Anfang Mai war es wieder soweit: Der „Deutsche Lehrerpreis – Unterricht innovativ“ wurde verliehen. Die Initiatoren (Deutschen Philologenverband, Heraeus Bildungsstiftung) verbinden mit der Verleihung das

Ziel, die öffentliche Wertschätzung sowie das Image des Lehrberufs und der Arbeit der Schulleitungen zu steigern und wirkungsvolle Anstöße zur Verbesserung des Unterrichts an Schulen zu geben.

Und das – Anstöße für den Unterricht – gelingt voll umfänglich, wie die folgenden Beispiele zeigen. Sie beeindrucken durch ihren fächerübergreifenden Ansatz, die Präsenzphase ebenso vorsehen wie hybride Unterrichtsstrukturen. Sie zeichnen sich

  • durch ihre Praxisbezogenheit, z. B. durch Einbeziehung außerschulischer Lernorte, Initiativen, Projekte),
  • durch ihren hohen Anteil einer direkten Schüler*innenbeteiligung (z. B. Themenwahl, Projektleitung) sowie
  • durch ihre unterschiedlichen Rückmeldeformate aus, sei es in Form von Lernjournal/ Lerntagebuch/ Portfolio) oder durch eine Produktpräsentation mit einer sie begleitenden Lernprozesssteuerung

aus. Im Folgenden sind die Links zu den Projektbeschreibungen von drei Preisträgern ausgewiesen:

Forschen und Entwickeln - Öffnung der Schule hin zur Realität (Arbeitswelt)

Preisträgerin:
Daniela Heinrich-Stiller (Marburg)

Fächer: Biologie und Chemie

Jahrgangsstufe: 9 und 10

Bürgerschaftlich! Leidenschaftlich! Ungewöhnlich! Mutig!

Preisträger*innen:
Katja Gerstenmaier, François Genthner und Luisa Schmidt (Berlin)

Fächer: Gesellschaftswissenschaften, Deutsch und Kunst

Jahrgangsstufe: 7 bis 9

Der Wal und das Ende der Welt, ein Buchprojekt mit aktuellem Bezug

Preisträgerin:
Astrid Weißer (Norderstedt)

Fächer: Deutsch, Geografie, Wirtschaft/Politik, Geschichte

Jahrgangsstufe: 8 und 9

Eine weitere innovative Idee will ich mit diesem Tweet einleiten:

 

 

Eine Antwort kann eine prämierte App aus Kassel sein: smartPAPER

„smartPAPER“ bietet den Lernenden die Möglichkeit, individuell auf sie abgestimmte Aufgaben zu bearbeiten: Nicht die Lehrkraft gibt die Arbeitsschritte und zeitliche Aufteilung vor, sondern die Lernenden organisieren ihre Arbeit selbst und haben so die Möglichkeit, den Lernprozess als individuelles Erlebnis zu gestalten.

In der frei zugänglichen Web-App können unterschiedliche Lernsituationen (z. B. „Visitenkarte gestalten“ für die Lerngruppe der Mediengestalter:innen) bearbeitet werden. Zu Beginn jeder Lernsituation schätzen sich die Lernenden in einer Kompetenz-Matrix selbst ein, die dabei nach den in der Lernsituation behandelten Kompetenzbereichen gegliedert ist (z. B. Zielgruppen-Analyse und Gestaltungsaufträge). Auf der Basis dieser Selbsteinschätzung bekommt jede:r Lernende eine individuelle Aufgabe innerhalb der formulierten Lernsituation. Während der Bear­beitung der Teilaufgaben stehen den Lernenden verschiedene Mittel zur Selbstreflektion zur Ver­fügung. Bei offenen Fragen können digitale Tickets erstellt werden, die mit anderen Lernenden oder mit der Lehrkraft besprochen und gelöst werden können. Bei Abschluss eines Kompetenz-Bereichs sind die Schüler:innen aufgefordert, ihre Arbeit in Bezug auf die Qualität und den Arbeitsfluss zu beurteilen, darauf aufbauend werden dann vertiefende oder aufbauende Zusatz­aufgaben zur Verfügung gestellt. Diese beziehen in ihren Kompetenz-Anforderungen die Selbst­einschätzungen während der Arbeitsphase mit ein, so können Kompetenz-Bereiche vertieft oder erweitert werden. Am Ende einer Lernsituation steht eine grafische Auswertung aller Ergebnisse der Selbsteinschätzungen zur Verfügung. Diese bietet Lehrkraft wie Lernenden die Möglichkeit zum Reflexionsgespräch und Festlegung neuer Lernziele.

