Im ersten Teil habe ich letzte Woche eine Schule aus Schleswig-Holstein vorgestellt, die sich Gedanken darüber gemacht hat, wie sie ihre Schülerinnen und Schüler auf die zukünftige Arbeitswelt vorbereiten kann. Wie wichtig solche Initiativen sind, zeigen beispielhaft die folgenden Berichte aus der vergangenen Woche:

Wissenschaftler der Universität Duisburg-Essen haben die akademische Leistung des Chatbots ChatGPT überprüft.

Die KI-Revolution ist die wohl größte technologische Umwälzung seit der Industrialisierung. Sie verändert auch die Arbeitswelt der Kreativbranche radikal. Wie können sich Kreative aller Art vor KI-Ideenklau schützen? Welchen Jobs geht es besonders an den Kragen? Und welche neuen Jobs entstehen durch KI? Ein Beben geht durch die Branche und es wird prophezeit: Das ist erst der Anfang!

Leider steht ein weiterer Artikel

browserabhängig nur hinter einer Paywall zur Verfügung. Er setzt sich mit der bislang unveröffentlichten Studie »Azubi-Recruiting Trends 2023« auseinander. Dafür wurden rund 4300 Schüler:innen und Azubis sowie rund 1600 Ausbilder:innen befragt. Den Ergebnissen der Studie zufolge identifiziert fast die Hälfte der Azubis (49,6 Prozent) und Ausbilder:innen (45,3 Prozent) die fehlende Berufsorientierung in den Schulen als Ursache für die vielen unbesetzten Ausbildungsplätze. Die Ökonomin und Studieninitiatorin Felicia Ullrich Ullrich sieht da vor allem die Betriebe in der Pflicht, ihr Angebot weiter auszubauen, mehr Engagement hin zu einer besseren Berufsorientierung zu zeigen – und mehr Wille, Schüler:innen nicht als »lästiges Beiwerk, sondern als Potenziale zu begreifen«. Denn bei der Berufswahl könnten Eltern und Lehrer meist nur bedingt helfen, weil diese sich oft nur in ihrem eigenen beruflichen Umfeld auskennen.

Dennoch kann und muss sich auch die Schule der Herausforderung einer zeitgemäßen Berufsorientierung stellen. Ich empfehle zu Beginn einer Angebotsentwicklung eine Befragung der Schülerinnen und Schüler, der Eltern und der Betriebe, die Praktika und (duale) Ausbildung anbieten. Am besten startet man mit einem klassischen Evaluationsverfahren, um dann im Dialog mit den Beteiligten das Angebot anzupassen.

 

Softwareentwicklung

Dass auch das Unterrichtsangebot – fachspezifisch (Informatik) wie fächerübergreifend (Projektwoche)  – curricular überprüft werden muss, zeigt sich an meinem WOW der Woche: Softwareentwicklung mit ChatGPT4 – die Mastowall, ein Erfahrungsbericht von Ralf Stockmann, tätig im Bibliotheksbereich (Berlin). 

Sicherlich ist der Artikel sehr fachspezifisch, aber auch eine Nicht-Informatiker*in wird verstehen, welches Potential hier erschlossen wurde. Worum geht es? Ich war zu Zeiten von Schulen ans Netz (1996 – 2002) regelmäßiger Besucher der Online Educa (Berlin). Damals gefiel mir an den Plenumsbeiträgen, dass man während der Vorträge Kommentare/Fragen per Hashtag posten konnte. Dazu brauchte man nur einen Twitter-Account. Missbrauch (aka Hates) konnte nie ausgeschlossen werden, kam aber sehr selten vor. Ralf Stockmann wollte diese sogenannte Twitterwall auf Mastodon realisieren, hatte dazu via Tröt aufgerufen und wenig bis keine Resonanz erhalten. Mit dem Aufkommen der ChatGPT-Welle stellte sich für ihn die Frage neu. Sein Fazit:

An drei oder vier Stellen wäre man als Nicht-Entwickler:in sicher nicht weiter gekommen. Die vielen von mir hier veröffentlichten Prompts zeigen aber hoffentlich, dass wir hier ein neues Zeitalter der Softwareentwicklung beschreiten. ChatGPT4 wurde nicht zum Schreiben von Code optimiert, und dennoch ist man schon so weit gekommen. Und: alle Probleme wurden nur über Dialog gelöst. Bis zum Schluss habe ich keine Zeile Code selber geschrieben. (Hervorhebung durch mich)

Das hätte ich auch in weiten Teilen gar nicht gekonnt: Ich beherrsche kein JavaScript.

