In dieser Woche wird es kreativ. Es geht um multimediale Gestaltungsprinzipien. Wie werden am sinnvollsten Grafiken mit Textbausteinen verbunden? Für eine erste Annäherung an diese Frage wird im Montagsbriefing Richard Meyers kognitive Theorie multimedialen Lernens vorgestellt. Meyer empfiehlt die folgenden fünf Prinzipien1:

  • Modalitätsprinzip: Behaltens- und Transferleistungen werden erhöht, wenn Grafiken und Animationen mit gesprochenen statt geschriebenen Erläuterungen dargeboten werden, da so der visuelle Kanal entlastet und die Information zeitgleich über beide Kanäle aufgenommen wird.
  • Multimediaprinzip: Die Darbietung des Lerninhalts mittels Kombination aus Texten und Bildern verspricht ebenfalls eine bessere Behaltens- und Transferleistung als die rein textuelle Informationspräsentation. Dies gilt vor allem bei Lernenden mit geringem Vorwissen. Wichtig ist, dass das Verbale dem Bildlichen inhaltlich entspricht. Verschiedene Medien ergänzen sich idealerweise bei der Vermittlung des Lerninhalts.
  • Redundanzprinzip: Die audiovisuelle Darstellung von Lerninhalten durch Bild und Ton (z. B. Filme und Animationen) ist effektiver als die Präsentation von Bild, Ton und schriftlichem Text. Ebenso ist die zeitgleiche Darbietung derselben Information durch gesprochenen und geschriebenen Text zu vermeiden.
  • Kontiguitätsprinzip: Bilder, Grafiken, Animationen etc. und erläuternde Texte sollten in größtmöglicher zeitlicher und räumlicher Nähe zueinander zu sehen sein, beispielsweise auf einer Seite auf dem Bildschirm. Ein positiver Effekt ergibt sich allerdings nur, wenn sich visuelle Präsentation und Text ergänzen und die dargestellte visuelle Information nicht selbsterklärend ist.
  • Kohärenzprinzip: Für das Verstehen nicht notwendige Töne, Bilder oder Texte sollten weggelassen werden, damit das Arbeitsgedächtnis nicht überbelastet, der Lernende nicht vom eigentlichen Lerninhalt abgelenkt und der Lernprozess auf diese Weise beeinträchtigt wird.

Zwei (youtube)Videos illustrieren die „Kognitive Theorie multimedialen Lernens“ in unterschiedlicher Kürze:

Die Wochenaufgabe

An die Studierenden: Sucht Euch bitte eine Grafik/ Photo/ Illustration – Text Kombinationen aus realen Lehr- und Lernkontexten aus (Sachunterricht, Naturwissenschaften, Gemeinschaftskunde, Sport, Kunst etc.) aus. Erstellt zwei Demos: Einen Prototypen (bei dem alle Gestaltungsprinzipien vorbildlich angewendet werden) und einen Provotypen (bei dem alle Gestaltungsprinzipien bewusst missachtet werden) – direkt nebeneinander. Da eine Umsetzung eine aufwendige und komplexe Aufgabe ist, organisiert Euch in Kleingruppen, in diesem Fall zu zweit oder zu dritt.

Keine halbe Stunde nach dem Montagsbriefing treffen sich die Lehramt Studierenden im Messengersystem PRONTO. Faszinierend, wie schnell und effektiv die Themen- und Partnerfindung ablief. Um sich dann anschließend in WONDER zu treffen, um die Fragestellung zu vertiefen. Nutzung der Werkzeuge „at its best“—

 Vermutlich fragen sich jetzt einige: Und, wo bleiben die Schulteams? Nun, es gibt bei Medienproduktionen noch eine weitere „Baustelle“: Das Urheberrechtsgesetz nach § 60a. Die Seminarleiterin Joana Kompa hat eine Reihe von Materialien bereitgestellt, die eine erste Orientierung ermöglichen. Auch hier zwei Videos zu diesem Thema:

Aufgabe für die Schulteams:

  1. Stellt bitte dar, wie Euer Medienmanagement digitaler Lehr- und Lernmaterialien bisher stattfand (Istzustand) und identifiziert dessen Problematik.
  2. Entwickelt Ideen, wie ein Bildungsmedien-Management im Idealfall aussehen könnte (Sollzustand) und welche Gelingensbedingungen dafür erfüllt werden müssen.

Ein ergänzender Auftrag an die Lehramt Studierenden ist die Kennzeichnung ihrer „Produkte“ mit einer cc- Lizenz.

Im CANVAS- Forum werden die Beiträge zur Diskussion gestellt und einem Peer Review– Verfahren analysiert: Beide Gruppen kommentieren und stellen sich wechselseitig Fragen zum Produktions- und Gestaltungsprozess bzw. zu Aspekten zum Bildungsmedien- Management.

 

Reflexion

Eines vorneweg: Die Aufgabe hat den Studierenden offensichtlich sehr viel Spaß bereitet. Es sind Beispiele entstanden, die die Prinzipien im Prototypen gut umgesetzt zeigen wie im Provotypbereich eben genau gegenteilig.

