Evaluation (3): Small Data

Im Gegensatz zu “Big Data” (vgl. Teil 2 meiner Reihe), das große Mengen an Daten analysiert, konzentriert sich „Small Data“ auf die Feinheiten und individuellen Unterschiede, um personalisierte Bildungsstrategien zu entwickeln und gezielte Unterstützung zu bieten. Schulinterne Befragungen können und sollen die Ergebnisse dieser Studien einbeziehen. Evaluation ermöglicht, die Sichtweisen der Beteiligten und Betroffenen einzuholen und auf dieser differenzierten Grundlage tragfähige, breit abgestützte Entscheide zu fällen. Durch Evaluationsvorhaben können Schülerinnen und Schüler sowie Erziehungsberechtigte in die Gestaltung und Entwicklung der Schule einbezogen werden. Grundlage für die Entscheidung über Entwicklungsschwerpunkte sind dann nicht nur die Sichtweisen innerhalb des Kollegiums, sondern auch regelmäßige Rückmeldungen von Kindern, Jugendlichen oder Erziehungsberechtigten über deren Sicht auf schulische Abläufe. Evaluation wäre in diesem Sinne auch als Beitrag zur Demokratisierung der Schule zu verstehen.

Hervorzuheben ist in Deutschland die Initiative der Robert Bosch Stiftung „Von Daten zu Taten“ zur Unterstützung von Schulen bei der Einführung datengestützter Prozesse. Best-Practice-Beispiele zeigen, wie Schulen trotz knapper Zeitressourcen erfolgreich mit Daten arbeiten können. Aussagen aus diesen Initiativen weisen darauf hin, dass

  • gut erhobene und analysierte Daten helfen, ineffektive Maßnahmen zu vermeiden. Dadurch können langfristig Zeit, Ressourcen und Energie eingespart werden.
  • Datengestützte Entscheidungen führen zu gezielten Verbesserungen der Unterrichtsqualität, der Schülerleistungen und der Arbeitszufriedenheit der Lehrkräfte. Es wird ein positiveres Lern- und Arbeitsumfeld geschaffen, von dem alle profitieren.
  • Die aktive Nutzung von Daten stärkt die Eigenverantwortung und Professionalität der Schulgemeinschaft. Lehrkräfte und Schulleitungen gewinnen durch datengestützte Ansätze an Handlungskompetenz und Entscheidungsfreiheit.
  • Erfolgreiche datengestützte Maßnahmen können das Ansehen einer Schule in der Öffentlichkeit stärken. Schulleitungen und Lehrkräfte werden für ihre Bemühungen sichtbarer gewürdigt.
  • Die Arbeit mit Daten fördert den Teamgeist. Dies stärkt den Austausch und die Zusammenarbeit im Kollegium und fördert eine Kultur der gemeinsamen Problemlösung.

HRS - Online

Lassen Sie mich von meiner früheren Arbeit berichten. Ausgebildet (aufwändig über mehrere Monate, inkl. Abschlussprüfung und Zertifikat) zunächst zu Schulinspektoren, später zu Schulberatern, haben wir die Arbeit zur Sicherung und Weiterentwicklung der Qualität von Schule und Lehr-Lernprozessen mit guter Praxis begleitet. Im Zentrum unserer Arbeit stand und steht der Hessische Referenzrahmen Schulqualität. Zum Aufbau und zur Pflege einer Qualitätskultur werden Feedback- und Reflexionsverfahren eingesetzt. Bestandsaufnahmen sichern den Überblick über den aktuellen Qualitätsstand. Evaluation ist verbunden mit einer planvollen Datenerhebung und Datenaufbereitung für Evaluationszwecke [1]https://lehrkraefteakademie.hessen.de/sites/lehrkraefteakademie.hessen.de/files/Hessischer%20Referenzrahmen%20Schulqualitaet-HRS.pdf, S. 24.

Gute Evaluationen folgen transparenten Schritten, die Vertrauen und Verlässlichkeit für die Beteiligten schaffen. Wer eine Evaluation plant und durchführt, kann sich am nebenstehenden Schaubild orientieren. Kleine Schritte und unterschiedliche Zugänge sind möglich, der Einsatz auch einfacher Evaluationsformen ist realistisch: Mit all dem kann langfristig eine tragfähige Evaluationskultur in der Schule aufgebaut werden.

Hier einige aktuelle Beispiele aus meiner (ehemaligen) Abteilung.

 

  • Bestandsaufnahme

Zur Bestimmung der Qualität wertet die Schule bereits erhobene, vorhandene und aufbereitete Daten aus. Entsprechende Expertise wird an der Schule aufgebaut. Die Bestandsaufnahme berücksichtigt weite Teile des schulischen Handelns. Aus der Analyse zieht die Schule Konsequenzen in Form von Beschlüssen und Entwicklungsprojekten. Vorab besteht eine Verständigung über den schulinternen Prozess der Auswertung, um von Daten zu Beschlüssen zu
gelangen. Die Partizipation aller an Schule Beteiligten erhöht die Akzeptanz und die Identifikation mit dem abgeleiteten Handlungsbedarf.

    • Zur Qualitätssicherung und -entwicklung führt die Schule Evaluationen durch.

    Mithilfe der internen Evaluation bewertet die Schule den Erfolg und die Wirksamkeit der schulischen Arbeit. Durch planvolle Datenerhebung und -aufbereitung liefert sie sich Entscheidungsgrundlagen (zum Beispiel über die Fortführung von Maßnahmen). Vor der Evaluation bestimmt die Schule den Evaluationsgegenstand, die Ziele und die Anhaltspunkte. Bei internen Evaluationen beauftragt die Schulgemeinde ein internes Evaluationsteam, bestehend aus passenden Mitgliedern der Schulgemeinde, damit die Unabhängigkeit der Durchführung und der Ergebnisse möglichst weit gewahrt bleibt. Evaluationen werden für die Bewertung von Ergebnissen als auch zur Prozessbewertung genutzt.

      Materialien mit Hinweisen

      • zur Vorbereitung
      • zur Durchführung der Bestandsaufnahme
      • zur Auswertung der Ergebnisse
      • zur Zielsetzung für die schulische Weiterentwicklung

      Materialien mit Hinweisen

      • zur Vorbereitung
      • zur Durchführung der Evaluation
      • zur Auswertung der Ergebnisse
      • zur Zielsetzung für die schulische Weiterentwicklung
      • Entwicklungsprojekte (Themenfeldevaluation)

      Entwicklungsprojekte sind ein zentrales Element der gemeinsamen Schulentwicklung. Durch die Berücksichtigung des Qualitätszyklus wird ihre bewusste Steuerung erleichtert. Sie werden mit ihren konkreten Zielsetzungen und
      Wirkungserwartungen für die schulische Praxis umrissen. Eine darauf fußende Planung legt entscheidende Verantwortlichkeiten, Umsetzungsschritte, Maßnahmen, Zeitpunkte sowie die dazugehörigen Evaluationen fest.

      • Bilanzierung und Reflexion (z. B. Fokusevaluation)

      Bilanzierungen und Reflexionen werden zur Begleitung schulischer Prozesse eingesetzt. Bilanzierung als kaum aufwendiges, mündliches Verfahren zur Sammlung von guten und bedenkenswerten Aspekten trägt dazu bei, erste bewertende Eindrücke zu gewinnen. Reflexionen orientieren sich an bewusst ausgewählten Anhaltspunkten, Strukturierungshilfen oder Kriterien. Beide Vorgehensweisen dienen der Zusammenführung von Meinungen und Wahrnehmungen, um die Verbesserung der Praxis der Schule und der Lehr-Lernprozesse anzuregen.

        Materialien mit Hinweisen

        • zur Vorbereitung
        • zur konkreten schulischen Arbeit an Themenfeldern
        • zur Auswertung der Arbeit
        • zur Zielsetzung für die schulische Weiterentwicklung

        Lernen in Präsenz und auf Distanz bedarf einer angepassten Organisation des schulischen Betriebs und der Lehr-Lernprozessen. Um sich dieser Aufgabe gezielt widmen zu können, ist das Fokusheft Schule entstanden, das auf der Grundlage des Hessischen Referenzrahmens Schulqualität eine spezifische Priorisierung einzelner Kriterien und spezifisch-ergänzende Anhaltspunkte enthält.

         

        Individuelle Evaluation von Unterricht

        Einer der wichtigsten Bausteine einer erfolgreichen Unterrichtskultur ist das Feedbackgespräch. Vor allem für Schülerinnen und Schüler ist eine angemessene Feedbackkultur von großer Bedeutung, zumal diese Generation damit aufwächst. Viele Lehrkräfte scheuen sich vor solchen Gesprächen, mit der ständigen Angst im Hinterkopf, kritisiert zu werden.

        Auch hier wieder ein Erfahrungsbericht aus meiner aktiven Unterrichtszeit.

        In dem von mir schon häufig herangezogenen Mathematikprojekt SINUS (Bund-Länder-Modellversuch zur „substanziellen und nachhaltigen Verbesserung der Qualität des Mathematikunterrichts“, 2003-2007) wurde den teilnehmenden Lehrkräften durch die Universität Kassel eine Befragung angeboten, um den Schülerinnen und Schülern eine Rückmeldung zum eigenen Unterricht zu geben. Die Fragen wurden – entsprechend aufbereitet – auch den Lehrkräften vorgelegt. Somit kam es zu einer Gegenüberstellung der Selbsteinschätzung der Lehrkraft und den Rückmeldungen durch die Schülerinnen und Schüler.
        Auch ich nutzte diese Befragung: Ich gebe zu, mich haben die Ergebnisse seinerzeit sehr überrascht. Teilweise lagen meine Einschätzungen, vor allem zum binnendifferenzierenden Angebot, weit auseinander. Ich musste dann eine Entscheidung treffen: Stelle ich mich den – fürwahr nicht sehr positiven Rückmeldungen der Schülerinnen und Schüler – oder „husche ich darüber hinweg“? Ich entschied mich, das Gespräch mit den Schülerinnen und Schülern zu suchen. Dabei stellte ich fest, dass es ihnen – entgegen meinen Erwartungen – gar nicht darum ging, mich an den Pranger zu stellen, sondern im Gegenteil dazu beizutragen, dass sich der Unterricht für sie verbesserte. Es kam zu sehr konstruktiven Vorschlägen der Schülerschaft und zur Vereinbarung, sich regelmäßig über die Qualität des Unterrichts auszutauschen. Ich führte dann die Befragung zur Unterrichtsqualität immer zeitgleich zur Bekanntgabe der mündlichen Noten ein. Das garantierte beiden Seiten eine wünschenswerte Regelmäßigkeit: Die Schülerinnen und Schüler wurden nach den Klassenarbeiten / Klausuren über meine Einschätzungen zum mündlichen Unterricht informiert, ich als Lehrer über den Unterricht der letzten Wochen.

        Ich würde die Fragen allerdings auf die heutigen Entwicklungen anpassen und auch das Antwortspektrum auf 1: “trifft gar nicht zu” 2: “trifft kaum zu” 3: “trifft häufig zu” 4: “trifft vollständig zu” beschränken.

        Diese Themenseite vertieft den Einstieg in das Thema Feedback und stellt entsprechende Instrumente (analog und digital) vor. Oder Sie nutzen, wie bereits in einem anderen Zusammenhang (Startchancen-Programm) im zweiten Teil empfohlen, das Feedback-Tool des IBBW.

        Oder Sie orientieren sich an diesen beiden Tabellen, die Ihnen einen schnellen Überblick verschaffen:

        Häufig werden die beiden Begriffe Feedback und Evaluation synonym benutzt, obwohl einige grundlegende Unterschiede bestehen, wie die folgende, auf einer Fortbildung vorgestellten Gegenüberstellung zeigt:

         

         

        Kollegiale Evaluation von Unterricht

        Ein lernendes Schulsystem lebt von der Zusammenarbeit. Gerade in Zeiten steigender Anforderungen und wachsender Heterogenität in den Klassenzimmern wird deutlich: Die Qualität des Unterrichts steigt, wenn Lehrkräfte nicht isoliert arbeiten, sondern gemeinsam reflektieren und ihre Praxis weiterentwickeln. Kooperative Professionalität bedeutet, den Blick für das große Ganze zu schärfen und die Stärken eines Teams zu nutzen, um Schülerinnen und Schüler gezielt zu fördern.

        Doch wie lässt sich eine solche Kultur der Zusammenarbeit konkret gestalten? Die Antwort liegt in der Nutzung effektiver Instrumente, die Lehrkräfte dabei unterstützen, die Perspektive der Lernenden einzunehmen und gemeinsam an Unterrichts- und Schulentwicklung zu arbeiten. Lesson Study, Spirals of Inquiry, Unterrichtshospitationen und Rating-Konferenzen sind nur einige Beispiele für Ansätze, die eine datenbasierte, dialogorientierte und mehrperspektivische Arbeit fördern.

        In diesem Beitrag zeige ich, wie diese Methoden dazu beitragen können, die individuelle und kollektive Wirksamkeit von Lehrkräften zu stärken, neue Handlungsmuster zu etablieren und die Qualität von Unterricht und Lernprozessen nachhaltig zu verbessern. Dabei geht es um mehr als die technische Anwendung einzelner Werkzeuge: Es geht darum, gemeinsam eine neue, zukunftsgerichtete Schul(system)kultur zu schaffen, die alle Beteiligten – Lehrkräfte, Lernende und Führungskräfte – aktiv einbindet.

        Lesson Study

        Lesson Study stammt ursprünglich aus Japan und ist dort seit über einem Jahrhundert fest im Schulsystem verankert. Zu Beginn des 21. Jahrhunderts wurden Forschende aus aller Welt auf die Methode und ihr Potenzial aufmerksam. Dies ist vor allem auf die Ergebnisse der ersten TIMSS-Studie (Trends in International Mathematics and Science Study, 1995) zurückzuführen, in denen japanische Schülerinnen und Schüler im Fach Mathematik überdurchschnittlich gut abschnitten. Diese Ergebnisse wurden unter anderem auf eine kontinuierliche und gemeinsame Unterrichtsentwicklung zurückgeführt, die in Japan üblich ist.

        Lesson Study ist eine Form der kooperativen Unterrichtsentwicklung, bei der ein Team aus ca. drei bis sechs Lehrpersonen vier zentrale Phasen durchläuft. Damit lebt Lesson Study vom kollegialen Austausch und der Kooperation von Lehrpersonen und bietet so einen Rahmen für die gemeinsame Bewältigung von Herausforderungen und die stetige Weiterentwicklung der eigenen Praxis. Besonders dann, wenn Lesson Study nachhaltig in die Strukturen des Schulalltags integriert wird, kann ein Kollegium durch Lesson Study langfristige Ziele der Schulentwicklung gemeinsam verfolgen und im Unterricht umsetzen.

