Lang, lang ist es her, meine Beteiligung am SiNUS-Projekt. Zur Erinnerung: SINUS (Steigerung der Effizienz des mathematisch-naturwissenschaftlichen Unterrichts) war ein Modellversuchsprogramm für die Sekundarstufe I im mathematisch-naturwissenschaftlichen Bereich, das infolge der Third International Mathematics and Science Study (TIMSS) 1994/96 von der Bund-Länder-Kommission für Bildungsplanung und Forschungsförderung (BLK) initiiert wurde. Ziel des Programms war, die Effizienz des Unterrichts zu steigern.

Die ZEIT schrieb seinerzeit: „Das groß angelegte Programm beweist, dass auch hierzulande möglich ist, was viele den vermeintlich unbeweglichen Deutschen nicht zutrauen: die schnelle Reaktion auf Missstände an Schulen; eine Reform des Unterrichts, des Kerngeschäfts der Lehranstalten; die Mobilisierung der viel gescholtenen Lehrerschaft für Veränderungen – und das alles gar in Zusammenarbeit von Bund und Ländern (Die Zeit, 20/2003)“. Und ein Jahr später: „Realitätsbezogene Aufgaben statt schematischen Rechnens, individuelles Lernen statt Formelpauken im Gleichschritt: Für einen solchen reformierten Mathematikunterricht steht die Abkürzung SINUS (Steigerung der Effizienz des mathematischnaturwissenschaftlichen Unterrichts). Mit einigen hundert Lehrern ist das bundesweite Fortbildungsprogramm gestartet, nach dem Pisa-Schock verzehnfachte sich die Zahl. SINUS zeigt, wie man Unterricht erfolgreich verändert (Die Zeit, 50/2004)“.

Zusammenarbeit ...

Aufgrund der guten Rezeption fand eine mehrmalige Verlängerung durch den sogenannten SINUS-Transfer statt. Für die Primarstufe gab es auch entsprechende Programme, die noch weitergeführt werden.
Bevor ich auf eine neue Initiative eingehe, hat mich ein aktueller Tweet von @joeranDE

angeregt, noch einmal ganz grundsätzlich auf die „Problematik“ Zusammenarbeit einzugehen. Noch einmal deswegen, weil ich mich bereits >>hier mit diesem Thema auseinandergesetzt habe.

Warum sollten Lehrkräfte in einer Schule zusammenarbeiten? Bevor ich auf das individuelle Autonomiebedürfnis eingehe, hier noch einmal meine Werbung für eine Kooperation im (Fach)Kollegium:

  • Ich kann im Kollegium Wissen und Erfahrungen teilen und von ihnen lernen. Dies kann dazu beitragen, die Qualität des Unterrichts zu verbessern und den Schülerinnen und Schülern ein breiteres Spektrum an Lernmöglichkeiten zu bieten.
  • Ich kann Ressourcen wie Lehrmaterialien und Technologien teilen und trage dazu bei, sie kennenzulernen und sie effektiver zu nutzen.
  • Zusammenarbeit hilft bei der Unterrichtsplanung: Es lassen sich Unterrichtspläne entwickeln, die aufeinander abgestimmt sind und verschiedene Lernstile und Interessen berücksichtigt.
  • Zusammenarbeit kann dazu beitragen, sich gegenseitig unterstützen und ermutigen können. Dies kann dazu beitragen, Stress und Burn-out zu reduzieren und das Wohlbefinden der Lehrkräfte zu verbessern. Eine von mir mehrfach als erfolgreich kennengelernte Methode ist die kollegiale Fallberatung
  • Zusammenarbeit kann dazu beitragen, sich über Lehr- und Lernkonzepte auseinanderzusetzen, um damit den Bedürfnissen der Schülerinnen und Schüler besser gerecht werden zu können und ihnen die bestmöglichen Lernmöglichkeiten zu bieten.