Das Tool kann von jeder Schule kostenfrei genutzt werden. Denkbar ist z. B., dass von der Gesamktkonferenz beauftragte Fachteams einen schuleigenen Inhalt produzieren. Nicht ohne Entlastung, z. B. wurden an meiner Schule bei vergleichbaren Aufträgen die beteiligten Kolleginnen und Kollegen von Aufsichts- und Vertretungspflichten befreit. Nicht viel, stimmt. Und doch war ich immer froh, so einen Ausgleich erhalten zu haben. Leider stehen Schulleitungen nur wenige Kompensationsmöglichkeiten zur Verfügung. Bei Interesse bietet sich eine Kontaktaufnahme mit einem der Entwickler an (Norman Seeliger). Er und sein Kollege bieten übrigens landes- und bundesweite Fortbildungen an ?

 

Das ist eine erste Auswahl. Die Initiatoren haben noch weitere Lehrkräfte und – erstmalig – Schulleitungen prämiert. Für einen vollständigen Überblick lohnt der Besuch der Laudatorenseite.

Schule Digital - Award

Abschließend mein – ganz spontan vergebener – Schule DigitalAward. Ich möchte damit eine „Bewegung“ auszeichnen, die mit agilen Methoden ein Tool entwickelt, das auf eine hohe Akzeptanz stößt und eine Reihe von Datenschutzproblemen löst. Die Reaktionen in den sozialen Netzwerken bestätigen, dass auch sie zu den Innovatoren des Schuljahres 2020/21 gehören. Gemeint ist der

 

Preisträger: Taskcards – #twlz – #twitterlehrerzimmer – Pilotschulen

Projektteam: dSign Systems Gmbh – #twitterlehrerzimmer – #twlz

Projektbeschreibung

Anfang des Jahres haben einige Schulaufsichtsbehörden den Schulen ihres Zuständigkeitsbereichs die weitere Nutzung von Padlet.com Anwendungen mit sofortiger Wirkung untersagt. Dabei wurde auf eine Aussage des Hessischen Beauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit (HBDI) verwiesen, demnach die Nutzung der digitalen Anwendung „Padlet“ mit privaten Endgeräten im schulischen Bereich nicht datenschutzkonform genutzt werden kann.1

    Auch wenn die hessischen Schulen wenig später einen Aufschub bis zu den Sommerferien gewährt wurde, wurde anderen außerhalb Hessens beheimateten Schulen die Nutzung untersagt, z. B. Thüringen. Und ausgerechnet aus diesem Land kommt Licht aus dem Ende des Tunnels: dSign Systems GmbH hat eine Betaversion entwickelt, die eine Vielzahl der beliebten Funktionen der US- Version abbildet. Und darüber hinaus um weitere sehr hilfreiche Optionen ergänzt, z. B.:

    • einen Zeitstrahl als Darstellungsform
    • Abspielen von Audio & Video
    • Aufnahme von Sprache & Foto
    • ein datenschutzkonformes und ganz einfach als eigene Karte integrierbares Videokonferenz-Tool (über Sichere-Videokonferenz.de, das letztlich auf Basis einer Jitsi-Instanz läuft)
    • QR-Code mit Vorschau
    • Uploads bis 100MB
    • Liken von Einträgen