        Zwei Links dazu:

        Pädagogische Fachhochschule Nordwestschweiz

        Uni Potsdam

        Spirals of Inquiry

        „Spirals of Inquiry” ist ein innovativer Ansatz zur Verbesserung des Lernens und Lehrens in Schulen. Entwickelt von den Forscherinnen Judy Halbert und Linda Kaser, basiert es auf einem zyklischen Prozess, der Lehrer dazu ermutigt, sich mit den Herausforderungen ihrer Schüler auseinanderzusetzen und darauf basierend Maßnahmen zu ergreifen. Die Methode stellt das Lernen und die Bedürfnisse der Schüler in den Mittelpunkt, die Lehrkräfte arbeiten gemeinsam und teilen ihre Erkenntnisse.

        Der Prozess umfasst sechs Hauptschritte:[2]The spiral of inquiry / Evidence-based leadership / Pedagogy and assessment / Home – Educational Leaders

        1. Scanning: Beobachtung und Analyse der aktuellen Situation der Lernenden.
        2. Focusing: Identifizierung der Bereiche, in denen gezielte Maßnahmen den größten Unterschied machen können.
        3. Developing a Hunch: Entwicklung von Hypothesen darüber, wie die aktuelle Situation entstanden ist und wie sie verbessert werden kann.
        4. New Learning: Erlernen neuer Methoden und Ansätze, die auf die identifizierten Bedürfnisse der Lernenden abgestimmt sind.
        5. Taking Action: Umsetzung der neuen Ansätze im Unterricht.
        6. Checking: Überprüfung, ob die ergriffenen Maßnahmen den gewünschten Unterschied gemacht haben, und gegebenenfalls erneutes Durchlaufen des Zyklus

        Entscheidungen basieren auf systematischen Beobachtungen und Erhebungen. Die Phasen werden wiederholt, um kontinuierliche Verbesserung sicherzustellen. Die Spiralen lassen sich an unterschiedliche Kontexte und Schulen anpassen. „Spirals of Inquiry“ ist ein vornehmlich in Kanada eingesetztes wirkungsvolles Instrument, um datenbasierte Schul- und Unterrichtsentwicklung zu fördern. Es verbindet Reflexion, Innovation und gezielte Praxis, um nachhaltige Verbesserungen im Bildungssystem zu erreichen. 

        Ratingkonferenz

        Die Ratingkonferenz ist ein datengestütztes Evaluationsverfahren, bei welchem die qualitativen und quantitativen Aspekte der Evaluation und deren Vorzüge miteinander verbunden werden. Das Verfahren basiert im Wesentlichen auf zwei sich ergänzenden Prozesselementen:

        • der individuellen Einschätzung (dem «Rating») von vorgegebenen Aussagen zum jeweiligen Evaluationsthema / -gegenstand (quantitatives/geschlossenes Element),
        • der unmittelbar anschließenden, gemeinsam mit den Befragten vorgenommenen Auswertung und Interpretation der erhobenen Daten (qualitatives/offenes Element).

        Die Aussagen (Items), die den Teilnehmerinnen und Teilnehmern zu Beginn der Ratingkonferenz zur individuellen Einschätzung vorgelegt werden, bilden die Basis des Verfahrens: Hier entstehen die Daten, auf die im Verlauf des diskursiven Auseinander-setzungsprozesses Bezug genommen wird. Ein idealer Umfang liegt bei etwa einem Dutzend Items. Auf keinen Fall sollte das Ratinginstrument mehr als zwanzig Items umfassen, denn zu viele Items bringen die Gefahr einer zu oberflächlichen qualitativen Interpretation mit sich. Die Items sollten so ausgewählt beziehungsweise formuliert sein, dass sie die wichtigsten Aspekte ansprechen, zu denen die Erfahrungen und Meinungen der Schülerinnen und Schüler gefragt sind. Für die Formulierung der Items sind grundsätzlich dieselben Hinweise zu beachten, die für die Gestaltung von  Fragebogen gelten: Es braucht einfache, gut verständliche, präzise, neutrale (nicht suggestive) und eindimensionale Formulierungen. Für die Einschätzung der Items sollte eine mindestens vierstufige Skala vorgegeben werden – beispielsweise mit der folgenden Abstufung: 1 = trifft nicht zu; 2 = trifft teilweise zu; 3 = trifft überwiegend zu; 4 = trifft vollständig zu-

        Entnommen aus:
        Lehrevaluation als Anstoss zur Unterrichtsentwicklung, der Beitrag von Norbert Landwehr

        Aus meiner Berufspraxis hier ein Beispiel aus einer externen Evaluation zum Ganztagsangebot einer Schule. Unter anderem wurde die Ratingkonferenz als Methode gewählt, um qualitativ mit Eltern und Lehrkräften ins Gespräch zu kommen. Hier die beiden Ablaufprogramme:

        Unterrichtshospitation

         

        In der Lehrerfort­bildung geht es ja oft darum, die alten Muster zu verändern. Zeit­gemäße Pädagogik ist ganz anders, als es die Lehr­kräfte noch vor 30 Jahren gelernt haben. Wie gelingt es, die erfahrenen Lehr­kräfte dafür zu öffnen? Prof.’in Stern (ETH Zürich):[3]https://deutsches-schulportal.de/bildungswesen/forschung-warum-erwachsene-beim-lernen-auf-die-bremse-treten/

        Jeder, der in der Lehrer­fortbildung gearbeitet hat, kennt diese zwei Sätze: „Das mach ich doch schon lange so“ und „Mit meiner Klasse geht das nicht“. Die erfahrenen Lehr­kräfte wollen in der Regel an ihrem erprobten Modell festhalten. Das ist eine ziemlich normale Reaktion. Ein Umdenken erreicht man meist dann, wenn ein Kollege oder eine Kollegin in der eigenen Klasse vormacht, dass ein anderer Unterricht tatsächlich besser funktioniert. Wenn man sich den Unterricht vor Ort genau ansieht und dann ganz konkret aufzeigt, wo man zum Beispiel Aufgaben­stellungen optimieren kann, dann nehmen das auch die erfahrenen Lehrkräfte gern an. Das passiert in der Schweiz viel über Unterrichtsbeobachtung. Ich selbst sitze als Mitglied einer Schul­kommission oft in der Klasse und schaue mir die Kinder genau an. Ich würde mir nicht zutrauen, besser zu unterrichten. Die Expertise dafür liegt klar bei der Lehr­kraft. Aber ich kann die einzelnen Kinder besser im Blick haben. Anschließend kann ich der Lehrerin oder dem Lehrer zurück­melden, welche Aufgaben­stellung gut funktioniert oder bei welchem Kind man vielleicht eine veränderte Aufgaben­stellung ausprobieren sollte. Wichtig ist es, den Verständnis­prozess bei den Kindern immer wieder zu überprüfen und den Unterricht anzupassen.

        Lehrkräfte geben ihr Wissen, ihre Erfahrungen und Planungen zur gegenseitigen Bereicherung weiter. Sie stärken damit die Verständigung und den Austausch. Gemeinsame Lehrprozessplanungen leisten einen Beitrag zur Sicherung der Unterrichtsqualität und entlasten die einzelnen Lehrkräfte, etwa durch Verabredung einer kollegialen Hospitation.

        Kollegiale Unterrichtshospitationen mit anschließendem Feedback gelten als sehr wirksame Methode, den eigenen Unterricht zu reflektieren und zur Professionalisierung der Lehrkräfte beizutragen. Laut Kempfert & Ludwig bringen sie folgende Vorteile:[4]Kempfert, G./Ludwig, M.: Kollegiale Unterrichtsbesuche. Besser unterrichten durch Kollegen-Feedback. Beltz Verlag. Weinheim und Basel. 2. Aufl. 2010. S. 24

        • Der Unterricht wird gemeinsam untersucht, erforscht, reflektiert und verbessert.
        • Die Beobachtungsschwerpunkte werden von den Lehrkräften ausgehandelt, sie orientieren sich an pädagogischen Werten.
        • Ein Austausch zwischen Lehrerinnen und Lehrern kommt in Gang, der nicht nur die Qualität ihrer Arbeit verbessern, sondern auch die kollegiale Beziehung vertiefen und den Teamgedanken fördern kann.
        • Beobachtungen sind Grundlage des kollegialen Gesprächs: Es wird nicht nur über Unterricht geredet – wie in der Supervision – sondern das Gespräch orientiert sich an Beobachtungsdaten.
        • Die Lehrperson kann ihre Eigenperspektive mit einer Fremdperspektive vergleichen und bekommt die Chance, blinde Flecken in ihrer Arbeit zu entdecken.
        • Neuerungen werden im Unterricht umgesetzt, systematisch erprobt und reflektiert
          Lehrpersonen entwickeln ihre eigene Professionalität wie auch ihre eigene Didaktik weiter.

        Für ein Selbststudium hier einige Empfehlungen:

        • HOSPITATION UND FEEDBACK, Material zur Anregung von Schulentwicklung vom Deutschen Zentrum für Lehrerbildung Mathematik
        • Reichelt/Wenge: Unterrichtsbesuche, Hospitationen und Lehrproben. Das Buch bietet Leitfäden und Checklisten zu unterschiedlichen Unterrichtssituationen an, aus Sicht der Ausbildung (1. und 2. Phase) und Lehrerpraxis (3. Phase). Für einen wirksamen Unterricht sind maßgeblich Tiefenstrukturen in den Blick zu nehmen. Aktuelle Forschungsergebnisse finden sich in:
        • Kognitiv aktivieren. Das Pädagogikheft wartet mit vielen Beispielen aus der Unterrichtspraxis auf. Vieles davon sollte Thema bei einer Unterrichtshospitation sein.
        • Eine Taskcard, die gegenseitige Besuche der Kolleg*innen untereinander vorbereiten hilft (von Margarete Giessmann, @margaretegiessmann@bildung.social)

        Und hier noch ein Gastbeitrag von Prof. G. Buhren: Gute Schule dank positiver Feedbackkultur

        Sollte die Schulleitung im Unterricht des Kollegiums hospitieren? Ja! Denn von einer positiven Feedbackkultur zwischen Leitung und Kollegium profitieren alle. Dafür ist Transparenz nötig – und Gegenseitigkeit.

        Zusammenfassung

        Ein kontinuierlicher, datengetriebener individueller Verbesserungsprozess bedeutet, dass Lehrkräfte regelmäßig Daten sammeln und analysieren, um ihre Unterrichtsmethoden und -strategien zu verbessern. Hier weitere Beispiele für die Art von Daten, die erhoben werden können:

        1. Schülerleistungen: Ergebnisse von Tests, Prüfungen und anderen Bewertungsinstrumenten.
        2. Beobachtungen: Notizen und Aufzeichnungen von Lehrern über das Verhalten und die Interaktionen der Schüler im Unterricht.
        3. Feedback der Schüler: Rückmeldungen der Schüler zu ihrem eigenen Lernprozess und zu den Unterrichtsmethoden.
        4. Elternfeedback: Rückmeldungen der Eltern über die Fortschritte und Herausforderungen ihrer Kinder.
        5. Teilnahme und Engagement: Daten zur Anwesenheit, Teilnahme und zum Engagement der Schüler im Unterricht.
        6. Lernfortschritte: Vergleich von Anfangs- und Endständen der Schülerleistungen, um den Fortschritt zu messen.

        Diese Daten werden dann analysiert, um Muster und Trends zu erkennen, die auf Bereiche hinweisen, in denen Verbesserungen notwendig sind. Basierend auf diesen Erkenntnissen können Lehrkräfte gezielte Maßnahmen ergreifen, um den Unterricht anzupassen und zu optimieren. Der Prozess ist zyklisch, was bedeutet, dass nach der Umsetzung der Maßnahmen erneut Daten gesammelt und analysiert werden, um die Wirksamkeit der Änderungen zu überprüfen und gegebenenfalls weitere Anpassungen vorzunehmen.

        Ratingkonferenzen wie auch Unterrichtshospitationen eigenen sich sowohl für einen individuellen wie kooperativen Einsatz. 

        “Spirals of Inquiry” als auch “Lesson Study” dagegen sind Ansätze zur Verbesserung des Unterrichts durch kollaborative und reflektierende Praktiken, aber sie unterscheiden sich in ihrem Fokus und ihrer Methodik.

        Spirals of Inquiry:

        • Zyklischer Prozess: Besteht aus sechs Schritten (Erfassen, Fokussieren, Vermutung entwickeln, Neues Lernen, Handeln, Überprüfen)
        • Fokus auf kontinuierliches Lernen: Lehrer reflektieren regelmäßig ihre Praxis und passen sie an die Bedürfnisse der Schüler an.
        • Datengetriebene Entscheidungen: Entscheidungen basieren auf Beobachtungen und Analysen der Lernenden.

        Lesson Study:

        • Gemeinsame Unterrichtsplanung: Lehrer planen gemeinsam eine Unterrichtsstunde, führen sie durch und beobachten die Schüler.
        • Fokus auf Schülerlernen: Beobachtungen konzentrieren sich darauf, wie Schüler die Inhalte lernen.
        • Evidenzbasierte Reflexion: Die gewonnenen Daten werden genutzt, um den Unterricht weiterzuentwickeln.

        Beide Ansätze fördern die Zusammenarbeit und das professionelle Wachstum von Lehrkräften, aber “Spirals of Inquiry” legt mehr Wert auf einen kontinuierlichen, datengetriebenen Verbesserungsprozess, während “Lesson Study” sich stärker auf die detaillierte Analyse einzelner Unterrichtsstunden konzentriert.[5]https://content-select.com/de/portal/media/view/624be842-efcc-4739-9f93-2554b0dd2d03

        Lernstandserhebungen

        Lernstandserhebungen sind standardisierte Tests, die in Schulen durchgeführt werden, um den aktuellen Wissens- und Kenntnisstand der Schüler zu ermitteln. Sie helfen Lehrern und Schulen, die Lernfortschritte der Schüler zu beurteilen und gezielte Fördermaßnahmen zu entwickeln. Sie dienen auch dazu, die Qualität des Unterrichts zu überprüfen und gegebenenfalls anzupassen.

        Lernstandserhebungen werden von Lehrkräften aus verschiedenen Gründen häufig kritisch gesehen. Aktuell betrifft dies eine Erhebung in Baden-Württemberg (Kompass4). Meines Erachtens zu Recht, denn sie soll der Schullaufbahnempfehlung dienen und stellt damit die Intention der Lernstandserhebung in Frage. Sie sollen den Kompetenzstand der Schülerinnen und Schüler überprüfen und anschließend in Auswertung der Ergebnisse von den Fachkonferenzen hinsichtlich der Unterrichtsqualität reflektiert werden. Andererseits ist festzustellen, dass die Abschlussklassen der Grundschulen in Baden-Württemberg offensichtlich Kompetenzdefizite aufweisen. Es wird zu prüfen sein, ob die Aufgaben tatsächlich zu schwer waren oder ob in der täglichen Unterrichtsarbeit nicht doch Aufgaben vernachlässigt wurden, die über die Routine hinausgehen. Und genau das sollen Lernstandserhebungen zeigen: Wie gut gelingt es mir als Lehrer individuell, den Schülerinnen und Schülern die Bildungsstandards zu vermitteln.

