Die regelmäßigen Leserinnen und Leser meines Blogs sind es ja bereits gewohnt: Ich werbe – wie auch Prof.’in Birgit Eickelmann in deren Publikationen – unermüdlich für professionelle Schulentwicklung. Nicht zuletzt, weil dieser Blog aus meinen drei Praxisbänden entstanden ist mit dem Ziel, Weiter- und Neuentwicklungen bekannt zu machen. So in diesem Beitrag mit der Vorstellung der – das sei schon jetzt gesagt: sehr empfehlenswerten – Filmproduktion Digitalisierung in Schulen. Gleich dazu mehr …

Jahreswechsel werden zu Recht gerne genutzt, um mit einem Rückblick ins neue Jahr zu starten. Wie werden Schülerinnen und Schüler das zurückliegende Jahr beurteilen? Sehen sie sich ausreichend gefördert und in ihren Interessen berücksichtigt? Oder: Mit welchem Stimmungsbild gehen die Lehrkräfte in das neue Jahr. Nele Hirsch hat unter 900 Twitteruserinnen und -usern eine Umfrage durchgeführt. Und u. a. danach gefragt, welche Kompetenzen die Pädagog*innen im neuen Jahr unbedingt haben bzw. entwickelt haben sollten? Im Folgenden das Ergebnis in einer Wortwolke (bei Klick auf das Bild werden Sie auf Neles Bericht geführt)[1]https://ebildungslabor.de/blog/stimmungsbild/:

Und schließlich: Wie stellt sich eine professionelle Schulleitung den herausfordernden Aufgaben angesichts der eigenen Arbeitsüberlastung und auch die des pädagogischen Personals (siehe oben).

Der diesen Artikel einleitende Quote der Bildungsforscherin Prof’in. Birgit Eickelmann gibt die Richtung vor: Die Zukunft der Bildung muss aus der Perspektive der Lernenden betrachtet und gestaltet werden. Nur wie? Und: Wie umgehen mit den in den Eduhashtags zuletzt häufiger anzutreffenden Kommentaren bezüglich eines analogen Roll-Backs?[2]z. B. https://twitter.com/Woe_Real/status/1455472446639910914

    Gute Praxis in Berlin

    In dem folgenden 20-minütigen Film wird mit der Heinz Brandt Schule eine Berliner Schule vorgestellt, die sich auf den Weg gemacht hat, den Unterricht neu zu organisieren. Frau Prof.’in Sliwka (Uni Heidelberg) stellt fünf Bedingungen vor, die Schulen darin unterstützen können, den Unterricht an der heutigen und zukünftigen (Er)Lebenswelt auszurichten.

    1. MEHR ZEIT. Unterricht sollte nicht 45 Minuten dauern, sondern 100  Minuten. Oder die Schule sollte halbe und ganze Projekttage veranstalten.
    2. FLEXIBLE RÄUME. Schulen sollten Klassenzimmer viel flexibler nutzen: Die Klassenzimmertür öffnen, die Korridore der Schule einbeziehen, größere Räume und außerschulische Lernorte nutzen.  
    3. TEAMARBEIT. Lehrer*innen sollten im Team arbeiten. Unterricht zusammen planen und zusammen verantworten, macht den Unterricht besser.
    4. DIGITALE SCHULE. Wir brauchen eine hybride Schule, also eine Mischung aus Lernen vor Ort und digitalen Angeboten.
    5. PRÜFUNGEN VERÄNDERN. Keine Klassenarbeiten mehr, die alle Schüler*innen zu einer bestimmten Zeit, an einem bestimmten Ort gemeinsam schreiben. Stattdessen authentischere Formen von Leistung.

    Besonders bemerkenswert: Was immer wieder gefordert wird (6. (?)): Fehler machen ist erlaubt. Der Film zeigt das an zwei Stellen. Sie werden sie sicher bemerken:


     
     

    Gute Praxis in Neumünster

    Ich habe die Schule in meinem Band 2 näher vorgestellt und einleitend geschrieben[3]Drabe, M. (2020): Schulentwicklung und Medienkonzept. Ein Praxisheft für Schulleitungen und Steuergruppen. Schule in der digitalen Welt. Augsburg.Auer-Verlag. S. 88:

    Die jüngere Entwicklungsgeschichte der Freiherr-vom-Stein-Schule aus Schleswig-Holstein weist zunächst einmal gar nichts zum Kontext „Schule in der digitalen Welt“ auf. Das begann erst nach dem Gewinn des Schulpreises 2016. (…) Im Jahr 2007 wurde in Schleswig-Holstein mit der Einführung der Gemeinschaftsschule das Schulgesetz geändert. Die Freiherr-vom-Stein-Schule nutzte diese Änderung als eine Chance, ihre pädagogische Arbeit zu hinterfragen. Die Zeichen dafür waren günstig: Eine neue Schulart musste konzipiert werden, die Politik sorgte für eine Aufbruchsstimmung, die Schulleitung wurde pensioniert und der Neubau des Gebäudes stand an.

    Zunächst begab sich die Schulleitung auf eine bildungstouristische Reise durch Deutschland. Sie wollte sich direkt vor Ort ein Bild von der Wirksamkeit der dort umgesetzten Konzepte machen und mit den Promotoren ins Gespräch kommen. Besonders eindrucksvoll und zunächst begleitend für die Schul- bzw. Unterrichtsentwicklung war die pädagogische Arbeit in der Bodenseeschule.

