In ein paar Tagen beginnt das nächste Schulhalbjahr. Lehrkräfte bekommen neue Lerngruppen zugeteilt (z. B. im Epochalunterricht), neue Lehrkräfte kommen an die Schule – und das alles mitten in Pandemiezeiten. So wie jele77:

 

Wie kann Schule die neuen Lehrkräfte, die neuen Schüler*innen darauf vorbereiten? Wie kann ich als Lehrkraft meine Lerngruppe darauf vorbereiten? Doch der Reihe nach …

 

Vorstart: Onboarding

Wer neu zur Schule stößt, der/ dem hilft am besten ein sogenannter „Onboarding Prozess“. Im Rahmen unserer uni-ol@schule – Projekts ist eine eindrucksvolle Anleitung zum Kennenlernen der digitalen Kommunikations- und Lernplattform entstanden. Zur Nachahmung auch für andere Onlinesysteme empfohlen!

Onboarding meint auch: Verteilung der Dienst- und Leihgeräte, damit mit höherer Sicherheit eine zuverlässige Inbetriebnahme gewährleistet werden kann.

 

Start: Kontaktaufnahme mit der Lerngruppe

Eines vorneweg: Ich orientiere mich an wissenschaftlichen Forschungsergebnissen, hier aus UK. Warum gerade UK? Nun, das Land hat bereits in den 90er- Jahren begonnen, Schulen mit verlässlicher Infrastruktur auszustatten und Lehrkräfte aus- und fortzubilden. Ich war und bin immer wieder beeindruckt, wie Industrie und Staat die jährlichen BETT- Konferenzen nutzen, um Bildungsexpert*innen und Lehrkräfte in einen Austausch zu bringen. Besuchen Sie einmal die Ausstellung (im Januar, London). Sie werden mit vielen Anregungen und natürlich auch neidisch aus UK zurückkommen …

Die folgenden Überlegungen orientieren sich am Kurs How to Teach Online: Providing Continuity for Students. Ich stelle im folgenden einen ganz kleinen Ausschnitt vor: den Einstieg in die Lerngruppe.

Wie bei uns in Deutschland „regiert“ auch in UK der Lehrplan. Er ist gekennzeichnet durch eine sehr deutliche Lernziel- und Outputorientierung. Daher enden in der Praxis viele Unterrichtseinheiten und -stunden (fast) immer mit Assessments, die die Erreichung der angekündigten Lernziele überprüfen. Ich habe einmal eine International Baccalaureate Diploma anbietende Schule extern evaluieren dürfen: Lernzielmitteilung und korrespondierendes Assessment habe ich nur in dieser Schule und in jeder (!) Unterrichtsdoppelstunde so konsequent umgesetzt gesehen.

Wer mehr über diesen Ansatz nachlesen möchte: Ich habe im Rahmen des uni-ol@schule- Projekts einen Werkstattbericht mit dem Titel Lerntypen und Methoden verfasst.

 

Die Empfehlungen der Pädagog*innen aus UK lauten nun:

Entwerfen Sie wöchentlich einen Unterrichts- und Aufgabenplan mit wichtigen Daten und Zeiten, der immer wiederkehrend einem festen Format folgt, etwa: Thema, Beschreibung, Ziele, Ergebnisse, Lehr- und Lernaktivitäten. Nutzen Sie diese Vorlage bereits für die erste Woche, etwa so:

Kontext: Organisation

Thema: Vorbereitung

Beschreibung: Erstes Kennenlernen von System und Lehrkraft. Verabredungen.

Ziele:

  • SuS sind mit ersten Routinen der Lehr- und Lernplattform vertraut
  • SuS können Beiträge ins Netz stellen und kommentieren
  • SuS wissen sich bei Systemausfall zu helfen

Ergebnisse

  • Zugang funktioniert
  • Individuelle Planung gelingt
  • Telefonkette funktioniert
  • Lernumgebung findet Akzeptanz

Lehr- und Lernaktivitäten (nach D. Laurillard)

  • Wissensaneignung
  • Üben
  • Diskussion
  • Produktion
  • Kollaboration
  • Recherche
Wissensaneignung

Stellen Sie Ihren Unterrichts- und Aufgabenplan vor und kündigen Sie an, dass eine Veröffentlichung immer am Anfang der Woche geplant ist.