        Einführung Prozessmodell in Klasse 5

        Ich selbst habe das einmal schätzen gelernt, als ich in meiner Klasse 5 (Gymnasium) ein neues Unterrichtssetting eingeführt habe. Die Eltern waren sehr kritisch, weil sie den individuellen Umgang mit Lerngruppen so nicht kannten, eben eher den klassischen Unterrichtsstil im Format 7G:

        „Alle gleichaltrigen Schüler sollen zur gleichen Zeit mit dem gleichen Lehrer im gleichen Raum mit den gleichen Mitteln das gleiche Ziel gut erreichen“.

        Außerdem waren ihnen manche Aufgaben, die ich für die lernstärkeren Schülerinnen und Schüler vorbereitet hatte, zu schwierig: „Müssen die Kinder denn schon so früh lernen, um die Ecke zu denken?“ war ein Kommentar auf einem Elternabend, den ich nie vergessen werde. Ich erklärte ihnen den Hintergrund von “Kompetenzorientiert unterrichten – Bildungsstandards nutzen“ (KUMN), die Notwendigkeit, ihre Kinder dort abzuholen, wo sie leistungsmäßig stehen und bat sie ansonsten um Geduld, bis Vera 6 eine Rückmeldung auf mein Unterrichtsangebot ermöglicht. Übrigens haben diese Schüler auch an meiner o.g. Umfrage (Uni Kassel) teilgenommen, so dass ich mich auch in dieser Richtung immer wieder absichern konnte. Gut, dass ich einen Schulleiter hatte, der mir bei einem Elternabend den Rücken stärkte: „Ich weiß gar nicht, was Sie wollen: Die Kinder mögen seinen Unterricht. Davon konnte ich mich überzeugen. Was wollen Sie mehr?“. Ich wusste übrigens nichts von seinem „Besuch“ in meiner Klasse …

        Die Lernstandserhebung habe ich dann konsequent ohne „teaching for the test” durchgeführt. Ich wollte einfach wissen, wo ich in meinem Unterrichtssetting eventuell nachsteuern muss. Es kam, wie es zu erwarten war: Einige Aufgaben haben meine Schülerinnen und Schüler super gelöst, andere nur so „halbwegs gut“. Für die Schülerinnen und Schüler und endlich auch einmal für die Eltern überzeugend: Mit den didaktischen Unterlagen, die mir von der für dieses Verfahren zuständigen Behörde zur Verfügung gestellt wurden, konnte ich sowohl individuell als auch in der gesamten Lerngruppe nachsteuern. Bis zur Übergabe an den neuen Fachlehrer in Klasse 7 war dafür genügend Zeit. 

        Schulentwicklungsprozess einer Schule

        Eine weitere Erfahrung weist in die gleiche Richtung. Eine Schulleitung initiierte eine Steuergruppe, die sich mit den Ergebnissen der letzten Lernstandserhebungen auseinandersetzen und Vorschläge zur Verbesserung der Förderung entwickeln sollte. Nach einem längeren Brainstorming-Prozess und Beratungen in der Gesamtkonferenz entschied sich die Schule, die Kompetenzförderung künftig fächerübergreifend zu organisieren, ohne den Bezug zu den fachimmanenten Inhalten zu verlieren. Es würde den Rahmen dieses Beitrages sprengen, auf Einzelheiten einzugehen. Nur so viel: Der Schulleitung ist ein überzeugender Prozess hin zu einer neuen Lehr- und Lernkultur gelungen, sowohl fachspezifisch als auch fächerübergreifend. In der Umsetzung boten die Lernstandserhebungen den Lehrkräften immer wieder Gelegenheit, ihre Arbeit zu überprüfen. Inzwischen hat die Schule dieses fächerübergreifende Konzept über die Sekundarstufe I hinausgeführt und bietet in der gymnasialen Oberstufe „nur“ noch themenorientierte Kurse an. Auch hier immer abgestimmt auf die Anforderungen des Zentralabiturs. Absolut vorbildlich, wie ich finde.

        Abschließend will ich das Institut zur Qualitätsentwicklung im Bildungswesen (IQB) vorstellen, das die Länder in der Bundesrepublik Deutschland bei der Qualitätsentwicklung und Qualitätssicherung im allgemeinbildenden Schulsystem unterstützt. Den Ausgangspunkt und die Grundlage dieser Arbeit bilden Bildungsstandards, die von der Ständigen Konferenz der Kultusminister der Länder in der Bundesrepublik Deutschland (KMK) verabschiedet worden sind. Diese Bildungsstandards definieren, welche Kompetenzen Schülerinnen und Schüler bis zu einem bestimmten Zeitpunkt in ihrer Schullaufbahn entwickelt haben sollen. Das IQB hat den Auftrag, regelmäßig zu überprüfen, inwieweit diese Ziele in deutschen Schulen erreicht werden (Bildungsmonitoring). Ferner unterstützt das IQB die Länder darin, die Bildungsstandards, die als zentraler Orientierungsrahmen für alle Akteure im Bildungssystem dienen sollen, umzusetzen (Implementierung).

        Ihre Arbeit bzw. ihr Selbstverständnis hat sie kürzlich in einem pfiffigen Adventskalender vorgestellt, wohl auch aus Anlass ihres 20-jährigen Bestehens. Das möchte ich in einer Bildergalerie wiedergeben…

        Ein Vergleich mit Großbritannien

        In der Diskussion um Sinn und Aufwand solcher Erhebungen wird gerne auf Großbritannien verwiesen. Dort werden regelmäßig standardisierte Tests durchgeführt, um den Lernstand der Schülerinnen und Schüler zu überprüfen und die Qualität des Unterrichts zu sichern. Die wichtigsten Tests sind[6]Möglichkeiten, Grenzen und Perspektiven internationaler Schulleistungsforschung | SpringerLink

        • SATs (Standard Assessment Tests): Diese Tests finden in der 2. und 6. Klasse statt und bewerten grundlegende Fähigkeiten in Mathematik, Englisch und Naturwissenschaften. 
        • GCSEs (General Certificate of Secondary Education): Diese Prüfungen werden am Ende der Sekundarstufe I (Jahrgangsstufe 11) abgelegt und decken eine breite Palette von Fächern ab.
        • A-Levels (Advanced Level): Diese Prüfungen werden am Ende der Sekundarstufe II (Jahrgangsstufen 12 und 13) abgelegt und sind Voraussetzung für den Zugang zu Universitäten.

        Auf den ersten Blick ähneln sich die Systeme in Großbritannien und Deutschland, da beide standardisierte Prüfungen zur Lernstandserhebung einsetzen. Es gibt jedoch einige wichtige Unterschiede in der Systematik und Zielsetzung, die aus pädagogischer (und auch kultureller) Sicht schwer vereinbar erscheinen:

        Regelmäßigkeit und Verbindlichkeit

        • In Großbritannien finden standardisierte Tests (z. B. SATs, GCSEs, A-Levels) zu klar definierten Zeitpunkten im Bildungsweg statt und sind flächendeckend verpflichtend.
        • In Deutschland gibt es vergleichbare Prüfungen wie VERA (in der 3. und 8. Klasse), Abschlussprüfungen und das Abitur, doch deren Ergebnisse haben oft weniger direkte Auswirkungen auf die schulische Entwicklung.

        Datenbasierte Rückmeldungen

        • In Großbritannien werden die Ergebnisse stärker für Schulrankings genutzt. Schulen stehen unter erheblichem Druck, gute Ergebnisse zu liefern, da die Daten öffentlich zugänglich sind und Einfluss auf die Schulwahl der Eltern haben.
        • In Deutschland werden Lernstandserhebungen primär zur internen Qualitätssicherung genutzt, und die Ergebnisse sind nicht öffentlich.

        Individualisierte Förderung

        • In Großbritannien wird verstärkt darauf geachtet, Schüler:innen basierend auf Testergebnissen gezielt zu fördern. Schwächere Schüler:innen erhalten oft zusätzliche Unterstützung, z. B. durch spezielle Förderprogramme.
        • In Deutschland fehlt häufig eine solche systematische Verknüpfung zwischen Testergebnissen und gezielten Fördermaßnahmen.

        Beide systematischen Lernstandserhebungen ermöglichen es, den Bildungsfortschritt der Schülerinnen und Schüler zu verfolgen und gezielte Maßnahmen zur Qualitätsverbesserung im Bildungssystem zu ergreifen.Der größte Unterschied liegt im Druck und der Konsequenz, mit der die Ergebnisse in Großbritannien genutzt werden. Dort beeinflussen sie nicht nur die Schulentwicklung, sondern auch den Ruf und die Finanzierung der Schulen. In Deutschland sind solche Prüfungen eher als Diagnoseinstrumente gedacht und weniger mit sanktionierenden Maßnahmen verbunden.

        Ausblick

        Und nun wissen wir einiges über die Akzeptanz des schulischen Angebots, wir wissen einiges über den Lernstand unserer Schülerinnen und Schüler. Jetzt stellt sich die Frage: Was können wir tun? Welche Maßnahmen bieten sich an? Darum geht es im nächsten Beitrag…

        … stay tuned …

        Bildnachweis: Headway @Unsplash

        References

        References
        1 https://lehrkraefteakademie.hessen.de/sites/lehrkraefteakademie.hessen.de/files/Hessischer%20Referenzrahmen%20Schulqualitaet-HRS.pdf, S. 24
        2 The spiral of inquiry / Evidence-based leadership / Pedagogy and assessment / Home – Educational Leaders
        3 https://deutsches-schulportal.de/bildungswesen/forschung-warum-erwachsene-beim-lernen-auf-die-bremse-treten/
        4 Kempfert, G./Ludwig, M.: Kollegiale Unterrichtsbesuche. Besser unterrichten durch Kollegen-Feedback. Beltz Verlag. Weinheim und Basel. 2. Aufl. 2010. S. 24
        5 https://content-select.com/de/portal/media/view/624be842-efcc-4739-9f93-2554b0dd2d03
        6 Möglichkeiten, Grenzen und Perspektiven internationaler Schulleistungsforschung | SpringerLink

        Evaluation (2): Big Data

        Im ersten Beitrag wurde deutlich, dass vor allem im Ausland, z.B. in den Niederlanden und den USA, bereits umfangreiche Erfahrungen mit Evaluationen und Monitoringsystemen vorliegen. In diesem Zusammenhang wird häufig von „Big Data“ gesprochen. „Big Data“ wird in vielen Bereichen eingesetzt, um Muster und Trends zu erkennen, Vorhersagen zu treffen und Prozesse zu optimieren. „Big Data“ bezieht sich auf extrem große und komplexe Datensätze, die mit herkömmlichen Datenverarbeitungsmethoden nicht effizient verarbeitet werden können. Diese Datenmengen entstehen durch die zunehmende Digitalisierung und Vernetzung in verschiedenen Bereichen wie Wirtschaft, Wissenschaft, Gesundheitswesen und Social Media. Im Bildungsbereich bezieht sich „Big Data“ auf die Sammlung, Analyse und Nutzung großer Datenmengen aus unterschiedlichen Quellen, um den Bildungsprozess zu verbessern. Auf diese Weise kann die Qualität von Bildungsprogrammen und -einrichtungen kontinuierlich überwacht und verbessert werden. Durch die Analyse von Leistungsdaten, Feedback und anderen relevanten Informationen können Bildungseinrichtungen Schwachstellen identifizieren und gezielte Verbesserungsmaßnahmen ergreifen.

        In Europa bietet vor allem die International Association for the Evaluation of Educational Achievement (IEA) wertvolle Einblicke in die Kompetenzen unserer Schülerinnen und Schüler. So untersucht die International Computer and Information Literacy Study (ICILS) 2023 im internationalen Vergleich die computer- und informationsbezogenen Kompetenzen von Schülerinnen und Schülern der 8. Jahrgangsstufe. Die Trends in International Mathematics and Science Study (TIMSS) 2024 erfasst die mathematischen und naturwissenschaftlichen Grundkompetenzen von Schülerinnen und Schülern am Ende der 4. Jahrgangsstufe. In Deutschland haben vor allem gemeinnützige Bildungsinstitute Monitoring- und Evaluationsstrategien entwickelt. Das Deutsche Schulbarometer 2024 der Robert-Bosch-Stiftung beispielsweise ist eine repräsentative Befragung, die die aktuelle Situation an Schulen in Deutschland untersucht. Es erfasst Beobachtungen und Einschätzungen von Lehrern, Schülern und Eltern zu verschiedenen Aspekten des Schullebens und der Unterrichtsqualität. Das Sinus-Institut ist mit zwei Studien vertreten:

        • Die SINUS-Jugendstudie 2024 widmet sich in ihrer mittlerweile 5. Ausgabe den folgenden Themen: Umgang mit politischen Krisen, soziale Ungleichheit und Diskriminierung, Engagement und Partizipation, Lernort Schule, psychische Gesundheit, Sinnsuche und Spiritualität in sozialen Medien, Umgang mit Fake News, Geschlechtsidentität und Rollenerwartungen sowie Sport und Bewegung.
        • Die SINUS-Studie „Was motiviert zum MINT-Lernen?“ wurde im Auftrag der Deutsche Telekom Stiftung durchgeführt. Ziel der Studie war es, Faktoren zu identifizieren, die die Lernmotivation von 10- bis 16-jährigen Kindern und Jugendlichen in den mathematisch-naturwissenschaftlichen Fächern fördern. Die Studie untersucht, wie sich Einstellungen zu MINT-Fächern entwickeln und welche Bedingungen die Begeisterung für diese Fächer steigern können, um langfristig auch das Interesse an MINT-Berufen zu wecken.

        Studien, inkl. Quellen und Reaktionen

        TIMMS 2023

        TIMMS Grundschule

        Die Trends in International Mathematics and Science Study (TIMSS) ist eine international vergleichende Schulleistungsuntersuchung, die langfristige Entwicklungen in den Bildungssystemen untersucht. Dabei werden die Kompetenzen von Schüler:innen am Ende der 4. Klasse in den Unterrichtsfächern Mathematik und Sachunterricht sowie Informationen zu ihrem Lern- und Lebensumfeld durch die Eltern, Lehrkräfte und Schulleitungen ermittelt.

        TIMSS wird seit 1995 alle vier Jahre von der International Association for the Evaluation of Educational Achievement (IEA) durchgeführt. Hier am Arbeitsbereich Evaluation von Bildungssystemen an der Universität Hamburg wird die Studie wissenschaftlich geleitet und der Berichtsband für Deutschland erstellt.

        Experten beklagen, dass Lehrer eine gewisse Grundskepsis gegenüber neuen Methoden hätten. Stattdessen verließen sie sich auf ihr „Bauchgefühl“ – doch das lässt sich ändern. Ein Kommentar.

        Die Matheleistungen von Grundschulkindern haben sich seit 2007 weder verschlechtert noch verbessert. In naturwissenschaftlichen Fächern sieht das aber anders aus.

        Etwa jeder vierte Viertklässler in Deutschland hat nur rudimentäre Kenntnisse in Mathematik, zeigt die neue Timss-Studie. Insgesamt erkennt Knut Schwippert, Studienleiter in Deutschland, dennoch eine »starke Leistung«.

