden Bildungsinteressierte ein, das eine oder andere in Eigeninitiative aufzugreifen und umzusetzen.
In diesem Sinne: Viel Erfolg und Kreativität bei den ersten Schritten einer praxisnahen Umsetzung!
… Stay tuned …
References
↑1 | https://dagstuhl.gi.de/dagstuhl-erklaerung |
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