    Diese Aufstellung zeigt den Stand aus März 2021. Die Firma bietet über die Hompepage (noch) kostenfreie Lizenzen an. Auf eine Registrierung muss man nicht lange warten, so meine Erfahrung und Beobachtung im Netz. Apropos Vernetzung: Die Firma lädt dazu ein, sich an der Weiterentwicklung zu beteiligen. Sie nutzt das Twitternetzwerk (@TaskCards_) für einen fortlaufenden Dialog mit #twlz, #twitterlehrerzimmer. Sie wird von an Updates interessierten Lehrkräften und IT- Profis tatkräftig unterstützt: mit Hinweisen zur Priorisierung und auch mit Codierungsvorschlägen. So hat Armin Hanisch (@DerLinkshaender) jüngst die Firma mit hilfreichen und konkreten Tipps zum Import von Padlets aus der US- Version unterstützt. Damit wird es den Lehrkräften bald möglich sein, die bereits entwickelten und im Unterrichtseinsatz befindlichen Beiträge in die deutsche Variante einzubinden.

    Mittlerweile sind weitere Updates erschienen. Immer in Abstimmung mit der Community. Drei weitere Aspekte zeichnen die Firma aus:

    • Sie kommuniziert völlig transparent ihr geplantes Lizenzierungs- bzw. Businessmodell.
    • Sie kümmert sich um eine Freigabe seitens der Datenschutzbeauftragten der Länder, hier am Beispiel Thüringen.
    • Sie bietet Fortbildungsveranstaltungen an, wie der folgende Tweet ausweist:

    Einer der Fortbildungs„trainer“ (@der_steh) bietet ein Board mit allem Wissenswerten über TaskCards. Eine weitere Informationsquelle ist der Blogbeitrag Alternative zu Padlet? TaskCards – neue digitale Pinnwand (DSGVO-konform) von @HPoelert. Beides wird regelmäßig von den beiden Autoren mit Updates gepflegt. Es lohnt also ein Eintrag in der eigenen Bookmarkliste.

     

    Trotz aller Unkenrufe: Es tut sich etwas im Staate Deutschlands. Und wie so häufig: nicht staatlich gesteuert. Intrinsische Motivation ist die Triebfeder aller Innovator*innen. Einfach beeindruckend, was die oben vorgestellten Kolleginnen und Kollegen in ihrem schulischen Umfeld umgesetzt haben. Und wer einmal eine „revolutionäre“ Schule kennenlernen möchte, dem empfehle ich den Blogbeitrag von Jennifer Gonzales (@cultofpedagogy): Revolution School: When “Reimagining School” Actually Happens. Die gleichnamige – ja, sie heißt tatsächlich Revolution – School verfolgt einen Bildungsansatz mit

    • Lerne in und mit Partnerschaften der Gemeinde
    • Lerne systemisch
    • Lerne individuell
    • Lerne ohne Noten und mit Portfolio

    Innerfachliche Inhalte werden immer in Verbindung mit überfachlichen Fragestellungen vermittelt. Übersetzungen gelingen übrigens im Chrome-Browser mit „rechte Maustaste und auf Deutsch übersetzen” oder via DeepL.com.

    Herzlichen Glückwunsch für die verdienten Auszeichnungen und Würdigungen, wie auch diese im Rahmen meines Blogbeitrags. Schulleitungen und Lehrkräfte sind eingeladen, es ihnen gleichzutun bzw. das eine oder andere auszuprobieren!

    Stay tuned!

     

    Bildnachweis:

    Titelbild: TheDigitalArtist from Pixabay

    Preisträger*innen: @https://lehrerpreis.com/

     

    Footnotes

    1. https://datenschutz.hessen.de/datenschutz/hochschulen-schulen-und-archive/kein-ausreichender-datenschutz-bei-der-nutzung-von