         

        ICILS 2023

        ICILS 2023

        Die computer- und informationsbezogenen Kompetenzen von Achtklässlerinnen und Achtklässlern in Deutschland liegen trotz eines Rückgangs weiterhin über dem internationalen Mittelwert. Bemerkenswert verbessert hat sich die technische Ausstattung der Schulen in den letzten zehn Jahren. Auch die Lehrkräfte nutzen deutlich häufiger als früher digitale Medien. Hier zeigt der DigitalPakt Schule von Bund und Ländern positive Effekte.

        Allerdings erreicht nur ein geringer Anteil der Jugendlichen die Leistungsspitze und gut vierzig Prozent verfügen lediglich über Grundkenntnisse. Die Kompetenzen variieren stark nach besuchter Schulform und es zeigen sich deutliche Unterschiede bezogen auf die soziale Herkunft sowie den Zuwanderungs- beziehungsweise Sprachhintergrund.

        Die heute veröffentlichte Studie „International Computer and Information Literacy Study“, ICILS 2023 untersucht seit 2013 alle fünf Jahre zum dritten Mal die computer- und informationsbezogenen Kompetenzen von Schülerinnen und Schülern der 8. Jahrgangsstufe im internationalen Vergleich.

        Deutsche Achtklässler haben sich laut der aktuellen ICIL-Studie in ihren digitalen Kompetenzen seit 2013 deutlich verschlechtert. Wie können Schulen reagieren? Darüber spricht Studienleiterin Prof. Dr. Birgit Eickelmann im Interview.

        Ergänzungen/Kommentare/Interviews:

        Das nationale Forschungszentrum der Studie ICILS 2023 liegt, wie schon für ICILS 2018, an der Universität Paderborn unter der wissenschaftlichen Leitung von Prof. Dr. Birgit Eickelmann (National Research Coordinator). 

        Die digitale Ausstattung deutscher Schulen hat sich deutlich verbessert. Aber vor allem benachteiligte Jugendliche können schlecht mit digitalen Informationen umgehen.

        Bund und Länder haben Milliarden in Tablets, Laptops und WLAN an Schulen investiert. Dennoch bewegen sich viele Jugendliche unsicherer denn je durch die digitale Welt. Woran das liegen könnte und was daraus folgt.

        Lernen in der digitalen Welt

        Lernen in der digitalen Welt

        Künstliche Intelligenz wird an Schulen eine zunehmende Rolle spielen, so viel ist sicher, denn schon jetzt ist sie nicht mehr aus dem Alltag wegzudenken. Wie häufig und wofür Lehrkräfte und Jugendliche in Deutschland KI bereits nutzen, haben in diesem Jahr zwei Studien ermittelt. Und was weiß die Forschung eigentlich darüber, ob KI tatsächlich das Lernen fördern kann?

        Neue Deutsch-Aufgaben entwickeln, Elternbriefe verfassen, ganze Unterrichtsstunden planen – viele Lehrerinnen und Lehrer nutzen Künstliche Intelligenz für schulische Zwecke. So haben bereits 51 Prozent Erfahrungen etwa mit Anwendungen wie ChatGPT, SchulKI, FieteAI in schulischem Kontext gesammelt: 28 Prozent werden dies auch künftig tun, 23 Prozent haben entsprechende Tools zwar schon für den Unterricht ausprobiert, wollen sie aber nicht wieder nutzen. Auch darüber hinaus ist das Interesse der Lehrenden an KI groß: So haben weitere 28 Prozent KI für den Unterricht noch nicht ausprobiert, wollen dies aber bald tun. 7 Prozent haben KI bislang nur für private Zwecke genutzt. Lediglich jede zehnte Lehrkraft (11 Prozent) schließt den KI-Einsatz kategorisch aus. Das sind Ergebnisse einer repräsentativen Befragung unter 502 Lehrerinnen und Lehrern der Sekundarstufen I und II in Deutschland, die im Auftrag des Digitalverbands Bitkom durchgeführt wurde. 

        Zur Studie

        Der Einsatz digitaler Technologien ist an deutschen Schulen längst keine Ausnahme mehr. Eine repräsentative Umfrage des Digitalverbands Bitkom unter 502 Lehrkräften der Sekundarstufen I und II zeigt, dass mehr als zwei Drittel der Pädagog*innen digitale Lernplattformen im Unterricht einsetzen.

        Eine neue Pilotstudie der Vodafone Stiftung Deutschland in Zusammenarbeit mit der OECD zeigt, wie digitale Technologien das Lernen von Schüler:innen in deutschen Schulen beeinflussen und fördern können – vorausgesetzt, sie werden gezielt und kompetent eingesetzt. Basierend auf den PISA-2025-Prototypen zum „Lernen in der digitalen Welt“ (LDW), wurden wichtige Erkenntnisse über das Lernverhalten von Schüler:innen mit Informations- und Kommunikationstechnologien in deutschen Schulen gewonnen. Das Ziel von LDW ist es, die Fähigkeiten der Schüler:innen beim Computational Thinking und die Fähigkeit zum selbstregulierten Lernen mit digitalen Werkzeugen zu erfassen. Die insgesamt sechs Prototyp-Einheiten enthalten interaktive, 30-minütige Aufgaben, bei denen die Schüler:innen lernen, ein digitales Werkzeug zu verwenden, um Programmier- und naturwissenschaftliche Probleme zu lösen.

        SINUS-Studie „Was motiviert zum MINT-Lernen?“

        Die SINUS-Studie „Was motiviert zum MINT-Lernen?“ wurde von SINUS im Auftrag der Deutschen Telekom Stiftung durchgeführt. Ziel der Untersuchung war es, Faktoren zu identifizieren, die die Motivation von 10- bis 16-jährigen Kindern und Jugendlichen zum Lernen in mathematisch-naturwissenschaftlichen Fächern fördern. Die Studie untersucht, wie sich Einstellungen zu MINT-Fächern entwickeln und welche Bedingungen die Begeisterung für diese Fächer steigern können, um langfristig auch Interesse an MINT-Berufen zu wecken.

        TIMMS Grundschule

        Generation Z

        In Deutschland entscheidet wie in kaum einem anderen vergleichbaren Land die soziale Herkunft über den Bildungserfolg. Zu diesem Ergebnis kommen zahlreiche Studien. Nun hat die Wübben Stiftung Bildung mit „Woher und Wohin 2024“ eine Expertise veröffentlicht, in der die zentralen Befunde zahlreicher Schulleistungsstudien mit Fokus auf die herkunftsbedingten Unterschiede dargestellt werden.

        Das Besondere an dieser Expertise ist, dass sie die Erkenntnisse zu dem Zusammenhang von sozialer Herkunft und Bildungserfolg deutlich umfassender bündelt als bisher erschienene Publikationen in Deutschland. So werden darin verschiedene Schulleistungsstudien – von PISA, TIMSS und IGLU über ICILS und ICCS bis hin zum IQB-Bildungstrend – sowie Daten aus dem nationalen Bildungsbericht und dem NEPS-Panel berücksichtigt und die jeweiligen Ergebnisse auch im Zeitverlauf betrachtet. Dabei nimmt sie verschiedene Kompetenz­bereiche in den Blick: Lesen, Mathematik, Naturwissen­schaften, computer- und informationsbe­zogene Kompetenzen und politisches Wissen. Mit der Erstellung der Expertise hat die Wübben Stiftung Bildung ein Wissenschaftlerteam der Universität Osnabrück, der Universität Duisburg-Essen, der Ruhr-Universität-Bochum und der TU Dortmund beauftragt.

        Lesen, Rechnen, Politik, Biologie: Wie gut Kinder in der Schule sind, hängt auch von ihrem Umfeld ab. Laut einer neuen Studie ist das in Deutschland mehr als in anderen Ländern der Fall. Manche hinken bis zu vier Jahre hinter ihren Klassenkameraden her.

        Auch nach 25 Jahren kontinuierlicher Forschung zur Mediennutzung von Jugendlichen ist das Interesse an diesem Thema weiter ungebrochen. Angesichts der dynamischen Entwicklung neuer Medienangebote und Technologien treten immer wieder neue Aspekte auf, deren Relevanz für Jugendliche einer Überprüfung bedarf. Eine Frage ist hierbei stets, welche Plattformen Jugendliche zurzeit im Alltag verwenden und welche Angebote und Funktionen in ihrer Gunst ganz oben stehen. Weitere Themen sind sicher die Bedeutung von KI im Leben von jungen Menschen und wie diese mit dem enormen Medienangebot umgehen

        Jugendliche blicken optimistischer in die Zukunft als noch 2019? Ja, zeigt die Shell Jugendstudie, und selbst die Autoren sind überrascht. Das sei schon “ein Knaller”.

        Die SINUS-Studie „Was motiviert zum MINT-Lernen?“ wurde von SINUS im Auftrag der Deutschen Telekom Stiftung durchgeführt. Ziel der Untersuchung war es, Faktoren zu identifizieren, die die Motivation von 10- bis 16-jährigen Kindern und Jugendlichen zum Lernen in mathematisch-naturwissenschaftlichen Fächern fördern. Die Studie untersucht, wie sich Einstellungen zu MINT-Fächern entwickeln und welche Bedingungen die Begeisterung für diese Fächer steigern können, um langfristig auch Interesse an MINT-Berufen zu wecken.

        Das SINUS-Institut hat im Auftrag der Telekom Stiftung eine Studie mit Kindern und Jugendlichen im Alter von 10 bis 16 Jahren aus allen sozialen Schichten zu den MINT-Fächern (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften, Technik) durchgeführt. Die SINUS-Studie zeigt, dass viele Schüler:innen MINT-Fächer als weniger alltagsrelevant und zu theoretisch empfinden, was ihre Motivation für diese Fächer senkt. 

        Die berufliche Orientierung stellt einen entscheidenden Schritt im Leben junger Menschen dar. Insbesondere in einer komplexen und sich verändernden Welt sind Lehrkräfte und Bildungsakteure gefragt, Jugendliche auf diesem Weg gezielt zu unterstützen. Die SINUS-Jugendstudie 2024 bietet wertvolle Einblicke in die Lebenswelten von 14- bis 17-Jährigen in Deutschland und zeigt, welche Faktoren die berufliche Orientierung besonders beeinflussen – unter anderem bei Jugendlichen aus prekären Familienverhältnissen, auf welche hier ein besonderes Augenmerk gelegt werden soll. Dabei werden wir in diesem Artikel die wichtigsten Erkenntnisse der SINUS-Jugendstudie 2024 zusammenfassen und daraus konkrete Handlungsempfehlungen für Lehrkräfte zur beruflichen Orientierung geben.

        Folgerung I: Schulentwicklung

        Die Ergebnisse aus den vielen Studien des Jahres 2024 (s.o.) weisen auf Veränderungsbedarfe in der Schulentwicklung hin, z. B. die SINUS-Jugendstudie zitierend:

        • Nur die Hälfte der Jugendlichen fühlt sich in der Schule wohl. Sie berichten zum Beispiel, dass es kaum Mitbestimmungsmöglichkeiten gibt.
        • Lernende fühlen sich in der Schule nicht ernst genommen und bekommen wenig Mitspracherecht zugesprochen.
        • Zwei Drittel der Schülerinnen und Schüler berichten in den Interviews von Diskriminierungserfahrungen in der Schule, während außerhalb der Schule nur zwei von zehn ähnliche Erfahrungen machen. Hilfe suchen sich die Jugendlichen selten innerhalb der Schule, stattdessen dienen Freunde und Familie als Rettungsanker, obwohl die Unterstützungsangebote der Schulen durchaus als hilfreich bewertet werden.
        • Strategisches Schwänzen scheint eine weit verbreitete Antwort der Jugendlichen zu sein, um effizienter zu lernen, und Fernbleiben aus psychosozialen Gründen, z.B. Mobbing.
        • Die Jugendlichen wünschen sich ein stärkeres Engagement der Lehrkräfte. Häufig haben sie das Gefühl, dass die Lehrkräfte den digitalen Möglichkeiten nicht aufgeschlossen genug gegenüberstehen.
        • Die Mehrheit der Schüler beklagt eine mangelnde Vorbereitung auf die digitalen Anforderungen der Arbeitswelt.

        oder

        • aus dem MINT-Nachwuchsbarometer:
          • Die mathematischen Leistungen bei der Gruppe der 15-Jährigen zwischen 2012 und 2022 um 39 Punkte abgenommen. Das entspricht einem Kompetenzrückstand von einem Schuljahr.
          • Der Anteil der besonders leistungsschwachen Jugendlichen ist in diesem Zeitraum von 17 Prozent auf 29 Prozent gestiegen. Gleichzeitig hat sich der Anteil der Leistungsstarken halbiert und umfasst 2022 knapp 9 Prozent.
        • aus der Bertelsmann-Studie (Ausbildungsbaromter):
          • Junge Menschen mit hoher Schulbildung vermissen bei der Berufsorientierung und der Suche nach einem Ausbildungsplatz häufiger Unterstützung als Gleichaltrige mit niedriger oder mittlerer Schulbildung. So äußerten 41 Prozent der Befragten mit Abitur, die auf Ausbildungssuche sind oder waren, dass sie sich bei der Suche nach einem Ausbildungsplatz mehr Unterstützung wünschen oder gewünscht hätten.
          • Obwohl sich Hauptschüler:innen besser über Ausbildungsmöglichkeiten informiert fühlen als die gleichaltrigen Befragten auf dem Gymnasium, bewerten sie ihre Chancen am Ausbildungsmarkt deutlich pessimistischer als diejenigen mit höherer Schulbildung.

        Ergänzend und mit Blick auf die Angebote zur Berufsorientierung sollten uns auch die alarmierenden Zahlen der Studienabbrecher aufrütteln: Beinahe ein Drittel aller Studierenden brechen ihr Studium nach dem ersten Semester schon wieder ab. Es gibt zu wenig Anreize, ein Studium bis zum Abschluss durchzuhalten.

        Die Ergebnisse der Studien lassen sich gut in eine schulweite Befragung integrieren, da in den Leitbildern bzw. Leitsätzen in der Regel die Auseinandersetzung mit den kritisch gestellten Merkmalen beschrieben ist. Eine Überprüfung dessen, was die Schule tun will, bietet sich daher an. Und zwar über ein datengestütztes Verfahren, vgl. z. B. das im ersten Beitrag vorgestellte Verfahren Data Team Intervention oder das folgende Verfahren aus der Schweiz, mit dem wir Schulberater sehr gute Erfahrungen gemacht haben.

        9- Schritt Methode

         
        Gute Evaluationen folgen transparenten Schritten, die Vertrauen und Verlässlichkeit für die Beteiligten schaffen. Wer eine Evaluation plant und durchführt, kann sich an den neun bewährten Schritten orientieren, wie sie in Schulen des Schweizer Kantons Zug vermittelt werden.

        Kleine Schritte und verschiedene Zugänge sind möglich, der Einsatz auch einfacher Evaluationsformen ist realistisch: Mit all dem kann eine tragfähige Evaluationskultur in der Schule längerfristig aufgebaut werden.