  • Teilen Sie den zentralen Ort für Ankündigungen mit (z. B. Schwarzes Brett der Lerngruppe im Lernmanagementsystem).
  • Teilen Sie eine Person/ Kontakt mit, der für Support genutzt werden kann (Sekretariat der Schule. Sysadmin der Schule, sofern vorhanden)
  • Organisieren Sie eine klassische Telefonkette für den Fall, wenn systemseitig nichts geht („Plan B“).
  • Widerstehen Sie dem Drang, Ihre Schüler*innen mit E-Mails, automatisierten Nachrichten zu informieren. Es wird sie verwirren.
Üben
  • Testen Sie Zugang und Telefonkette.
  • Senden Sie sich gegenseitig wichtige Links, Anleitungen und Dokumente.
  • Probieren Sie verschiedene Möglichkeiten aus, wichtige Informationen zu zentralisieren.
Diskussion

Beziehen Sie Schüler*innen in die Entscheidung ein, welche der Optionen am einfachsten oder praktischsten zu verwenden ist. Nutzen Sie dazu Break-out Rooms.

  • Erläutern Sie, wie die Schüler*innen zusammenarbeiten sollen. Leiten Sie die Gruppenarbeit an, indem Sie

    • explizite Hinweise auf Rollen (Moderation, Zeitwächter, Präsentation) geben,
    • eine Zeitvorgabe machen und 
    • formulieren, welches Ziel mit der Diskussion verfolgt werden soll.
Produktion

Nutzen Sie bereits in der ersten Woche die Tools, die Sie im weiteren Unterrichtsverlauf einsetzen werden. Neben LMS, Video- und Chatkonferenz sind das z. B. Tools zu Umfragen und Feedback:

  • Erstellen Sie eine schnelle Umfrage, um mehr über Ihre Lernenden zu erfahren – wer sie sind, Barrieren, Zugänglichkeit usw.
    Sie können Umfragetools nutzen (z. B. Mentimeter) oder die Schüler*innen bitten, per E-Mail zu antworten.
  • Führen Sie eine Umfrage zur digitalen Alphabetisierung durch: Was müssen die Schüler*innen tun, um Ihnen im weiteren Unterrichtsverlauf folgen zu können? Lassen Sie die Schüler*innen eine Selbsteinschätzung im Sinne von „kann ich“ geben.
  • Verabreden Sie nun, welche Systemumgebung sich am ehesten für eine Zusammenarbeit mit den Schüler*innen eignet (Blog, Audio- und/ oder Videochat). Fragen Sie Ihre Schüler*innen, was sie brauchen: Dies könnte aus Bedarfsanalyse oder Diagnosebewertung stammen – oder erstellen Sie eine Liste von Ressourcen und bitten Sie Ihre Schüler*innen,  Sie darüber zu informieren, was nützlich ist oder nicht.
  • Ermöglichen Sie den Schüler*innen, einen eigenen, individuellen Unterrichts- und Aufgabenplan zu entwickeln, z. B. durch Weitergabe Ihrer Vorlage (Template).
  • Modellieren Sie eine Sharing-Aufgabe: Bitten Sie die Schüler*innen,
    • ein Foto von ihrem Schreibtisch/ von ihrem Haustier zu teilen,
    • eine „Ich sehe was, was Du nicht siehst“- Runde (andere können erraten, was es ist),
    • eine Aufzeichnung der Umgebung….
Kollaboration

Bitten Sie Ihre Schüler*innen, Wege vorzuschlagen, um eine „Lerngemeinschaft“ aufzubauen und stimmen Sie sich dann darauf ein.

Recherche

Webquest: Bitten Sie Ihre Schüler*innen, diese Woche eine gute Nachricht oder Ähnliches zu teilen.

 

Routinen

Und immer wieder an Kurzweilphasen denken bzw. einbauen. Entweder als Sport- und/ oder als Spielaktivität. Hier einige Anregungen aus dem Netz: 

Schlussbemerkung

Schülerinnen und Schüler wie auch Eltern erwarten eine belastbare Strategie und Umsetzung von hybriden Lernsettings. Mangels geeigneter massenkompatibler Konzeptvorlagen wird vermutlich jede Schule ihre eigene Lösung suchen müssen. Zur Unterstützung bietet sich möglicherweise ein Beitrag an, den ich im Nachgang des ersten Lockdowns veröffentlicht habe. Er basiert auf meine Übersetzung des Blogbeitrags 9 Ways Online Teaching Should be Different from Face-to-Face. Die in Hybride Lernsettings – wie führe ich die ein? beschriebenen neun Tipps bieten aufgrund ihrer Niederschwelligkeit den Vorteil, schnell umgesetzt werden zu können. 

Und schließlich hier noch ein Tipp des LMZ BW zum Umgang mit Videokonferenzen.

Update 05.09.2020: Hybride Lernsettings – wie führe ich die ein? (Teil 2)

Update 04.10.2020: Hybride Lernsettings: Feedbackverfahren

Update 16.04.2021: Die Welt von zuhause aus entdecken, ein Padlet von Corinna Lammert

 

 

Bildnachweis:

Titelbild: Michael Fisher (@fisher1000)