Insgesamt ist Zusammenarbeit zwischen Lehrkräften darauf auszurichten, eine positive Lernumgebung zu schaffen und die Schülerinnen und Schüler darin zu unterstützen, ihr volles Potenzial zu entfalten.

So, und nun auf das – auch von mir – häufig in Fortbildungen angetroffene

... individuelle Autonomiebedürfnis

der Lehrkräfte!

Das individuelle Autonomiebedürfnis von Lehrkräften bezieht sich darauf, dass sie in der Lage sein möchten, ihre Arbeit auf eine Weise auszuüben, die ihre persönlichen Werte, Interessen und Fähigkeiten widerspiegelt. Und doch frage ich mich – auch angesichts meiner eigenen Erfahrungen in den USA und im Projekt SiNUS – wie kann ich als Fortbildner, als (Fach)koordinator, als Steuergruppenmitglied, als Schulleiter auf das individuelle Autonomiebedürfnis der Lehrkräfte reagieren? Meine Findings der letzten Jahre bestehen im Wesentlichen in:

  • Respektieren Sie die Meinungen und Ideen der Lehrkräfte: Geben Sie den Lehrkräften die Möglichkeit, ihre Meinungen und Ideen zu äußern, und nehmen Sie diese ernst. Versuchen Sie, gemeinsame Entscheidungen zu treffen, die ihre Interessen und Bedürfnisse berücksichtigen.
  • Ermutigen Sie zur Zusammenarbeit: Ermutigen Sie die Lehrkräfte, zusammenzuarbeiten und Ideen auszutauschen, um eine gemeinsame Vision für die Schule zu entwickeln. Geben Sie ihnen die Freiheit, ihre eigenen Entscheidungen zu treffen und ihre Arbeit auf ihre individuelle Art und Weise auszuführen, solange dies im Einklang mit den Zielen der Schule steht.
  • Unterstützen Sie die Weiterbildung: Bieten Sie den Lehrkräften Möglichkeiten zur Weiterbildung und Entwicklung an, um ihnen zu helfen, ihre Fähigkeiten und Interessen zu erweitern und ihre Arbeit zu verbessern. Stellen Sie sicher, dass die Schulprogramme und -richtlinien die Vielfalt der Lehrkräfte unterstützen und nicht einschränken.
  • Schaffen Sie ein positives Arbeitsumfeld: Schaffen Sie ein positives Arbeitsumfeld, das die Bedürfnisse der Lehrkräfte berücksichtigt. Achten Sie darauf, dass sie über ausreichend Zeit, Ressourcen und Unterstützung verfügen, um ihre Arbeit effektiv zu erledigen, und fördern Sie eine offene Kommunikation und Zusammenarbeit.
  • Vertrauen Sie den Lehrkräften: Vertrauen Sie den Lehrkräften, ihre Arbeit auf ihre individuelle Art und Weise auszuführen, solange dies im Einklang mit den Zielen der Schule steht. Vermeiden Sie es, sie zu sehr zu kontrollieren oder ihnen zu sagen, wie sie ihre Arbeit machen sollen.

Indem Sie das individuelle Autonomiebedürfnis der Lehrkräfte respektieren und unterstützen, können Sie eine positive Arbeitsumgebung schaffen, die dazu beiträgt, die Motivation, Kreativität und Leistung der Lehrkräfte zu steigern. Dies wiederum kann sich positiv auf die Schülerinnen und Schüler auswirken.

(Disclaimer: Teile dieses Abschnitts entstanden mithilfe des KI-Tools ChatGPT. Immer wieder verblüffend, wie nah die von ChatGPT benutzten Daten mit meinem Weltbild übereinstimmen.)

Die abschließenden Hinweise richten sich zwar an die Mathematiklehrkräfte und doch empfehle ich ein Mitlesen auch der fachfremden Lehrkräfte. Denn: Das Projekt SiNUS wurde in Hessen auch auf andere Fächer übertragen (Deutsch, neue Fremdsprachen (E, F), Geschichte). Warum also kann das gerade anlaufende

QuaMath

Programm nicht auch Vorbild für andere Fächer werden?