        Sie fragen sich sicher, ob es bereits ausgearbeitete Fragebögen gibt. Wenn man sich auf die oben genannten Studien bezieht, meines Erachtens nicht. Und doch gibt es diesen (Aus)Weg:

        Ich habe kürzlich das Buch „Künstliche Intelligenz und wissenschaftliches Arbeiten“ rezensiert. Die Autoren greifen mit Brainstorming und quantitativen Verfahren (z.B. Fragebogenentwicklung) Aspekte auf, die auch für die Schulentwicklung relevant sind. Da sie verständlicherweise sehr stark auf die duale Ausbildung der Studierenden ausgerichtet sind, muss ein eigener schulischer Transfer geleistet werden. Dennoch lohnt sich ein Blick auf die Promptstruktur von der Ideengenerierung über das Evaluationsdesign mit der Fragebogenanalyse und der Datenanalyse mit der Auswertung der Fragebogenergebnisse bis hin zur Berichterstellung.

        Ich habe das einmal konkret durchgespielt:

        Ideengenerierung

        Prompt: Wie kannst Du Schulleitungen bei der Ideengenerierung unterstützen?

        Schulleitungen bei der Ideengenerierung für Schulentwicklung zu unterstützen, ist ein zentraler Bestandteil, um innovative und nachhaltige Bildungsprozesse zu fördern. Hier sind einige Ansätze, wie ich helfen kann:

        1. Moderation von Brainstorming-Sitzungen:

        • Strukturierte Brainstorming-Methoden: Unterstützung bei der Anwendung von Methoden wie „Design Thinking“, „Mind Mapping“ oder „6-3-5-Methode“, um kreative Ideen zu generieren.
        • Problemzentriertes Arbeiten: Fokus auf spezifische Herausforderungen der Schule, um gezielt Lösungen zu entwickeln.
        • Virtuelle Workshops: Organisation und Moderation von Online-Workshops, die flexible Teilnahme und den Austausch innovativer Ideen ermöglichen.

        2. Best-Practice-Beispiele und Fallstudien:

        • Bereitstellung von Fallstudien: Analyse erfolgreicher Schulentwicklungsprojekte und deren Übertragbarkeit auf die eigene Schule.
        • Inspirierende Beispiele: Vorstellung innovativer Schulkonzepte aus verschiedenen Ländern oder Regionen.
        • Trendforschung: Information über aktuelle Trends in der Bildungsforschung und deren potenzielle Anwendung in der eigenen Schule.

        3.  Technologiegestützte Tools:

        • Digitale Plattformen für Zusammenarbeit: Empfehlungen für Tools wie Miro, Trello oder Padlet, um Ideensammlungen und Zusammenarbeit zu erleichtern.
        • Umfrage-Tools: Einsatz von Umfragen zur Sammlung von Ideen und Feedback von Lehrkräften, Eltern und Schülern.

        4.  Schulinterne Analyse und Reflexion:

        • Stärken-Schwächen-Analyse (SWOT): Unterstützung bei der Durchführung einer SWOT-Analyse, um Potenziale und Herausforderungen der Schule zu identifizieren.
        • Feedback-Runden: Strukturierte Rückmeldungen von Lehrkräften und Schülern einholen, um neue Impulse für die Schulentwicklung zu setzen.

        5. Entwicklung einer Innovationskultur:

        • Förderung einer offenen Fehlerkultur: Ermutigung der Schulleitung, ein Umfeld zu schaffen, in dem Experimentieren und Lernen aus Fehlern gefördert wird.
        • Netzwerkbildung: Aufbau und Pflege von Netzwerken mit anderen Schulen, Bildungseinrichtungen und externen Experten, um sich regelmäßig über neue Ideen und Ansätze auszutauschen.

        6. Strategische Planung und Implementierung:

        • Zielorientierte Planung: Unterstützung bei der Formulierung konkreter Ziele und Meilensteine für die Schulentwicklung.
        • Ressourcenmanagement: Beratung zur optimalen Nutzung vorhandener Ressourcen (zeitlich, personell, materiell), um innovative Projekte erfolgreich umzusetzen.
        • Monitoring und Evaluierung: Unterstützung bei der Entwicklung von Indikatoren zur regelmäßigen Überprüfung des Fortschritts und zur Anpassung der Strategien.

        7. Schüler- und Lehrerbeteiligung:

        • Partizipative Methoden: Einbeziehung von Schülern und Lehrern in den Ideengenerierungsprozess durch Workshops, Umfragen und kreative Projekte.
        • Projektbasierte Lernansätze: Förderung von Schülerprojekten, die als Pilotprojekte für größere Schulentwicklungsinitiativen dienen können.

        8. Langfristige Vision und Leitbildentwicklung:

        • Visioning-Workshops: Unterstützung bei der Entwicklung einer langfristigen Vision für die Schule, die als Leitfaden für alle Schulentwicklungsmaßnahmen dient.
        • Leitbild-Erarbeitung: Moderation des Prozesses zur Entwicklung oder Überarbeitung des schulischen Leitbildes, um die Identität und die Werte der Schule klar zu definieren.

        Diese Ansätze können Schulleitungen dabei helfen, innovative Ideen zu entwickeln und sie effektiv in die Schulentwicklungsprozesse zu integrieren.

        Evaluation Leitbildarbeit

        Prompt: Ich will unsere Leitbildarbeit evaluieren. Wie mache das am besten?

        Die Evaluation der Leitbildarbeit ist ein wichtiger Schritt, um sicherzustellen, dass das Leitbild nicht nur auf dem Papier existiert, sondern tatsächlich in der Schulpraxis verankert ist und seine Wirkung entfaltet. Hier ist ein systematischer Ansatz, wie du diese Evaluation am besten durchführen kannst:

        1. Ziele der Evaluation definieren

        • Klarheit über den Zweck: Bestimmen, ob die Evaluation das Ziel hat, den Prozess der Leitbilderstellung zu bewerten, die Bekanntheit und Akzeptanz des Leitbilds zu prüfen oder die Auswirkungen des Leitbilds auf das schulische Handeln zu analysieren.
        • Konkrete Fragestellungen formulieren: Beispiele: „Inwieweit wird das Leitbild im Schulalltag gelebt?“ oder „Welche Elemente des Leitbilds sind den Beteiligten besonders wichtig?“

        2. Beteiligte Gruppen identifizieren

        • Breite Einbeziehung: Um eine umfassende Perspektive zu gewinnen, sollten Lehrkräfte, Schüler, Eltern und eventuell auch außerschulische Partner einbezogen werden.
        • Repräsentative Stichprobe: Auswahl von Vertretern aus allen Gruppen, um eine aussagekräftige Evaluation zu gewährleisten.

        3. Methoden der Datenerhebung auswählen

        • Umfragen/Fragebögen: Entwicklung von Fragebögen, die sowohl quantitative (Skalenfragen) als auch qualitative (offene Fragen) Elemente enthalten. Dies kann Online oder in Papierform geschehen.
        • Interviews: Durchführung von Einzelinterviews oder Gruppendiskussionen, um tiefere Einblicke zu gewinnen. Besonders nützlich für qualitative Rückmeldungen.
        • Fokusgruppen: Gruppeninterviews mit Vertretern verschiedener Gruppen (z.B. Lehrkräfte, Schüler) zur Diskussion über die Wirksamkeit und Relevanz des Leitbilds.
        • Beobachtung: Systematische Beobachtung von Schulveranstaltungen, Unterricht und Alltagssituationen, um zu sehen, wie das Leitbild praktisch umgesetzt wird.

        4. Indikatoren und Kriterien festlegen

        • Leitbild in der Praxis: Indikatoren könnten z.B. sein, wie oft und in welchem Kontext das Leitbild erwähnt wird, ob es in Entscheidungsprozesse einfließt, oder wie es in der Schulordnung und im Unterricht umgesetzt wird.
        • Akzeptanz und Identifikation: Kriterien könnten sein, inwieweit sich die Schulangehörigen mit dem Leitbild identifizieren und es als relevant empfinden.
        • Bekanntheitsgrad: Messen, wie gut das Leitbild unter den Schülern, Lehrern und Eltern bekannt ist.

        5. Datenauswertung und Interpretation

        • Quantitative Auswertung: Statistische Analyse von Umfragedaten, um Trends und Muster zu identifizieren.
        • Qualitative Analyse: Auswertung von Interviews und offenen Fragen durch Kategorisierung und Identifikation von Schlüsselthemen.
        • Vergleichende Analyse: Vergleich der Ergebnisse zwischen verschiedenen Gruppen (z.B. Schüler vs. Lehrkräfte) und zwischen der aktuellen Praxis und den ursprünglichen Zielen des Leitbilds.

        6. Ergebnisse zusammenfassen und Rückmeldungen einholen

        • Bericht erstellen: Erstellen eines Berichts, der die wichtigsten Erkenntnisse zusammenfasst, Stärken und Schwächen aufzeigt und mögliche Handlungsfelder identifiziert.
        • Rückmeldungsschleifen einbauen: Präsentation der Ergebnisse an das Kollegium, die Schulgemeinschaft und ggf. den Schulträger, um Rückmeldungen und weitere Impulse zu sammeln.

        7. Maßnahmen ableiten und umsetzen

        • Handlungsplan entwickeln: Auf Basis der Evaluationsergebnisse konkrete Maßnahmen planen, um das Leitbild weiter zu verankern oder zu überarbeiten.
        • Kontinuierliche Überprüfung: Festlegung von Zeitpunkten für eine erneute Evaluation, um den Fortschritt zu überwachen und das Leitbild lebendig zu halten.

        8. Kommunikation und Transparenz

        • Offene Kommunikation: Sicherstellen, dass die Ergebnisse und daraus abgeleiteten Maßnahmen transparent an alle Beteiligten kommuniziert werden, um Akzeptanz und Engagement zu fördern.

        Dieser strukturierte Ansatz hilft dabei, die Leitbildarbeit nicht nur zu bewerten, sondern auch weiterzuentwickeln, sodass das Leitbild ein integraler Bestandteil des Schullebens bleibt.

        Schul- und Unterrichtskultur I

        Prompt:

        Konkretisiere bitte Deine Fragen „Inwieweit wird das Leitbild im Schulalltag gelebt?“ oder „Welche Elemente des Leitbilds sind den Beteiligten besonders wichtig?“. Sie sind mir zu allgemein. Ich will wissen, ob die >>Schulkultur<< und der >>Unterricht<< vom Leitbild profitiert hat. Stelle mir bitte zu beiden Aspekten je zehn Fragen zusammen, mit der Antwortmöglichkeit 1: “trifft gar nicht zu” 2: “trifft kaum zu” 3: “trifft häufig zu” 4: “trifft vollständig zu”

         

        Hier sind jeweils zehn Fragen zu den Aspekten Schulkultur und Unterricht, die gezielt darauf abzielen, den Einfluss des Leitbilds auf diese beiden Bereiche zu evaluieren. Die Antwortmöglichkeiten für jede Frage sind: 1: “trifft gar nicht zu”, 2: “trifft kaum zu”, 3: “trifft häufig zu”, 4: “trifft vollständig zu”.

        Fragen zur Schulkultur:

        1. Fördert das Leitbild das Zusammengehörigkeitsgefühl in der Schulgemeinschaft?
        2. Spiegelt sich das Leitbild in der täglichen Kommunikation zwischen Lehrkräften, Schülern und Eltern wider?
        3. Wird das Leitbild bei schulischen Veranstaltungen und Aktivitäten sichtbar gelebt?
        4. Ermutigt das Leitbild zu einem respektvollen und wertschätzenden Umgang miteinander?
        5. Beinhalten Schulregeln und Verhaltensrichtlinien Prinzipien aus dem Leitbild?
        6. Nehmen die Schüler das Leitbild als Orientierung für ihr Verhalten im Schulalltag wahr?
        7. Wird das Leitbild in Entscheidungsprozessen der Schulgemeinschaft (z.B. Konferenzen, Gremien) berücksichtigt?
        8. Fördert das Leitbild die Identifikation der Schüler und Lehrkräfte mit der Schule?
        9. Erleben Eltern das Leitbild als grundlegend für die schulische Zusammenarbeit?
        10. Trägt das Leitbild zu einem positiven Schulklima bei, in dem sich alle wohlfühlen?

        Fragen zum Unterricht:

        1. Wird das Leitbild bei der Planung und Gestaltung des Unterrichts bewusst berücksichtigt?
        2. Werden die Werte und Prinzipien des Leitbilds im Unterrichtsalltag vermittelt?
        3. Ist das Leitbild in der Wahl und Anwendung von Unterrichtsmethoden erkennbar?
        4. Fördert das Leitbild den respektvollen Umgang zwischen Schülern im Unterricht?
        5. Ermutigt das Leitbild zu einer aktiven und verantwortungsvollen Teilnahme der Schüler am Unterricht?
        6. Findet das Leitbild Eingang in die Inhalte und Themen des Unterrichts?
        7. Tragen Lehrkräfte das Leitbild durch ihr Verhalten und ihre Unterrichtsführung sichtbar mit?
        8. Ist das Leitbild im Umgang mit Leistungsanforderungen und Feedback an Schüler präsent?
        9. Orientieren sich Projekte und Gruppenarbeiten an den Grundsätzen des Leitbilds?
        10. Stärkt das Leitbild den Lernprozess und die persönliche Entwicklung der Schüler im Unterricht?

        Diese Fragen helfen dabei, ein klares Bild davon zu bekommen, wie stark das Leitbild in der Schulkultur und im Unterricht verankert ist und ob es positive Veränderungen in diesen Bereichen bewirkt hat.

        Schul- und Unterrichtskultur II

        Prompt:

        Konkretisiere bitte Deine Fragen „Inwieweit wird das Leitbild im Schulalltag gelebt?“ oder „Welche Elemente des Leitbilds sind den Beteiligten besonders wichtig?“. Sie sind mir zu allgemein. Ich will wissen, ob die >>Schulkultur<< und der >>Unterricht<< vom Leitbild profitiert hat. Stelle mir bitte zu beiden Aspekten je zehn Fragen zusammen, mit der Antwortmöglichkeit 1: “trifft gar nicht zu” 2: “trifft kaum zu” 3: “trifft häufig zu” 4: “trifft vollständig zu”

        (Dieser Prompt wurde zweifach beantwortet)

        Hier sind jeweils zehn konkrete Fragen, die du für die Evaluation der Auswirkungen des Leitbilds auf die Schulkultur und den Unterricht verwenden kannst. Jede Frage kann mit den Antwortmöglichkeiten „1: trifft gar nicht zu“, „2: trifft kaum zu“, „3: trifft häufig zu“, „4: trifft vollständig zu“ beantwortet werden.

        Fragen zur Schulkultur

        1. Das Leitbild ist in unserem Schulalltag präsent und wird von den meisten Mitgliedern der Schulgemeinschaft aktiv gelebt.
        2. Schulveranstaltungen (z.B. Schulfeste, Projektwochen) spiegeln die Werte und Ziele des Leitbilds wider.
        3. Das Leitbild fördert ein respektvolles und wertschätzendes Miteinander innerhalb der Schulgemeinschaft.
        4. Entscheidungen der Schulleitung und des Kollegiums orientieren sich am Leitbild.
        5. Die Zusammenarbeit und der Austausch zwischen Lehrkräften, Schülern und Eltern sind durch das Leitbild verbessert worden.
        6. Das Leitbild unterstützt die Integration und Wertschätzung von Diversität innerhalb der Schulgemeinschaft.
        7. Konflikte innerhalb der Schulgemeinschaft werden in Übereinstimmung mit den Prinzipien des Leitbilds gelöst.
        8. Das Leitbild wird in offiziellen Schulkommunikationen (z.B. Elternbriefe, Website) regelmäßig thematisiert.
        9. Schüler und Eltern identifizieren sich mit den im Leitbild formulierten Werten und Zielen.
        10. Das Leitbild trägt zur positiven Außenwahrnehmung unserer Schule bei.

