Unterrichtsentwicklung

Nicht  ideologische  Konzepte  (Paradigma)  und  nicht  die  Merkmallisten  guten  Unterrichts  machen  guten  Unterricht,  sondern  die  alltägliche  harte  professionelle  Arbeit  am  Lerner  und  mit  dem  Lerner  an  der  Sache  in  einer  Lerngruppe,  in  der  mit  Anstrengung  und  Konsequenz  eine  Lernkultur  aufgebaut  wurde.1
Prof. Leisen

Studienseminar Koblenz

Prof. Leisen bezieht sich auf seinen Rückblick der letzten 40 Jahre:2

  • Vor vierzig Jahren war das der lernzielorientierte Unterricht,
  • vor dreißig Jahren der handlungsorientierte Unterricht und der Projektunterricht,
  • vor zwanzig Jahren die Wochenplanarbeit, die Freiarbeit und der fächerübergreifende Unterricht,
  • vor zehn Jahren der kompetenzorientierte Unterricht
  • und heute der individualisierte Unterricht
  • und morgen …

… die Ermöglichung eines individualisierten Unterrichts durch den adäquaten Einsatz Neuer Medien? Was jedoch heißt adäquat?

Das kann eine Lehrkraft zunächst nur für sich selbst beantworten. Dabei erweist sich das SAMR-Modell als hilfreiches Instrument. Es kann als Folie für eine erste Einordnung eines (zunächst) individuell gesteuerten Einsatzes Neuer Medien im Unterricht genutzt werden. Anschließend hilft das Modell, um mit anderen Lehrkräften – z. B. auf (Fach)Konferenzebene – ins Gespräch zu kommen bzw. sich zu verständigen.

Durchgreifender ist gleichwohl die Frage nach geeigneten Lehr-Lernkonzept in Nutzung digitaler Werkzeuge, die nun vorgestellt werden sollen.

  • Ich selbst habe mich lange Zeit am Prozessmodell orientiert. Es hat mittlerweile Eingang in sämtlichen Leitfäden zu den Fachkerncurricula des Landes Hessen gefunden.
  • Ein anderer Weg ist das an der Bloomschen Taxonomie orientierte Constructive Alignment Konzept. Bloom hat mit seiner lernzielorientierten Taxonomie den Anfang gemacht, dessen Überlegungen – auch mit Blick auf die digitale Welt – mehrere Revisionen erfahren hat.
  • Mit Deeper Learning wird ein weiteres Unterrichtsmodell vorgestellt, das sich noch in den “Kinderschuhen” befindet, aber ein hohes (pädagogisches) Potential aufweist.

Wie könnte ein mediengestützter Unterricht aussehen, den möglichst alle Schülerinnen und Schüler gern und erfolgreich besuchen – ein Unterricht, der wesentlich dazu beiträgt, Kompetenzen zu erwerben, um in der Schule, im privaten und beruflichen Leben Herausforderungen verantwortungsvoll zu meistern und der zur Mitgestaltung von Gemeinschaft beitragen kann?

Das in Hessen erfolgreich eingeführte und in den Kerncurricula verankerte Prozessmodell zeigt einen möglichen Weg auf. Der Lehr-Lernzyklus mit seinen fünf Handlungsfeldern zielt darauf ab, Lehrenden und Lernenden bezogen auf einen an Kompetenzen orientierten Unterricht ein Handlungsgerüst zur Verfügung zu stellen. Neue Medien werden Lerngruppen abhängig hinzugezogen, wenn sie dem individuellen Lernprozess dienlich sind.

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Viele Fachschaften denken mit Blick auf temporäre Schulschließungen darüber nach, wie ein Unterricht auch zu Hause stattfinden kann. Tools werden ausprobiert. Videokonferenzen werden abgehalten, Kultusministerien denken über die Einführung von Clouds und Learningmanagementsystemen (LMS) nach. Nur: Wie kann digital gestützter Unterricht und damit hybrides Lernen gelingen? Wie gestaltet sich ein didaktischer Plan, der niederschwellig genug ist, um alle Lehrkräfte mit ins Boot zu nehmen, auch und gerade diejenigen, die beginnen, sich die digitalen Wege zu erschließen?

Ich will das Thema aufgreifen und zwei Ideen zur Diskussion stellen. Sie sind in der vorgestellten Form im Sinne einer hybriden Umsetzung (noch) nicht erprobt. Gleichwohl basiert er in großen Teilen auf langjährige Erfahrungen im Einsatz digitaler Medien im (Präsenz)Unterricht. 

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Deeper Learning beschreibt eine Pädagogik, in der Lernende sich tief greifend mit Wissen auseinandersetzen und selbst Wissen generieren, indem sie es sowohl über instruktiv gesteuerte Prozesse der Aneignung als auch über selbstregulierte Prozesse der Ko-Konstruktion und Ko-Kreation verarbeiten.

