Erst kürzlich, in einem Interview mit Prof.’in Uta Hauck-Thum (@ht_uta)1:
Was Schüler aber brauchen, um zeitgemäße Kompetenzen zu erwerben, ist ein grundsätzlich veränderter Unterricht, begleitet von einer funktionierenden intuitiv gestalteten Plattform.
Und fordert: anders prüfen! Schon während des ersten Lockdowns war das Abitur ein großes Thema. Bob Blume bat z. B. um Beteiligung an einer Umfrage, um ein Stimmungsbild einzufangen:
Mal gucken, ob wir genügend Stimmen für ein größeres Stimmungsbild zum #Durchschnittsabitur bekommen…
Wie seht ihr die Forderung nach einem Durchschnittsabitur? Sollten die Prüfungen abgesagt werden? Gerne mit Kommentar. #twlz #twitterlehrerzimmer
Gerne RT!
— Nᴇᴛᴢʟᴇʜʀᴇʀ (@blume_bob) April 19, 2020
Auch Dejan Mihajlovic (@DejanFreiburg) fordert: Prüfung abschaffen. Mit den folgenden Argumenten2:
- Findet das Vernetzen und Vertiefen von Wissen erst durch die Prüfung statt, stellt sich die Frage, weshalb das nicht bereits davor im Schulalltag geschehen ist, beziehungsweise welches Lernverständnis eigentlich vorliegt. Geht es um banales Auswendiglernen – im schlimmsten Fall herausgelöst aus einem Kontext – oder um persönlich sinnstiftendes Lernen? Wer von Beginn an wirksame und nachhaltige Lernprozesse ermöglicht, benötigt keine Prüfung, um das nachzuholen.
- Wird die Vorbereitung auf die harte Berufswelt als Argument bemüht, scheint noch nicht bekannt zu sein, dass gerade diese zunehmend beklagt, junge Menschen seien nicht ausreichend gut auf sie vorbereitet. Wenn Prüfungen also nicht mal diese Versprechen halten, bleiben große Zweifel, ob sie in ihrer Art und Weise auch noch auf die digitale Transformation in der Arbeitswelt und deren veränderte Anforderungen vorbereiten.
- Wenn Lehrende gefragt werden, weshalb sich der digitale Wandel nicht in ihren Lernsettings abbilde, sie ihren Unterricht nicht öffnen, agile Didaktik verwenden oder Projektarbeit anbieten, werden als Grund häufig „Prüfungen“ genannt. Schließlich mündet alles bei ihnen. Sie bestimmen die Abschlussnoten – und über Erfolg oder Misserfolg im weiteren Leben. Prüfungsformate beeinflussen somit massiv, wie und woraufhin gelernt wird.
- Stünde am Ende keine Prüfung, könnten Lernende und ihre individuellen Lernprozesse in den Mittelpunkt rücken – und nicht die jeweiligen Prüfungsformate. Wie individuelles Lernen mit standardisierten Prüfungsformate zusammenpassen soll, bleibt ohnehin ein Rätsel. Und wie sieht es mit der notwendigen Fehlerkultur aus, die im Rahmen der digitalen Transformation genannt wird? Zum Lernen gehören auch Fehler dazu sowie die Fähigkeit, sie zu erkennen, zu verstehen und zu verbessern. Bei Prüfungen hingegen werden Fehler bestraft und sind „schlecht“.
Von der Theorie zur Praxis
In dem Maße, in dem das Arbeiten in digitalen Lernumgebungen zur Selbstverständlichkeit in schulischen Bildungsprozessen wird, werden sich neue Prüfungsformate bzw. neue Aufgabenformate für Prüfungen entwickeln. Hierzu eine Sketchnote von Anna Lehnhäuser, einer Medienberaterin aus NRW, die das gesamte Spektrum verdeutlicht:
Es gibt eine ganze Reihe von Autorinnen und Autoren, die sich mit dieser Thematik – auch unter der Überschrift Feedbackverfahren – auseinandergesetzt haben:
- Christian Albrecht (@chrisalbrecht01) und Axel Krommer (@mediendidaktik_) führen eine Liste mit anregenden Blogbeiträgen, verbunden mit der Einladung, eigene Ideen beizusteuern
- Nele Hirsch (@ebildungslabor): FEEDBACK IN DER KULTUR DER DIGITALITÄT
- Franzi Teine (@FrauTeine) hat ein Padlet zum Thema Audio-Feedback – Zur lernwirksamen Schüler-/Leistungsrückmeldung erstellt.
- Ruhr- Universität Bochum: Formatives Prüfen. Eindrucksvolle Übersicht, nicht nur für die Hochschullehre!
- Mathias Magdowski (@MMagdowski): Wie kann man pragmatische und effiziente Prüfungen für die Online-Lehre entwickeln? Ein Blick lohnt sich auch für uns Lehrkräfte, da bei hybriden Lernformen immer wieder Prüfungsformate gefordert werden …
Auf meiner Themenseite Feedback setze ich mich u. a. mit einer schulweit unterstützten und mitgetragenen Feedbackkultur auseinander, inkl. einer kuratierten Liste von Methoden. Nicht enthalten ist das von Hauke Pölert (@HPoe) in einem sehr umfangreichen Blogbeitrag vorgestellte Tool Feedback Master, das von zwei Lehrkräften und einem Softwareexperten entwickelt wurde.
Bildnachweis: Prüfungsformate: Anna Lehnhäuser, Medienberaterin NRW via Twitter-Post