        Fragen zum Unterricht

        1. Die im Leitbild formulierten Werte und Ziele finden regelmäßig Eingang in den Unterrichtsalltag.
        2. Lehrkräfte beziehen sich in ihrem Unterrichtsverhalten und ihrer Unterrichtsplanung auf das Leitbild.
        3. Das Leitbild hat dazu beigetragen, dass der Unterricht schülerzentrierter und partizipativer gestaltet wird.
        4. Die Vermittlung von sozialen und ethischen Werten, wie sie im Leitbild festgehalten sind, ist ein fester Bestandteil des Unterrichts.
        5. Der Unterricht fördert die Eigenverantwortung der Schüler im Sinne des Leitbilds.
        6. Die Vielfalt der Unterrichtsmethoden hat sich im Einklang mit dem Leitbild weiterentwickelt.
        7. Das Leitbild hat dazu beigetragen, dass fachübergreifende Themen und Projekte stärker in den Unterricht integriert werden.
        8. Die Leistungsbewertung und Rückmeldung an Schüler orientieren sich an den Maßstäben des Leitbilds.
        9. Das Leitbild hat das Lernen und den Umgang mit Fehlern im Unterricht positiv beeinflusst.
        10. Der Unterricht fördert das Gemeinschaftsgefühl und die Teamarbeit unter den Schülern entsprechend den Zielen des Leitbilds.

        Diese Fragen sind darauf ausgelegt, konkrete Rückmeldungen darüber zu erhalten, wie stark das Leitbild im Schulleben verankert ist und ob es positive Auswirkungen auf die Schulkultur und den Unterricht hat.

        Dialog

        Prompt:

        Du fragst: Welche Reaktion bevorzugst du? Meine Einschätzung: Tatsächlich ein Mix aus beiden Reaktionen. Mir ist durch die Zusammenstellung auch klar geworden, dass ich besser eine Präambel voranstellen sollte, z.B. Wir wollten mit unserem Leitbild die Selbstständigkeit unserer Schüler befördern helfen. Dann kann ich Deine Fragen aufnehmen.

        Das ist eine sehr gute Idee, eine Präambel voranzustellen, um den Kontext und die Zielsetzung eures Leitbilds zu verdeutlichen. Diese Einleitung hilft den Befragten, die Fragen im richtigen Licht zu sehen und die beabsichtigten Wirkungen des Leitbilds im Schulalltag und Unterricht besser nachzuvollziehen. Hier ist ein Beispiel, wie du die Präambel formulieren und die Fragen entsprechend anpassen könntest:

         

        Präambel: „Mit unserem Leitbild haben wir uns zum Ziel gesetzt, die Selbstständigkeit unserer Schüler zu fördern und eine positive, respektvolle Schulkultur zu schaffen. Wir möchten nun evaluieren, inwieweit diese Ziele erreicht wurden und wie gut das Leitbild in der Schulkultur und im Unterricht verankert ist.“

        Fragen zur Schulkultur:

        1. Wird durch das Leitbild die Selbstständigkeit der Schüler in schulischen Aktivitäten gefördert?
        2. Ermutigt das Leitbild Schüler, eigenverantwortlich und respektvoll im Schulalltag zu handeln?
        3. Trägt das Leitbild dazu bei, dass Schüler Konflikte eigenständig und fair lösen?
        4. Fördert das Leitbild eine Kultur des gegenseitigen Respekts und der Unterstützung innerhalb der Schulgemeinschaft?
        5. Erkennen die Schüler das Leitbild als Leitfaden für ihr Verhalten im schulischen Umfeld?
        6. Spiegelt sich das Leitbild in der täglichen Kommunikation und dem Umgang miteinander in der Schule wider?
        7. Unterstützt das Leitbild Schüler dabei, Verantwortung für schulische Projekte und Aufgaben zu übernehmen?
        8. Wird durch das Leitbild die Partizipation der Schüler an schulischen Entscheidungsprozessen gestärkt?
        9. Hilft das Leitbild dabei, eine offene und wertschätzende Atmosphäre in der Schule zu schaffen?
        10. Fördert das Leitbild die Bereitschaft der Schüler, aktiv zur Schulgemeinschaft beizutragen?

        Fragen zum Unterricht:

        1. Unterstützt das Leitbild die Schüler darin, selbstständig im Unterricht zu arbeiten und zu lernen?
        2. Ermutigt das Leitbild die Schüler, Verantwortung für ihren eigenen Lernprozess zu übernehmen?
        3. Spiegelt sich die Förderung der Selbstständigkeit im Unterrichtsverhalten der Schüler wider?
        4. Wird das Leitbild bei der Planung und Umsetzung von Unterrichtseinheiten zur Förderung der Selbstständigkeit berücksichtigt?
        5. Trägt das Leitbild dazu bei, dass Schüler im Unterricht eigeninitiativ und kritisch denken?
        6. Ermutigt das Leitbild die Lehrer, Unterrichtsmethoden einzusetzen, die die Selbstständigkeit der Schüler fördern?
        7. Stärkt das Leitbild die Fähigkeit der Schüler, eigenverantwortlich Gruppenarbeiten zu organisieren und durchzuführen?
        8. Wird im Unterricht darauf geachtet, dass Schüler die Gelegenheit haben, selbstständig Lösungen zu erarbeiten?
        9. Trägt das Leitbild dazu bei, dass Schüler auch außerhalb des Unterrichts eigenständig weiterlernen?
        10. Wird das Leitbild als Orientierung genutzt, um den Schülern konstruktives Feedback zu ihrem selbstständigen Arbeiten zu geben?

        Durch diese präzise Verbindung der Fragen mit dem übergeordneten Ziel der Selbstständigkeitsförderung kannst du klare Rückmeldungen dazu erhalten, inwieweit das Leitbild seine beabsichtigte Wirkung entfaltet hat.

        Fragenbogen zu GenZ

        In jüngster Zeit wurden mehrere Studien veröffentlicht. Die JIM-Studie hebt beispielsweise hervor, dass Jugendliche zunehmend Videos auf Plattformen wie YouTube als Lernmethode nutzen, wobei 42 % der befragten Schüler Videos als ihre bevorzugte Lernmethode ansehen. Gründe dafür sind die ständige Verfügbarkeit und die Möglichkeit, komplexe Inhalte visuell ansprechend aufzubereiten. Allerdings fehlt es an digitaler Infrastruktur und Medienkompetenz an deutschen Schulen, um Schüler auf den Umgang mit Online-Informationen vorzubereiten.

        Wichtige Erkenntnisse:

        • Digitale Lernmethoden werden kaum in den Unterricht integriert, obwohl Videos bei den Schülern beliebt sind.
        • Persönliche Empfehlungen (von Freunden oder Lehrern) spielen eine zentrale Rolle bei der Auswahl von Lernvideos.
        • Ein großes Problem ist, dass Videoplattformen wie YouTube auf Klicks und Verweildauer ausgelegt sind und keinen Bildungsauftrag haben, was die Gefahr von Verzerrungen und Fehlinformationen erhöht.
        • Schulen sollten mehr Wert auf Medienkompetenz legen, damit Jugendliche Informationen kritisch bewerten können.
        • Lehrer müssen ausgebildet werden, um digitale Werkzeuge sinnvoll in den Unterricht zu integrieren und die Medienkompetenz der Schüler zu fördern.

        Die Corona-Pandemie hat den Bedarf an digitalem Unterricht und Medienkompetenz nochmals verdeutlicht. Ein Mix aus analogen und digitalen Methoden wird empfohlen, um Wissenslücken zu schließen und zukünftigen Schulschließungen vorzubeugen.[1]https://www.iwd.de/artikel/lernen-mit-youtube-474148/

         

        Prompt:

        Jugendliche verbringen viel Zeit online. Dies beeinflusst auch die Art und Weise, wie sie lernen und sich über politische und wirtschaftliche Entwicklungen informieren. Viele nutzen das Internet, um Hausaufgaben zu erledigen, Hausarbeiten zu schreiben oder Inhalte aus dem Schulunterricht zu verstehen und zu vertiefen. Im Rahmen der Leitbildentwicklung ist das zu berücksichtigen. Ich möchte die Jugendlichen einer Schule befragen lassen. Dabei möchte ich detailiertere Fragen zu “Was erwarte ich als Schüler im Rahmen der Berufsorientierung”, zu “Wie ich in der Schule und zu Hause am liebsten lerne” und zu “Wie ich mir hybride Lehr- und Lernstrukturen vorstellen kann”. Stelle mir bitte zu den drei Aspekten je zehn Fragen zusammen, mit der Antwortmöglichkeit 1: “trifft gar nicht zu” 2: “trifft kaum zu” 3: “trifft häufig zu” 4: “trifft vollständig zu”

         

        Hier sind je zehn Fragen zu den drei Aspekten „Berufsorientierung“, „Lernpräferenzen“ und „Hybride Lehr- und Lernstrukturen“. Die Antwortmöglichkeiten für jede Frage sind: **1: “trifft gar nicht zu”, 2: “trifft kaum zu”, 3: “trifft häufig zu”, 4: “trifft vollständig zu”**.

        Fragen zur Berufsorientierung:

        1. Ich erwarte, dass die Schule mir konkrete Informationen über verschiedene Berufsfelder bietet.
        2. Ich wünsche mir Praktikumsmöglichkeiten, um verschiedene Berufe besser kennenzulernen.
        3. Ich erwarte von der Schule Unterstützung bei der Vorbereitung auf Bewerbungsgespräche und -unterlagen.
        4. Mir ist es wichtig, dass die Schule mich über Weiterbildungsmöglichkeiten nach der Schulzeit informiert.
        5. Ich wünsche mir mehr Einblicke in Berufe, die ich online oder digital ausüben kann.
        6. Ich erwarte, dass die Schule mich bei der Suche nach einem Ausbildungsplatz oder Studium aktiv unterstützt.
        7. Ich finde es wichtig, dass die Schule Kontakte zu Unternehmen und Berufsschulen vermittelt.
        8. Ich wünsche mir individuelle Beratungsgespräche, um meine Berufswahl zu klären.
        9. Ich erwarte, dass die Schule mir hilft, meine Stärken und Schwächen in Bezug auf die Berufswahl zu erkennen.
        10. Mir ist es wichtig, dass die Schule mir zeigt, wie ich digitale Werkzeuge zur Berufsorientierung nutzen kann.

         Fragen zu Lernpräferenzen:

        1.  Ich lerne am liebsten, wenn ich die Inhalte selbstständig erarbeiten kann.
        2. Ich nutze gerne Online-Ressourcen, um Themen aus dem Unterricht besser zu verstehen.
        3. Ich bevorzuge es, in der Schule an Projekten zu arbeiten, die praxisnah und realitätsbezogen sind.
        4. Ich lerne zu Hause am liebsten mit Videos oder interaktiven Lernplattformen.
        5. Ich finde es hilfreich, wenn ich meine Lernzeiten und -methoden selbst bestimmen kann.
        6. Ich arbeite gerne in Gruppen, um gemeinsam Lösungen zu erarbeiten.
        7. Ich finde es wichtig, dass ich in der Schule und zu Hause Zugang zu digitalen Lernmaterialien habe.
        8. Ich lerne am effektivsten, wenn ich praktische Beispiele und Anwendungen sehe.
        9. Ich bevorzuge es, wenn Lehrkräfte individuelle Lernwege und -methoden unterstützen.
        10. Ich nutze gerne Online-Foren oder Chats, um mich mit anderen Schülern über den Lernstoff auszutauschen.

         Fragen zu hybriden Lehr- und Lernstrukturen:

        1. Ich kann mir vorstellen, dass ein Mix aus Präsenzunterricht und Online-Lernen meinen Lernfortschritt verbessert.
        2. Ich finde es gut, wenn ich im Online-Unterricht auf Lernmaterialien zugreifen kann, die ich jederzeit wiederholen kann.
        3. Ich wünsche mir, dass digitale Tools wie interaktive Whiteboards im Unterricht eingesetzt werden.
        4. Ich kann mir vorstellen, dass ich durch hybride Lernangebote flexibler und selbstständiger lernen kann.
        5. Ich finde es wichtig, dass ich im Online-Unterricht regelmäßig Feedback von den Lehrkräften erhalte.
        6. Ich wünsche mir, dass ich auch von zu Hause aus auf alle Unterrichtsmaterialien zugreifen kann.
        7. Ich kann mir vorstellen, dass ich durch Online-Lernangebote besser auf Prüfungen vorbereitet werde.
        8. Ich finde es sinnvoll, wenn ich in Online-Phasen Lernaufgaben in meinem eigenen Tempo bearbeiten kann.
        9. Ich wünsche mir, dass im Hybridunterricht sowohl individuelle als auch gemeinsame Lernaktivitäten stattfinden.
        10. Ich finde es wichtig, dass hybride Lernstrukturen gut organisiert und für alle verständlich sind.

        Diese Fragen helfen dabei, ein detailliertes Bild der Erwartungen und Bedürfnisse der Schüler in Bezug auf Berufsorientierung, Lernpräferenzen und hybride Lehr- und Lernstrukturen zu gewinnen.

         

        Eine weitere Möglichkeit bieten die Schul-Tools des IBBW zum Startchancen-Programm zur Erfassung der Ausgangssituation der Schule. Im Mittelpunkt steht die Frage, wie die Voraussetzungen für erfolgreiches Lernen und Wohlbefinden an der Schule verbessert werden können. Einen Überblick zur Bestandsaufnahme bietet der Leitfaden, für Priorisierungen bieten sich ergänzende Checklisten an.

        Folgerung II: Fortbildung

        Lang, lang ist es her, meine Beteiligung am SiNUS-Projekt. Zur Erinnerung: SINUS (Steigerung der Effizienz des mathematisch-naturwissenschaftlichen Unterrichts) war ein Modellversuchsprogramm für die Sekundarstufe I im mathematisch-naturwissenschaftlichen Bereich, das infolge der Third International Mathematics and Science Study (TIMSS) 1994/96 von der Bund-Länder-Kommission für Bildungsplanung und Forschungsförderung (BLK) initiiert wurde. Ziel des Programms war, die Effizienz des Unterrichts zu steigern.