Die wahre Herausforderung bestand in beiden Gruppen in der Umsetzung und Anwendung des Urheberrechtsgesetzes. Das ist auch der Grund, warum (noch) keine Zwischenergebnisse gezeigt werden können (Abgabe des endgültigen Produkts ist immer in der Folgewoche): Zu unklar, ob lizenzfreie Bilder eingesetzt wurden und ob zurecht kein Quellennachweis geführt wurde. Hier zeigt sich für mich, dass die Studierenden in ihrem Schulleben der Umgang mit Quellen offensichtlich zu selten „beigebracht“ wurde.

Apropos Schulteams: Sie melden zurück, dass sich für sie der Umgang mit den Lizenzen eher (ver)kompliziert habe. Kritisch merken sie an, dass sie es sich vielleicht bisher zu leicht gemacht hätten. Der Umgang mit OER sei ein schwieriges Unterfangen, zumal die cc0- Lizenz ja „wohl doch kein Freibrief sei“.  Daher kann auch niemanden verwundern, dass sie – und das war auch eine Rückmeldung – „lieber Materialien von den Schulbuchverlagen“ einsetzen würden. Man müsse sich lediglich rückversichern, ob die Nutzungslizenz auch vorläge.

Weitere wichtige Lernerfahrung:

  • Die Studierenden haben durch die Rückmeldungen der Schulteams erfahren, dass ein „gutes“ Arbeitsblatt unterschiedliche Lernertypen berücksichtigen sollte. Wie umgekehrt die Schulteams genau aus diesem Grund
  • Respekt vor der Arbeit der Schulbuchautoren entwickelt haben. Nicht nur bezüglich der Meyer- Prinzipien, sondern auch bezüglich Bild- und Tonnutzung und deren Rechtehandling.

Befragt nach zukünftigen Präferenzen wurde dann per Mentimeter rückgemeldet:

       

Was wären Lösungen und Best Practices zur Bereitstellung digitaler Lehr- und Lernmaterialien? Am häufigsten wurden genannt:

  • Fortbildungen im Themengebiet
  • Bereitstellung von bearbeitbaren Material (z. B. im Wordformat) in einer (OER)Cloud
  • Vereinfachung der Nutzungsrechte, z. B. durch die Möglichkeit, in einen (Urheber)Fond einzuzahlen mit dem Ziel, ein generelles Nutzungsrecht eingeräumt zu erhalten.

Woche 5: Rückblick und Bewertung der ersten Wochen

Nun stand die Reflexion des ersten Monats an. Uns interessierte, wie wissenschaftliche Theorie und organisationale Modelle als Best Practice in die Praxis umgesetzt werden können. Das Ziel ist, gemeinsam einen Leitfaden zu Qualitätsentwicklung hybriden Unterrichts zu erstellen. Eine vom Planungsteam erstelltes Reflexionsdokument wurde bereitgestellt und konnte von Schulteams wie Studierenden kollaborativ in Gruppenarbeit bearbeitet werden. Das Planungsteam hat darüber hinaus zusätzliche Sprechstunden und Beratungstermine angeboten. Studierende erhielten ein erstes Feedback zu den Wochen 1-4.

Stellvertretend hier die sehr eindrucksvolle Rückmeldung der BBS Buchholz. Sie kann m. E. von jeder Schule genutzt werden. Die Schule/ das Team hat bereits zur Laufzeit dieses Seminars (u. a.) die folgenden Vereinbarungen getroffen (hier ist zu erwähnen, dass die Schulleiterin im letzten Jahr einen IT-Administrator eingestellt hat, der nicht aus Lehrkräftestunden (quer)finanziert wird!! ):

  • Onboarding
    • Einführung in die Kommunikations- und Lernplattform MS Teams mithilfe eines Leitfadens für Schülerinnen und Schüler (praktische Übungen: Chat, Aufgaben)
    • Berücksichtigung des Onboardings in der Einführungsphase/im schulischen Curriculum
    • Schulung der neu hinzustoßenden Kolleginnen und Kollegen durch Digi-Werkstätten und Leitfaden
    • Kriterien für Lernmittelausleihe von Leihgeräten
  • Fortbildungsplanung
    • Durchführung DigCompEdu
    • Identifizierung des Fortbildungsbedarfs der Lehrkräfte
    • Entwicklung eines digitalen Fortbildungskonzeptes in Absprache und Unterstützung mit dem Medienkompetenzzentrum LK Harburg und/oder dem NLQ.

 

Schlussbemerkung

Die abschließende einwöchige Reflexionsphase hat individuell unterschiedlich viele (Nach)Denkprozesse ausgelöst, wie die folgenden Rückmeldungen der Seminarteilnehmerinnen und -teilnehmer zu ihrem Lernfortschritt zeigen (Klick auf die Bilder): 

           

Die synchron (BBB, WONDER) wie asynchron (CANVAS) geführten Diskussionen mit den Schulteams machten den Lehramt Studierenden offensichtlich Mut, ihre Wünsche und Vorstellungen nicht mit ihren Schulerinnerungen abzugleichen und bereits jetzt – im Studium – zu beginnen, ihre Ideen umzusetzen. Die Entwicklung eines Proto- und Provotyps war der erste Aufschlag und eine gute Gelegenheit, sich in der Teamarbeit kennenzulernen. Im Seminar wird es noch weitere Gelegenheiten geben…

 … Stay tuned …

Bildnachweis: Oberholster Venita @Pixabay

Footnotes

  1. https://www.mebis.bayern.de/infoportal/empfehlung/lerntheoretische-grundlagen-multimedialer-lernszenarien/#sec4/