Das Programm »QuaMath« verbindet bundesländerübergreifend Forschung und Praxis zur Stärkung der mathematischen Bildung in allen Schulstufen von der Primarstufe bis zur Sekundarstufe II in praxisnaher Zusammenarbeit. Die inhaltliche und didaktische Qualität des Unterrichts und die Frage, wie diese gemeinsam mit allen Akteurinnen und Akteuren in den Fortbildungssystemen der Länder durchgängig umgesetzt werden kann, stehen dabei im Mittelpunkt. Wie bei SiNUS ist QuaMath auf die langfristige Unterrichtsentwicklung in Schulteams ausgerichtet. Dabei arbeiten Lehrkräfte in schulinternen, fachbezogen arbeitenden professionellen Lerngemeinschaften (hier: Schulteams) zusammen und werden von qualifizierten Multiplikatorinnen und Multiplikatoren fortgebildet sowie begleitet. Die Fortbildungen finden in Schulnetzwerken im jeweiligen Bundesland statt und ermöglichen einen regelmäßigen fachbezogenen Austausch mit anderen Schulen. Hier ein von den Projektentwicklern produziertes „Einladungs”-Video:

Im Rahmen des von der Kultusministerkonferenz initiierten Programms »QuaMath – Qualität in Mathematikunterricht und Mathematiklehrerfortbildung entwickeln« werden Lehrkräfte gesucht, die sich als Multiplikatorinnen und Multiplikatoren qualifizieren möchten, um im Folgejahr selbst Fortbildungen für andere Lehrkräfte durchzuführen. Die einjährige Basisqualifizierung soll die Teilnehmenden im Hinblick auf fachbezogene Fortbildung und Moderation der Schulnetzwerke sowie zu Beratung und fachbezogenem Unterrichtscoaching der Schulteams qualifizieren. In »QuaMath-Qualifizierungs-Werkstätten« wird ein Austausch über die konkrete Umsetzung und Adaption von Fortbildungsmodulen ermöglicht, während die »QuaMath-Qualifizierungs-Seminare« stärker auf die Vermittlung der grundlegenden Konzepte der Module fokussieren. Die Werkstätten und Seminare finden online statt – mit einem gemeinsamen Auftakt und Abschluss in Präsenz. Für ihre Arbeit erhalten die Multiplizierenden Anrechnungs-/Entlastungsstunden. Die Qualifizierung der Multiplikatorinnen und Multiplikatoren startet mit der »QuaMath-Bundestagung« als Auftaktveranstaltung. Sie findet vom 14. bis 19. September 2023 in Berlin statt.

 

Es lohnt sich in mehrfacher Hinsicht …

Aus meiner SiNUS (Transfer) und KUMN Erfahrung heraus kann und will ich gerne zur Teilnahme motivieren. Als Multiplikator profitierte ich von der ausgewiesenen Expertise der Mathematikdidaktiker*innen und von dem bundes- und landesweiten Netzwerk in Form von vielen Austauschformaten. Das beförderte deutlich meine Bereitschaft, mich viel intensiver mit meinem Unterricht zu beschäftigen. Als Multiplikator und Fortbildner konnte ich diese Erfahrungen weitergeben. Natürlich war ich abhängig von der Bereitschaft des Kollegiums, sich auf mich und letztlich auf etwas Neues, auf Änderungen des eigenen Mindsets einzulassen. Dies um so mehr, als mittlerweile die Heterogenität innerhalb der Lerngruppen überall, also auch in den Gymnasien angekommen ist …

>>> Weitere Informationen

 

Update (9.12.23): Die Multiplikator:innen sind im Einsatz, wie diese beiden Broschüren zeigen:

… Stay tuned …

 

 

Bildnachweis: John Schnobrich @unplash