        Die ZEIT schrieb seinerzeit: „Das groß angelegte Programm beweist, dass auch hierzulande möglich ist, was viele den vermeintlich unbeweglichen Deutschen nicht zutrauen: die schnelle Reaktion auf Missstände an Schulen; eine Reform des Unterrichts, des Kerngeschäfts der Lehranstalten; die Mobilisierung der viel gescholtenen Lehrerschaft für Veränderungen – und das alles gar in Zusammenarbeit von Bund und Ländern (Die Zeit, 20/2003)“. Und ein Jahr später: „Realitätsbezogene Aufgaben statt schematischen Rechnens, individuelles Lernen statt Formelpauken im Gleichschritt: Für einen solchen reformierten Mathematikunterricht steht die Abkürzung SINUS (Steigerung der Effizienz des mathematischnaturwissenschaftlichen Unterrichts). Mit einigen hundert Lehrern ist das bundesweite Fortbildungsprogramm gestartet, nach dem Pisa-Schock verzehnfachte sich die Zahl. SINUS zeigt, wie man Unterricht erfolgreich verändert (Die Zeit, 50/2004)“.

        Und dies bestätigt diese Grafik, allerdings bestätigt sie auch, was passiert, wenn man die Maßnahmen einstellt:

        Die Grafik zeigt einen geradezu dramatischen Rückgang der Kompetenzen unserer Schülerinnen und Schüler seit 2012. Ich schreibe – nicht evidenzbasiert – unserer Arbeit in SiNUS (eBook als Open Access verfügbar) und KUMN eine Mitursache für die Verbesserung zwischen 2003 – 2012 zu. 

        Immerhin gibt es nun einen neuen Impuls: Das Programm »QuaMath« verbindet bundesländerübergreifend Forschung und Praxis zur Stärkung der mathematischen Bildung in allen Schulstufen von der Primarstufe bis zur Sekundarstufe II in praxisnaher Zusammenarbeit. Die inhaltliche und didaktische Qualität des Unterrichts und die Frage, wie diese gemeinsam mit allen Akteurinnen und Akteuren in den Fortbildungssystemen der Länder durchgängig umgesetzt werden kann, stehen dabei im Mittelpunkt. Wie bei SiNUS ist QuaMath auf die langfristige Unterrichtsentwicklung in Schulteams ausgerichtet. Dabei arbeiten Lehrkräfte in schulinternen, fachbezogen arbeitenden professionellen Lerngemeinschaften (hier: Schulteams) zusammen und werden von qualifizierten Multiplikatorinnen und Multiplikatoren fortgebildet sowie begleitet. Die Fortbildungen finden in Schulnetzwerken im jeweiligen Bundesland statt und ermöglichen einen regelmäßigen fachbezogenen Austausch mit anderen Schulen. Hier ein von den Projektentwicklern produziertes „Einladungs”-Video:

        Für weitere Information zum QuaMath-Angebot: Unterrichts- und Fortbildungs-Qualität in Mathematik entwickeln

        Vergleichbare bundesweite Fortbildungsprogramme für andere Fächer bzw. Themenschwerpunkte gibt es meines Wissens nicht. Ansprechpartner für entsprechende Anfragen sind die jeweiligen Landes(fortbildungs)institute, die regelmäßig Informations- und Fortbildungsangebote zu zentralen Fragestellungen anbieten. Schulinterne Fortbildungen sind eher selten und wurden – von Seiten der Länder bzw. Schulämter –  in der Regel von uns als Schulberater „bedient“. Über diese Erfahrungen und Formate werde ich in einem der folgenden Beiträge berichten.

        Ausblick

        Im nächsten Blogbeitrag werde ich den Blick auf schulinterne Evaluationen (Smart Data) vertiefen und (unterstützende) Tools vorstellen, die auch länderübergreifend zur Verfügung stehen. Außerdem werde ich auf Lernstandserhebungen eingehen, ein Angebot, das in den sozialen Medien sehr unterschiedlich und kritisch bewertet wird.

         

        Bildnachweis:

        Titelbild: Anton Grabolle / Better Images of AI / Classification Cupboard / CC-BY 4.0

           

          Evaluation (1): Einführung

          Playdoyer für datengestützte Schul- und

          Unterrichtsentwicklung 

          Wie immer zu Beginn eines Jahres überlegt man sich, wo man in Zukunft seine Schwerpunkte setzen möchte. Ich nehme seit einiger Zeit wahr (und habe im letzten Jahr unter dem Hashtag Generation Z immer wieder darüber berichtet), dass unsere Schülerinnen und Schüler zunehmend verunsichert sind. Diese jungen Menschen wachsen in einer Welt auf, die von digitalem Wandel, globalen Krisen und einer noch nie dagewesenen Vielfalt an Möglichkeiten und Unsicherheiten geprägt ist. Gleichzeitig zeigen nationale und internationale Studien wie TIMMS 2023, ICILS 2023, das MINT Nachwuchsbarometer 2024 oder das Schulbarometer 2024 Kompetenzdefizite in zentralen Bildungsbereichen auf. Diese Defizite betreffen nicht nur das Fachwissen, sondern auch grundlegende Zukunftskompetenzen, die dringend benötigt werden.

          Aber wie reagieren wir als Schulsystem darauf? Sind wir bereit, die Herausforderungen anzunehmen? Und vor allem: Sind wir bereit, uns selbst in Frage zu stellen und neue Wege zu gehen? Diese Fragen waren in den letzten zehn Jahren meiner beruflichen Tätigkeit (Institut für Qualitätsentwicklung, Hessische Lehrkräfteakademie) immer wieder Ausgangspunkt für den Beginn einer Leitbilddiskussion in einer Schulgemeinschaft, die durch Coaching oder Beratung begleitet wurde.

          Dieser Beitrag ist der Auftakt zu einer Reihe von Artikeln, die Ihnen helfen sollen, die Qualität des Lernens und Lehrens systematisch zu verbessern. Ergebnisse zentraler Bildungsstudien werden vorgestellt und für die eigene Arbeit reflektiert. Ich zeige Ihnen, wie Sie durch gezielte schulinterne Befragungen die Bedürfnisse und Perspektiven Ihrer Schülerinnen und Schüler besser verstehen und darauf aufbauend handeln können. Und ich stelle Ihnen die Praxis einiger Schulen vor, die sich aus meiner Sicht erfolgreich auf den Weg gemacht haben. Mit einer Einführung in das Konzept der “Data Team Intervention”, einem vor allem in den Niederlanden eingesetzten Evaluationsverfahren, lege ich einen ersten Schwerpunkt auf die datengestützte Schul- und Unterrichtsentwicklung.

          Es erfordert Mut, sich auf neue Prozesse einzulassen. Es erfordert Offenheit, Ergebnisse kritisch zu hinterfragen. Und es erfordert die Bereitschaft, Verantwortung zu übernehmen, um gemeinsam etwas zu bewegen.

          Ich lade Sie nun ein, diesen Weg mitzugehen.

          Nadine Emmerling, Kultusministerium Baden-Württemberg

           

          Die Transformation in einer Kultur der Digitalität beschreibt den Wandel in Bildung und Gesellschaft, der durch die Digitalisierung und die tiefgreifenden Veränderungen in der Art und Weise, wie wir kommunizieren, lernen und arbeiten, hervorgerufen wird. Im schulischen Kontext bedeutet dies, dass Schulen ihre Strukturen, Lehrmethoden und Lerninhalte an die Herausforderungen und Möglichkeiten der digitalen Welt anpassen müssen.

          Die Digitalisierung ist so eng und selbstverständlich mit unserem Alltag verbunden (von der Onlinerecherche über den Fahrkartenautomaten bis zum Intranet der Kultusverwaltung). Der Schule kommt dabei die Aufgabe zu, junge Menschen dabei zu unterstützen, angesichts der rasanten und tief greifenden Veränderungsprozesse im beruflichen, im sozialen und im politischen Kontext diese Welt aktiv zu gestalten. Die jungen Menschen nutzen digitale Medien schon vielfach für ihr Lernen – mal zielgerichtet, mal weniger; mal lernförderlich, mal weniger; mal im Wissen um rechtliche Rahmenbedingungen (z. B. den Datenschutz, das Urheberrecht, den Jugendmedienschutz), mal ohne dieses Wissen. Vor allem die Schule ist der Ort, an dem Lernende in didaktisch aufbereiteten Kontexten digitale Medien sinnvoll und qualitätsorientiert einsetzen lernen können.

          Schnell stellte sich die Frage nach einem Standard. In den Kultusministerien wurden Qualitätsstandards bzw. Referenzrahmen entwickelt. Diese bildeten (und bilden in einigen Bundesländern immer noch) die Grundlage für die Rückmeldungen der Landesschulinspektorinnen und -inspektoren. Vergleicht man die Qualitätsrahmen der Länder miteinander, so fällt auf, dass sie sich nur in Nuancen unterscheiden. Allen gemeinsam ist die Analyse einer Schule nach folgenden Kriterien

          • Ergebnissen / Leistung
          • Lernkultur – Qualität der Lehr- und Lernprozesse
          • Schulkultur
          • Schulleitung und Schulmanagement
          • Lehrerprofessionalität und Personalentwicklung
          • Zielen und Strategien der Qualitätsentwicklung

          Das Jahr 2024 ist geprägt von der Veröffentlichung zahlreicher Studien. Es geht um die Umsetzung der Bildungsstandards, um den angemessenen Einsatz von Technologien im Unterricht, um die Einstellung der Schülerinnen und Schüler zu Politik und Umwelt und vieles mehr. Darauf werde ich in den folgenden Beiträgen noch näher eingehen.

          In diesem Beitrag geht es um die Akzeptanz interner und externer Evaluationsverfahren und damit um eine datengestützte Schulentwicklung. Evaluation wird verstanden als ein Prozess der systematischen Sammlung und Analyse von Daten bzw. Informationen mit dem Ziel, kriterienorientierte, begründete und nachvollziehbare Bewertungsurteile zu ermöglichen. Orientiert man sich an der Herkunft des Wortes (frz., zu évaluer «schätzen», «berechnen», von lat. valere «stark sein», «wert sein»), so wird deutlich, dass Evaluation etwas mit «Wert schätzen» zu tun hat, mit der Einschätzung des Wertes, der «Stärke» eines Produktes oder Prozesses anhand nachvollziehbarer Kriterien. Gute Evaluation hat viel mit einer «wertschätzenden» Grundhaltung zu tun, mit dem Bemühen, die Qualität von Schule und Unterricht zu verstehen, um sie weiterzuentwickeln. Interne Schulevaluation basiert auf der Überzeugung, dass Schulqualität erhalten und gefördert werden kann, wenn die Lehrkräfte vor Ort ihre Erfahrungen und ihr Wissen austauschen und für Entwicklungen fruchtbar machen. Sie sind es, die Schulqualität hervorbringen und die die Schule und ihr Umfeld vor Ort am besten kennen.

          Lernendes Schulsystem

          Die datengestützte Schulentwicklung unterscheidet zwischen schulinterner Evaluation (Small Data) und externer Evaluation (Big Data), die in der Regel von den Bildungsbehörden initiiert wird. Ein lernendes Schulsystem zeichnet sich durch die Fähigkeit aus, sich kontinuierlich an neue Herausforderungen anzupassen, Innovationen aufzunehmen und aus Erfahrungen zu lernen. Dies erfordert nicht nur strukturelle Veränderungen, sondern auch einen tiefgreifenden Wandel im Denken und in der Kultur der Schule als Organisation. Datengestützte Schulentwicklung ermöglicht fundierte Entscheidungen in Bezug auf die oben genannten Fragen zu treffen (Umsetzung der Bildungsstandards, angemessener Einsatz von Technologien im Unterricht, Einstellungen der Schülerinnen und Schüler zu Politik und Umwelt u.v.m.).

          Kluge Evaluation hilft

          • die eigene Praxis neu zu sehen
          • sinnvolle und falsche Routinen zu erkennen,
          • die Unsicherheit in Bezug auf die Wirkungen und die Wirksamkeit der eigenen Arbeit zu reduzieren,
          • herauszufinden, was wirkungsvoll ist,
          • Bestätigung für eine erfolgreiche und bewährte Praxis zu finden,
          • Handlungsbedarf und Veränderungsbedürfnisse zu erkennen,
          • Feedbacks für das eigene Lehren und Lernen zu nutzen,
          • fundierte Grundlagen für die Arbeitsplanung und die Entscheidungen zu gewinnen,
          • eine Grundlage für die Verständigung über gemeinsame Ziele zu schaffen,
          • Rechenschaft abzulegen über das Mass der Zielerreichung und die Erreichung eigener und anerkannter externer Qualitätsansprüche.

          Selbstreflexion ist Teil der Arbeitskultur von Schule

          Früher nahmen die einzelnen Lehrerinnen und Lehrer die Verantwortung für eine hohe Schul- und Unterrichtsqualität vorwiegend individuell wahr. Mit der schulinternen Evaluation ist die Zielsetzung verbunden, dass die einzelnen Schulen schrittweise auch gemeinsame Formen der Qualitätssicherung und Qualitätsentwicklung aufbauen und diese im Schulbetrieb fest verankern.

          Die Schule als pädagogische Einheit (“Lernende Schule”) wie auch einzelne Unterrichtsteams können Evaluationen nutzen, um die Wirkungen der gemeinsamen Arbeit auf die Schülerinnen und Schüler, auf die Lehr- und Betreuungspersonen sowie auf die Schule und nach außen einzuschätzen und zu beurteilen.

          Evaluation ist ein Beteiligungsinstrument

          Evaluation ermöglicht, die Sichtweisen der Beteiligten und Betroffenen einzuholen und auf dieser differenzierten Grundlage tragfähige, breit abgestützte Entscheide zu fällen. Durch Evaluationsvorhaben können Schülerinnen und Schüler sowie Erziehungsberechtigte in die Gestaltung und Entwicklung der Schule einbezogen werden. Grundlage für die Entscheidung über Entwicklungsschwerpunkte sind dann nicht nur die Sichtweisen innerhalb des Kollegiums, sondern auch regelmäßige Rückmeldungen von Kindern, Jugendlichen oder Erziehungsberechtigten über deren Sicht auf schulische Abläufe. Evaluation wäre in diesem Sinne auch als Beitrag zur Demokratisierung der Schule zu verstehen.

          Data Team Intervention

           

          Anlässlich des 20-jährigen Bestehens des Instituts zur Qualitätsentwicklung im Bildungswesen (IQB) hielt Prof.’ Schildkamp den Festvortrag. Sie ist Professorin an der Fakultät für Verhaltens-, Management- und Sozialwissenschaften der Universität Twente in den Niederlanden. Ihr Lehrstuhl “Data Informed Decision Making for Learning and Development” widmet sich der Erforschung und Förderung datengestützter Entscheidungsfindung im Bildungsbereich. Ihre Arbeit konzentriert sich auf die professionelle Entwicklung im Bereich der datengestützten Entscheidungsfindung und die Anwendung von künstlicher Intelligenz (KI) im Bildungsbereich. Ihre Forschungsergebnisse bieten Einblicke und Strategien, wie Bildungseinrichtungen durch den gezielten Einsatz von Daten nicht nur effizienter arbeiten, sondern auch das Lernen und die Entwicklung der Lernenden nachhaltig verbessern können.

