Big-Data-Erhebungen im Bildungswesen basieren auf der systematischen Analyse großer, oft heterogener Datenmengen. Dabei werden Informationen von Schülerinnen und Schülern, von Lehrkräften oder Schulen erfasst – teils auf nationaler oder internationaler Ebene (z. B. PISA, ICILS, TIMSS). Es fließen viele verschiedene Daten ein: Fragebogendaten, Hintergrundinformationen (z. B. sozioökonomischer Status), Feedbackdaten oder digitale Logdaten (z. B. Klickverhalten in Lernplattformen). Die Erhebungen folgen strengen methodischen Standards und erlauben Vergleiche über Länder, Schulformen oder Zeiträume hinweg. Teilweise werden Daten regelmäßig erhoben (z. B. Schulbarometer), um Trends sichtbar zu machen und Entwicklungen zu analysieren. In der Analyse kommen fortgeschrittene statistische Verfahren wie multivariate Analysen, Clusterverfahren oder maschinelles Lernen zum Einsatz, um Muster zu erkennen, die mit bloßem Auge nicht sichtbar wären.

Warum ist Big Data für Schulen sinnvoll…
Sie zeigen systemische Probleme frühzeitig auf, beispielsweise Digitalisierungslücken, Leistungsdefizite oder Ungleichheiten. Die Ergebnisse liefern Anhaltspunkte für strategische Entscheidungen in Bereichen wie Unterrichtsqualität, digitale Ausstattung oder Lehrkräftefortbildung.

… und wie lassen sie sich vor Ort nutzen?

Schulen benötigen Formate, die es ermöglichen, abstrakte Daten auf die eigene Realität zu beziehen. Das gelingt beispielsweise durch die Nutzung von Fragebögen aus der „großen“ Erhebung. Es werden Vergleichswerte generiert, die es der Schulleitung ermöglichen, gegenüber dem pädagogischen Personal, den Eltern und dem Schulträger zu begründen, warum bestimmte Veränderungen notwendig sind.

    Schulbarometer 2025: Ergebnisse

    Die Studie „Deutsches Schulbarometer 2025 – Lehrkräfte“ der Robert Bosch Stiftung basiert auf einer repräsentativen Online-Befragung von 1.540 Lehrkräften (inklusive Schulleitungen) an allgemein- und berufsbildenden Schulen in Deutschland, durchgeführt im Zeitraum 11. November bis 2. Dezember 2024. Sie untersucht zentrale Herausforderungen, Einstellungen und Bedarfe im Schulalltag aus Sicht der Lehrkräfte und liefert Handlungsempfehlungen für das Bildungssystem.

    Größte Herausforderungen im Lehrerberuf

    • Verhalten der Schüler:innen ist mit 42 % die am häufigsten genannte Herausforderung (Vorjahr: 35 %), besonders an Haupt-, Real- und Gesamtschulen (52 %).
    • Arbeitsbelastung und Zeitmangel werden von 34 % genannt (Vorjahr: 28 %).
    • Heterogenität der Schülerschaft bleibt mit 32 % auf hohem Niveau ein Problem.
    • Weitere Belastungen: Bildungspolitik und Bürokratie (23 %), Personalmangel (20 %), Zusammenarbeit mit Eltern (20 %)

    Demokratiebildung und Partizipation

    • 54 % der Lehrkräfte wünschen sich mehr Demokratiebildung an ihrer Schule, insbesondere an Haupt-, Real-, Gesamt-, Förder- und beruflichen Schulen.
    • Haupthemmnis ist fehlende Unterrichtszeit (77 %), gefolgt von mangelndem Fachwissen im Kollegium (45 %) und fehlendem Unterrichtsmaterial (35 %).
    • Schüler:innen dürfen vor allem bei Klassenregeln (86 %) mitbestimmen, aber selten bei Unterrichtsinhalten (39 % „gar nicht“).
    • Im internationalen Vergleich ermöglichen deutsche Schulen weniger Partizipation

    Heterogenität und Inklusion

    • 71 % der Lehrkräfte sehen in inklusiver Beschulung keinen Vorteil für alle Schüler:innen.
    • Lehrkräfte an Grund- und Förderschulen sowie solche mit einem „Growth Mindset“ (Glaube an die Veränderbarkeit von Fähigkeiten) stehen Inklusion positiver gegenüber.
    • 83 % empfinden Heterogenität als große zusätzliche Arbeitsbelastung.
    • Der größte Fortbildungsbedarf besteht beim Umgang mit psychisch belasteten Schüler:innen (43 %) und beim Unterrichten von Schüler:innen mit Förderbedarf (35 %).