Er hat seine Umsetzung in einem – nicht nur deshalb hörenswerten – Podcast (ab 2:04:00) vorgestellt. Seine Schilderungen sind sicherlich recht fachspezifisch, und doch lässt sich das Wesentliche auch für Nicht-Informatiker*innen erschließen. Aufgerufen, die Wall zu stressen, kam es, wie es kommen musste: Innerhalb weniger Sekunden gelang es einem Zuhörer, die Wall abzuschießen. Und: ChatGPT 4.0 sorgte für Abhilfe/Lösung des Problems!!! (alles im Erfahrungsbericht nachzulesen)

Und so sieht eine konkrete Anwendung/Einladung des Softwareentwicklers aus:

Kursangebot, auch für Schülerinnen und Schüler

Das Hasso-Plattner-Institut bietet demnächst einen vierwöchigen Kurs ChatGPT: Was bedeutet generative KI für unsere Gesellschaft? an! Hier einige Hintergrundinformationen …
 

… zum Kurs

Die rasante Entwicklung generativer KI-Systeme wie ChatGPT, DALLE und Midjourney revolutioniert unsere Welt und stellt uns vor neue, faszinierende und zugleich beunruhigende Herausforderungen. Was bedeutet es, wenn künstliche Intelligenzen komplexe Prüfungen bestehen oder sogar kreativ tätig werden? Wird diese Entwicklung unsere Gesellschaft, Arbeitswelt und Kommunikation überrumpeln? Werden Jobs ersetzt oder entstehen völlig neue Beschäftigungsfelder? Und wie können wir die Gefahren durch die Nutzung dieser Systeme zur Verbreitung von z.B. Falschinformationen minimieren?

Entdecken Sie in diesem vierwöchigen, kostenlosen openHPI-Kurs, wie bahnbrechende Technologien wie ChatGPT funktionieren, welche Anwendungsfälle daraus entstehen, welche Chancen und Grenzen sie bergen. Der Kurs bietet Jugendlichen und Interessierten ohne technisches Hintergrundwissen oder Programmiererfahrung eine einzigartige Gelegenheit, in die Welt der Generativen Künstlichen Intelligenz einzutauchen.
 

… zur Zielgruppe

Der Online-Kurs richtet sich an Schülerinnen und Schüler von Oberschulen und an generell Interessierte ohne Programmiererfahrung und ohne technisches Hintergrundwissen.
 

… zur Kursstruktur

  • Woche 1: Erläuterung wichtiger Grundlagen und Begriffe sowie die Funktionsweise von Generativer KI
  • Woche 2: Generative KI-Modelle im Einsatz in verschiedenen praktischen Anwendungen
  • Woche 3: Implikationen und Einschränkungen von generativer KI
  • Woche 4: Diskussion möglicher Implikationen auf verschiedene Berufe und Bereiche des täglichen Lebens

… zum Arbeitsaufwand

Für das Durcharbeiten von Lehr-Videos, Selbsttests, Hausaufgaben und Prüfungen sowie für die Diskussion des Stoffs im Kursforum mit den anderen Lernenden und dem Kursleiter-Team sollten die Teilnehmenden von einem Zeitaufwand von 3 bis 6 Stunden pro Woche ausgehen.

Schlussbemerkung

Es liegt auf der Hand, dass solche Entwicklungen Konsequenzen für die Informatik-Curricula haben müssen, sowohl im schulischen als auch im universitären Bereich. Bis es so weit ist, dürfte – gelinde gesagt – noch einige Zeit vergehen. Und um den Gedanken der Berufsorientierung noch einmal aufzugreifen. Einer der Mitdiskutanten im oben genannten Podcast (Oliver Zeigermann) formulierte an anderer Stelle:

(…) Krass ne, so und ich bin Softwareentwickler, also ich überlege mir, wie mich das stresst, ich habe ja noch ein paar Jahre bis zur Rente, also mindestens 15 würde ich sagen und jetzt, was mache ich dann noch, was mache ich dann noch bis zur Rente … (zitiert aus dem Transscript)

Debugging war eine Antwort. Weitere inhaltlich zu verändernde Bereiche werden sein: Refactoring, Sicherheit, Datenschutz, Ethik. Im Umgang mit ChatGPTs & Co. wird eine ganz neue Kompetenz gefragt sein: prägnante Prompts mit entsprechenden Beschreibungen der Ziele und Systemumgebungen formulieren zu können. Das zeigt sich im obigen Podcast beim Thema „Programmierung der Plugins“, meinem zweiten WOW der Woche: Die Bots werden komplett textbasiert „gefüttert“. Je genauer der Text, desto effizienter und erfolgreicher die Implementierung des Plugins. Etwas für den Deutschunterricht, oder?

Update (14.06.23):

Gekommen, um zu bleiben: Der Code-Hoster GitHub beleuchtet, wie KI-Tools die Softwareentwicklung verändern und was Entwickler im Arbeitsalltag stört.

Update (27.9.23): 

Jörn Schlingensiepen von der TH Ingolstadt ließ seine Studierenden im Grundlagenfach Ingenieurinformatik systematisch KI-Tools wie ChatGPT nutzen, um ihnen den Einstieg in die Programmierung zu erleichtern. Der Selbstversuch zeigt, dass generative KI-Systeme eine positive Bereicherung für die Hochschullehre sein können.

Viele, viele Herausforderungen …

Und, da wir wieder am Ende einer Kalenderwoche sind, gibt es einen neuen Newsticker:

 

 

Das Titelbild ist im Dialog mit DeppGPT entstanden und zeigt, dass die Welt der KI auch satirisch sein kann. Das ist doch auch schön, oder?

In diesem Sinne: Schönen Start in die neue Woche!

… Stay tuned …

Bildnachweis: Gerd Altmann @pixabay, modifiziert mit einem Schriftzug

Wer den Newsletter abonnieren möchte, geht hier … zum Formular.