          Zusammenfassung ihres Vortrags [1]https://www.schule.at/bildungsnews/detail/datenteams-als-gamechanger

          Ein wesentlicher Aspekt ihrer Forschung ist die Einbeziehung der Lernenden in den Prozess der Datennutzung. Durch ihre aktive Beteiligung wird nicht nur ihre eigene Informationskompetenz gestärkt, sondern auch das gemeinsame Ziel einer kontinuierlichen Verbesserung der Bildungsqualität verfolgt. In ihrem Vortrag wies sie darauf hin, dass ihrer Erfahrung nach häufig eine Lösung für ein Problem umgesetzt wird, ohne die eigentlichen Ursachen zu analysieren. So würden beispielsweise bei schlechten Mathematikleistungen zusätzliche Stunden und neue Materialien eingeführt, ohne die Qualität des Unterrichts zu hinterfragen. Außerdem würden Lehrer manchmal die Notwendigkeit von Daten in Frage stellen, da sie glaubten, ihre Schüler auch ohne Daten gut zu kennen.Der Prozess sollte jedoch mit klaren Zielen beginnen, gefolgt von der Sammlung und Analyse von Daten, um zu verstehen, warum diese Ziele (nicht) erreicht werden. Daten müssten kontextualisiert und in handlungsrelevantes Wissen umgewandelt werden. Daten werden oft mit Rechenschaftspflicht in Verbindung gebracht, was zu kurzfristigen, engen Zielen und einem eingeschränkten Fokus (z.B. nur auf Leistung) führen kann. Eine Kombination aus Rechenschaftspflicht und Verbesserung ist für nachhaltige Ergebnisse unerlässlich.

          Das Ziel der Bildungsbehörden und der Schulleitung sollte es sein, die datengestützte Zusammenarbeit, die Integration von Technologien und die professionelle Entwicklung der Lehrkräfte zu fördern. Sie fordert, die Autonomie der Lehrkräfte zu respektieren und ihnen gleichzeitig Unterstützung und Weiterbildung anzubieten. Für die Datenerhebung empfiehlt Schildkamp vielfältige Datenquellen, darunter Umfragen, Beobachtungen und Interviews mit Schüler/innen. Vor allem Schülerstimmen lieferten wertvolle Einblicke. Die Analyse der Daten sei ihrer Erfahrung nach weniger schwierig, da sie klaren Regeln folge. Die Herausforderung liege in der Interpretation und Umsetzung. Daten allein geben keine konkreten Handlungsanweisungen. Lehrkräfte müssten ihre pädagogische Expertise einbringen, um geeignete Maßnahmen abzuleiten. Der Dialog und die Zusammenarbeit im Team seien entscheidend, um unterschiedliche Perspektiven einzubeziehen und Vorurteile abzubauen.

          Die Nutzung von Daten sollte als Instrument und nicht als Selbstzweck betrachtet werden. Eine erfolgreiche datengestützte Schulentwicklung erfordert eine ausgewogene Kombination aus Verantwortung, Unterstützung und einer Kultur der kontinuierlichen Verbesserung, die die Lehrkräfte unterstützt und einbezieht.

          Schließlich stellte Schildkamp mit der „Data Team Intervention“ ein Konzept vor, das seit 15 Jahren in verschiedenen Ländern (u.a. Niederlande, USA, Schweden, Belgien, England) erprobt wird. Die Professorin lädt Schulleitungen und Lehrkräfte ein, dieses Instrument zu nutzen. Wesentliche Erkenntnisse aus der Forschung mögen zunächst frustrierend erscheinen sind aber im Spiegel der Komplexität von Bildung zu sehen: Erste Hypothesen erweisen sich oft als falsch. Der Prozess fördert ein Umdenken von externen Ursachen („Es liegt an den Eltern“) hin zu internen Lösungen („Was können wir tun?“). Die Arbeit in den Datenteams wiederum stärkt die Datenkompetenz, das Vertrauen in datengestützte Entscheidungen und die Zusammenarbeit im Kollegium. In den meisten Fällen verbessern die Schulen ihre Unterrichtsqualität und lösen die identifizierten Probleme. Es gibt aber auch Teams, die scheitern. Auch diese Misserfolge bieten Lernchancen. Die „Data Team Intervention“ ermöglicht fundierte Entscheidungen durch die Kombination von Datenanalyse, Zusammenarbeit und kontinuierlichem Lernen. Dies führt zu einer höheren Bildungsqualität und hilft Schulen, die vielfältigen Herausforderungen im Bildungsbereich systematisch anzugehen.

          Data Intervention Team (Konzept)

          Die Data Team Intervention ist ein strukturierter Prozess, bei dem ein Team aus Lehrkräften, Schulleitungen und ggf. weiteren Beteiligten gezielt daran arbeitet, schulische Herausforderungen mithilfe von Daten zu analysieren und zu lösen. Der Ansatz kombiniert systematische Datennutzung mit professioneller Entwicklung der beteiligten Lehrkräfte.

          Ablauf:

          1. Identifikation eines Problems: Das Team wählt eine konkrete Herausforderung aus, z. B. schwache Schülerleistungen in einem Fach oder hohe Fehlzeiten.
          2. Datensammlung: Relevante Daten (z. B. Leistungsdaten, Umfrageergebnisse, Beobachtungen) werden gesammelt.
          3. Analyse: Die Daten werden im Team analysiert, um Ursachen zu identifizieren.
          4. Maßnahmenplanung: Auf Basis der Analyse entwickelt das Team Maßnahmen zur Problemlösung.
          5. Umsetzung und Monitoring: Die Maßnahmen werden umgesetzt, und deren Erfolg wird erneut mithilfe von Daten überprüft.
          6. Reflexion und Anpassung: Der gesamte Prozess wird reflektiert, um daraus zu lernen und ggf. Anpassungen vorzunehmen.
          Data Intervention Team (Erste Annäherung)

          Im Rahmen des hessischen Lehrerfortbildungsprogramms “Kompetenzorientiert unterrichten – Bildungsstandards nutzen“ (2007 – 2014) wurden über einen längeren Zeitraum Fachschaften der Sekundarstufe I fortgebildet. Das Projekt verfolgte mehrere Ziele. Es ging darum, den Mathematik- und Naturwissenschaftsunterricht so zu gestalten, dass Schülerinnen und Schüler möglichst selbstständig arbeiten und lernen können. Dies sollte durch die Förderung von Kompetenzen erreicht werden, die das Zusammenspiel von Wissen, Können und Wollen umfassen. Ein weiteres Ziel war es, die Motivation der Schülerinnen und Schüler zu steigern und damit ihre Lernergebnisse zu verbessern. Darüber hinaus sollten die Lehrkräfte durch das Projekt angeregt werden, sich als Lernbegleiter zu verstehen und individuelle Lernunterstützung anzubieten. Langfristig wurde eine Veränderung der Lehr- und Lernkultur hin zu mehr selbstgesteuertem Lernen und kompetenzorientierter Unterrichtsgestaltung angestrebt.

          Ausgangspunkt waren die 2003 in Kraft getretenen Bildungsstandards. Meine Schule hat sich 2009 entschieden, an dem Projekt teilzunehmen. Auslöser war die Unzufriedenheit mit den schlechten Ergebnissen der Lernstandserhebungen.

          Wir haben uns zunächst mit den Kompetenzbereichen (siehe Bild) beschäftigt und eine Reihe neuer Aufgabentypen entwickelt, die dieser Struktur Rechnung tragen sollten.

          Die gute Nachricht: Wir haben uns als Fachkonferenz mit den Herausforderungen in den verschiedenen Kompetenzbereichen auseinandergesetzt. Wir haben uns kennen und schätzen gelernt.

          Die schlechte Nachricht: Die Ergebnisse waren enttäuschend, führten zu Ernüchterung, die kollegiale und kooperative Zusammenarbeit ließ nach.

          Im Rückblick: Die Lehrbücher waren noch old school (hat sich inzwischen verbessert). Die Arbeit an neuen Aufgaben war mühsam. Eine Dissertation aus dem Jahr 2009 zeigte, dass die Klassenarbeiten in der 9. Klasse zu 90% aus Aufgaben aus dem Kompetenzbereich K5 (Umgang mit symbolischen, formalen und technischen Elementen der Mathematik) bestanden. Es ist daher nicht verwunderlich, dass die externen Evaluationen Defizite in den anderen fünf Kompetenzbereichen aufzeigten. Vielleicht haben wir Fortbildnerinnen und Fortbildner auch zu viel Rücksicht auf Befindlichkeiten genommen, wenn wir – bei aller Wertschätzung – Lehrkräfte auf Lehr- und Lernstrukturen ansprechen, die im Hinblick auf die Heterogenität der Lerngruppe zu hinterfragen sind. So haben wir ein Instrument angeboten, mit dem ein Vergleich der Selbst- und Fremdwahrnehmung durch die Lerngruppe organisiert werden kann. Das wurde aber bis auf ganz wenige Ausnahmen abgelehnt. Ich komme in einem der nächsten Beiträge noch einmal darauf zurück.

          Wie also in Kenntnis dieser Erfahrung neu ansetzen? Hier mein Vorschlag einer Umsetzung des o.g. Konzept:

          • Identifikation eines Problems: Die Fachkonferenz identifiziert Probleme im Umgang mit kompetenzorientierten Aufgaben. Die Ursachen werden im mangelnden Aufbau von Fachwissen, im Leseverständnis und in der fehlenden Bereitschaft der Schülerinnen und Schüler, sich mit diesen Problemen auseinanderzusetzen, gesehen.
          • Datensammlung: Relevante Daten (z. B. externe Leistungsdaten (i. W. aus Lernstandserhebungen, Umfrageergebnisse, Beobachtungen) werden gesammelt.
          • Analyse: Die Daten werden im Team analysiert, um Ursachen zu identifizieren.
          • Maßnahmenplanung: Auf Basis der Analyse entwickelt das Team Maßnahmen zur Problemlösung. Dazu gehören Überlegungen zur Lehr-Lernkultur (insb. in der Entwicklung von Tiefenstrukturen) ebenso wie die Arbeit an veränderten Prüfungskontexten (z.B. halte ich die Überprüfung von Modellierungskompetenzen durch klassische Klassenarbeiten für nahezu unmöglich). Die folgenden Links bieten einige Anregungen und Unterstützung (bzgl. der ChatGPT Links von Janina benötigt man einen Account. Für erste Versuche reicht die kostenfreie Variante
          • Umsetzung und Monitoring: Die Maßnahmen werden umgesetzt, und deren Erfolg wird erneut mithilfe von (nun schulintern organisierten) Daten überprüft.
          • Reflexion und Anpassung: Der gesamte Prozess wird reflektiert, um daraus zu lernen und ggf. Anpassungen vorzunehmen.

          Die letzten beiden Spiegelpunkte haben wir im KUMN-Projekt ausgelassen (siehe oben). Natürlich standen uns damals weder die oben genannten KI-Tools noch externe mathematische Fachkollegien zur Verfügung, die uns hätten beraten können, wie wir mit den identifizierten Problemen hätten umgehen können. Darüber hinaus würde ich zum jetzigen Zeitpunkt über eine fächerübergreifende Vernetzung nachdenken wollen. Zum Beispiel mit der Fachkonferenz Englisch, die sich nach den Lernstandserhebungen der letzten Jahre immer besser entwickelt hat, nicht zuletzt wohl durch eine Intensivierung der funktionalen kommunikativen Kompetenz, die auch in der Mathematik einen hohen Stellenwert hat.

          Vorteile - Herausforderungen

          Vorteile

          • Systematische Problemlösung: Anstatt sich auf Vermutungen zu stützen, werden datenbasierte Entscheidungen getroffen.
          • Förderung von Kooperation: Lehrkräfte arbeiten eng zusammen und lernen voneinander.
          • Professionalisierung: Der Umgang mit Daten wird geschult, was die Kompetenzen der Beteiligten stärkt.
          • Kultureller Wandel: Der Ansatz kann langfristig eine dateninformierte Schulentwicklung etablieren.

          Herausforderungen

          • Zeitaufwand: Der Prozess erfordert regelmäßige Treffen und Engagement, was in den oft hektischen Schulalltag passen muss.
          • Datenkompetenz: Viele Lehrkräfte sind nicht ausreichend im Umgang mit Daten geschult und benötigen entsprechende Fortbildungen.
          • Akzeptanz: Der Ansatz erfordert eine Kultur des Vertrauens und der Offenheit, damit Teams ehrlich über Schwächen sprechen können.

          Ausblick

          Die Data Team Intervention passt perfekt zum Ziel, Schulen zu einer systematischeren Auseinandersetzung mit Daten zu bewegen. Es kann helfen, Abwehrhaltungen gegenüber Lernstandserhebungen und/oder externe Evaluationen zu überwinden, da der Ansatz kollaborativ und lösungsorientiert ist. Prof.’in Schildkamp fasst ihre Erfahrungen so zusammen, hier in Zusammenarbeit mit Amanda Neck:

          By identifying shared goals and engaging in a collaborative and dialogic use of multiple sources of data in a professional learning community, teachers, school leaders, and students can make more informed decision. This will lead to a higher quality of education.

          Vor allem im Ausland gibt es zahlreiche Aktivitäten zur datengestützten Schul- und Unterrichtsentwicklung.

          • „Data Teams“ in den Niederlanden
            • Teams aus Lehrkräften und Schulleitungen analysieren systematisch Schul- und Leistungsdaten, um Problembereiche wie Schülerleistungen oder Wohlbefinden zu verbessern.
            • Eine regelmäßige und strukturierte Begleitung durch Daten-Coaches stellt sicher, dass die Prozesse effizient ablaufen.
          • Schulen in Alberta, Kanada
            • Schulen arbeiten mit regionalen Datenplattformen, um Entwicklungen zu verfolgen. Ein integriertes Dashboard zeigt individuelle Schülerleistungen und Kennzahlen zur Schulentwicklung an, die für Entscheidungen genutzt werden.
          • Schulinterne Qualitätszirkel (Schweiz)
            • Schulen nutzen Qualitätszirkel, in denen Lehrkräfte gemeinsam Daten aus internen Erhebungen, Prüfungen und Schulinspektionen auswerten. Die Arbeit in kleinen Teams verteilt die Verantwortung und spart Zeit.

            Mit dem Hinweis auf diese Entwicklungen im Ausland möchte ich es bei dieser Einführung belassen. Im 2. Teil plane ich die Vorstellung und Zusammenfassung zahlreicher Studien (Big Data) sowie die Darstellung einer (bundesweiten) Unterstützungsreaktion aus einer Datenanalyse (hier PISA 2018/2022). Mit dem 3. Teil setze ich die Reihe mit dem Blick auf schulinterne Maßnahmen fort. In diesem Beitrag stelle ich einige schulinterne Evaluationsverfahren (Small Data) vor, verbunden mit einem konkreten Unterstützungsangebot zum Evaluationsdesign. Um Anregungen für Maßnahmen zu geben und deren Umsetzung zu erleichtern, schlage ich im 4. Teil einige Lehr-Lern-Konzepte vor. Teil 5 enthält einige Praxisbeispiele und Teil 6 schließt die Blogserie mit einem „Big Picture” ab.

            Lassen Sie sich überraschen, was ich vor allem mit dem letzten Spiegelpunkt meine.

             

            … stay tuned …

            Titelbild: Gerd Altmann @pixabay

            Abschnitt Data Team Intervention: Jason Goodman @unsplash