Deeper Learning kann als eine “4K Skill-Implementierung” aufgefasst werden, einer Aneignung von Wissen einerseits und der vier Kompetenzen Kommunikation, Kollaboration, kritisches Denken und Kreativität andererseits. Das im Folgenden vorgestellte Unterrichtsmodell ist im deutschen Sprachraum vergleichbar mit dem nur in sehr wenigen Schulen angebotenem Projektunterricht.

Das vielversprechende Unterrichtsmodell versteht sich als Prozess von Instruktion, Ko- Konstruktion und Präsentation und ist im “normalen” Stundenplansetting, 90 Minuten Blöcke vorausgesetzt, durchführbar.

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„Constructive Alignment“ ist ein pädagogisches Konzept, das vom Bildungsforscher John Biggs entwickelt wurde. Es bezieht sich auf die bewusste Ausrichtung von Lehr- und Lernaktivitäten, um sicherzustellen, dass die Lernziele mit den Lehrmethoden und der Bewertung in Einklang stehen. Das Ziel ist es, eine kohärente und effektive Lernumgebung zu schaffen, in der die Lernenden aktiv in den Lernprozess einbezogen werden.

Auch wenn das Konzept aus der Hochschuldidaktik stammt, bin ich davon überzeugt, dass man dieses Modell auch im schulischen Umfeld einsetzen kann. In den USA hat eine Schule sich dieses Modell in einer Form zunutze gemacht, die vermutlich viele Lehrende irritieren wird. Gleichwohl: Bei den Schülerinnen und Schülern kommt dieses Angebot sehr gut an, vor allem weil sie sich täglich(!!) für ihr bevorzugtes Vermittlungsinstrument (App, Buch, Partnerarbeit, Coaching durch Lehrkräfte) neu entscheiden können …wie ein Video der Bertelsmannstiftung zeigt…

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Weiterführendes Material

 

Englischsprachig:

Kooperatives Lernen mit digitalen Medien

Aus dem Anmoderationstext:

In der Zusammenarbeit von einer Trainerin und einem Trainer für Unterrichtsqualität sowie einer medienpädagogischen Beraterin und einem medienpädagogischen Berater entstanden die folgenden Handbücher zur Umsetzung bewährter Methoden mit digitalen Medien. Lehrkräfte finden hier Anregungen und Anleitungen um im Team zu arbeiten, digitale Medien auszuprobieren und mit den Schülerinnen und Schülern zusammen Unterricht zu erleben.

Marco Galle: Unterrichtszentrierte Schulentwicklung

In diesem Open-Access-Buch untersucht Marco Galle, wie Lehrpersonen und Schulleitende ihren Unterricht und ihre Schule so weiterentwickeln können, dass sich die persönlichen Voraussetzungen und Ziele der Schülerinnen und Schüler verstärkt berücksichtigen lassen. Die Ergebnisse einer Längsschnittanalyse von Leitfadeninterviews aus zehn Schweizer Schulen, die personalisierte Lernkonzepte eingeführt haben, zeigen zahlreiche Entwicklungstätigkeiten auf Unterrichts- und Schulebene. So wird die Qualität der Lernaufgaben verbessert oder es werden individuelle Coachingangebote geschaffen. Mittels einer darauf aufbauenden transformativen Mixed-Methods-Datenanalyse werden pädagogisch-psychologische Unterrichtsmerkmale eruiert, die Hinweise darauf geben, warum solche Entwicklungsprozesse scheitern oder gelingen.

Rebecca Lazarides & Anja Schiepe-Tiska: Heterogenität motivationaler Merkmale im Unterrichtskontext

Der angemessene Umgang mit Heterogenität gilt als eine der zentralen Herausforderungen aber auch als eine bedeutsame Chance für Schule und Unterricht. Dabei wird häufig die Frage diskutiert, wie Unterricht adaptiv das Leistungsniveau von Lernenden berücksichtigen kann. Im vorliegenden Beitrag gehen wir der Frage nach, wie Unterrichtsgestaltung die unterschiedlichen motivationalen Lernvoraussetzungen von Schülerinnen und Schülern und ihr unterschiedliches motivationales Erleben von Lernsituationen angemessen aufgreifen kann. Dabei werden zunächst theoretische und empirische Perspektiven auf motivationale Heterogenität und ihr Zusammenwirken mit geschlechtsbezogenen, sprachlichen oder sozialen Heterogenitätsdimensionen diskutiert. Anschließend befassen wir uns mit der Frage, wie und unter welchen Bedingungen Unterricht adaptiv unterschiedliche motivationale Lernvoraussetzungen aufgreifen kann und schlagen ein Prozessmodell motivational adaptiver Unterrichtsgestaltung vor, aus dem auch praktische Implikationen für Lehrkräftebildung und Unterrichtspraxis abgeleitet werden.

Weitere Materialien via Links:

 

Footnotes

  1. http://www.lehr-lern-modell.de/guterunterricht/
  2. ebda.