    Die Schule hat sich nicht auf den Lorbeeren des Schulpreises ausgeruht. Sie hat den mit der Auszeichnung verbundenen Geldpreis u. a. in den Ausbau der Infrastruktur investiert (Glasfaser). Und besonders bemerkenswert, weil nicht selbstverständlich: Der Wechsel der Initiatorin Maike Schubert (@Makijusaca) zur Winterhuder Reformschule  hat offensichtlich zu keinem Bruch geführt, wie der rund 9-minütige Film beweist:

     
     

    Folgerungen: filmisch und dokumentarisch

    Angesichts der vielen eindrucksvollen Umsetzungen: Wie kann man den Prozess triggern bzw. organisieren? Eine filmische Einleitung:

     

     

    Der Film: Digitalisierung in Schulen befasst sich mit den sich aufdrängenden Fragen: Was braucht es als Schule, um sich auf den Weg zu machen? Wo bleibt dabei die Pädagogik? Wie gelingt es, die klassische Didaktik mit digitalen Medien anzureichern?  Dr. Sarah Henkelmann vom Netzwerk Digitale Bildung, Prof. Dr. Stefan Aufenanger von der Universität Mainz und Prof. Dr. Rudolf Kammerl von der Universität Erlangen-Nürnberg geben nicht nur qualifizierte Antworten, sondern auch viele hilfreiche Tipps und Anregungen. Sie machen damit Mut, die Digitalisierung anzugehen und erfolgreich umzusetzen. Der Film ist in vier Kapiteln strukturiert:

    • Kapitel 1: Konzeption
      • Aufenanger verweist zunächst auf die Führungsrolle der Schulleitung, ohne die nichts ginge. „Sie muss nicht selbst aktiv sein, das kann auch ein Projektteam/ eine Steuergruppe. Sie muss aber hinter dem Projekt stehen.“  Er sieht drei wesentliche Elemente, die es in Beziehung zueinander zu bringen gilt:
        1. Einführung digitaler Medien (also die vom Schulträger bereitgestellte Technik und Infrastruktur),
        2. Pädagogisches Konzept: Klären, ob das (alte) Konzept noch in die Zeit passt. Wie kann man digitale Medien integrieren? Nicht Pädagogik vor Medien, sondern: Pädagogik mit Medien
        3. Organisationsstrukturen: Wie können wir alle mitnehmen? Fortbildung organisieren.
      • Diese Elemente müssen in einer Balance stehen, müssen aufeinander abgestimmt sein, so Aufenangers Plädoyer. Die weiteren Ausführungen befassen sich mit
    • Kapitel 2: Qualifizierung der Lehrkräfte und Schülerinnen und Schüler
    • Kapitel 3: Technische Ausstattung (Endgeräte, WLAN, Bandbreiten, …) und schließt im
    • Kapitel 4 mit Überlegungen zu pädagogische Aspekten.
      • Hier sieht Aufenanger das pädagogische Personal aufgefordert, eine zeitgemäße Bildung mit einem Blick auf die Zukunft zu entwickeln und verbindet seine Überlegungen u. a. mit der Einbindung neuer und externer Lernorte, mit einer Auflösung der Fächerorientierung und: Schülerinnen und Schüler müssen lernen, wie sie Medien nutzen können. Zeitmanagement, Organisation des Dateihandling kann man nicht voraussetzen, so ein Ergebnis aus (seinen) Forschungsvorhaben.

    Dabei wird im Film immer wieder auf einen Wegweiser des Netzwerk Digitale Bildung verwiesen. Er nutzt die Erfahrungen vieler Protagonisten, die sich erfolgreich auf den Weg in die die Digitalisierung der Schulen gemacht haben und stellt dabei eine Datei zur Verfügung, die den Prozess anleiten und begleiten hilft.

     

    Schlussbemerkungen

      Apropos Wegweiser. Es gibt eine Reihe weiterer online angebotener Unterstützungsangebote. So auf meiner Themenseite mit umfangreichem und länderspezifischem Material. Hilfreich darüber hinaus eine Webseite des Forum Bildung Digitalisierung mit einem „Fahrplan“ einer professionellen Prozessbegleitung.

      Ich wünsche Ihnen nun einen guten Start ins Jahr 2022, verbunden mit der Hoffnung, dass die Frusterfahrungen aus der Pandemiezeit nicht dazu führen, sich wieder die alten analogen Zeiten zurückzuwünschen, sondern – im Gegenteil – die Ausstattungsinitiativen pädagogisch genutzt werden. Ich hoffe weiterhin, dass darüber hinaus die Bildungsbehörden mehr inhaltliche und damit gestalterische Verantwortung übernehmen. Ich werde in den nächsten Wochen immer mal wieder Themen zur Weiterentwicklung von Schule aufgreifen und über gute Praxis berichten.

      Alles Gute, viel Erfolg und natürlich: Bleiben Sie gesund!

      Stay tuned …

       

      Bildnachweis: https://twitter.com/ForumBilDig/status/1459165913287172099/photo/1

      2022: Tumisu @Pixabay

       

      References

      References
      1 https://ebildungslabor.de/blog/stimmungsbild/
      2 z. B. https://twitter.com/Woe_Real/status/1455472446639910914
      3 Drabe, M. (2020): Schulentwicklung und Medienkonzept. Ein Praxisheft für Schulleitungen und Steuergruppen. Schule in der digitalen Welt. Augsburg.Auer-Verlag. S. 88