    Berufliche Zufriedenheit und Belastung

    • Über 80 % der Lehrkräfte sind grundsätzlich zufrieden, 70 % würden den Beruf wieder wählen, 90 % arbeiten gerne an ihrer Schule.
    • Fast ein Drittel fühlt sich mehrmals pro Woche erschöpft, 10 % sogar täglich.
    • Besonders jüngere Lehrkräfte berichten häufiger von Erschöpfung und Zynismus.
    • Vier Wohlbefindens-Profile wurden identifiziert; etwa ein Drittel ist „glücklich“, ein weiteres Drittel „zufrieden – leicht erschöpft“, 19 % „unzufrieden – erschöpft“, 14 % „erschöpft – zynisch“.

    Psychosoziale Unterstützung

    • Nur 61 % der Lehrkräfte halten die psychosoziale Infrastruktur ihrer Schule für ausreichend.
    • 60 % berichten von einem Konzept zur Weitervermittlung psychisch belasteter Schüler:innen.
    • 38 % sehen die schulpsychologische Unterstützung als völlig unzureichend an.
    • 47 % beobachten psychische oder physische Gewalt unter Schüler:innen.

    Fortbildung und kollegiale Zusammenarbeit

    • Am häufigsten wurden Fortbildungen zu digitalen Medien (58 %) und unterrichtsbezogenem Fachwissen (44 %) besucht.
    • 43 % sehen Fortbildungsbedarf beim Umgang mit psychisch belasteten Schüler:innen.
    • 45 % unterrichten mehrmals im Jahr im Team, aber nur 24 % hospitierten im vergangenen Jahr regelmäßig bei Kolleg:innen.
    Die Studie empfiehlt gezielte Maßnahmen zur Entlastung von Lehrkräften, zur Verbesserung der psychosozialen Unterstützung an Schulen, zur Förderung von Demokratiebildung und Partizipation sowie zur systematischen Integration von KI in den Schulalltag. Besonders hervorgehoben werden der hohe Fortbildungsbedarf in nahezu allen Bereichen sowie die Notwendigkeit, Lehrkräfte im Umgang mit Heterogenität und Inklusion besser zu unterstützen.

    Das Schulbarometer 2025 als Ausgangspunkt für eine schulindividuelle Schulentwicklung

    In Zeiten wachsender Komplexität und multipler Herausforderungen im Schulalltag wird eines immer deutlicher: Schulentwicklung braucht eine verlässliche Datengrundlage. Das Schulbarometer benennt nicht nur zentrale Problemlagen wie Verhaltensauffälligkeiten, Personalmangel oder Unsicherheiten im Umgang mit KI, sondern stellt auch die vollständigen Fragebögen offen zur Verfügung. Das schafft Transparenz, Nachvollziehbarkeit und vor allem die Möglichkeit, zentrale Erhebungsinstrumente für die eigene Schule zu adaptieren.

    Somit kann das Schulbarometer zum Impulsgeber werden. Welche Fragen lassen sich auf Ihre Schule übertragen? Welche Themen verdienen bei Ihnen besondere Aufmerksamkeit? Und wie können schulinterne Befragungen und Datenauswertungen dabei helfen, aus vagen Eindrücken konkrete Entwicklungsziele zu formulieren?

    Im Folgenden konzentriere ich mich auf die Aussagen zur Nutzungsquantität und -qualität von KI-Tools. Zunächst stelle ich einige Ergebnisse vor, ehe ich darauf eingehe, wie die zur Verfügung gestellten Fragebögen in der Schule eingesetzt werden können.

    Schulbarometer 2025: Aussagen zur Nutzung von KI-Tools

    Umgang mit KI

    62 % der Lehrkräfte fühlen sich im Umgang mit KI-Tools unsicher.

    Nutzung von KI

    • 31 % haben KI-Tools im vergangenen Jahr gar nicht genutzt, 31 % nutzen sie regelmäßig.

    Von denen, die KI-Tools regelmäßig nutzen:

    • Die Mehrheit erwartet negative Folgen des KI-Einsatzes für soziale, kommunikative und kritische Kompetenzen der Schüler:innen, sieht aber Potenziale bei individualisierter Förderung.
    • Hoher Fortbildungsbedarf besteht zur Nutzung von KI im Unterricht und zur Förderung kritischen Denkens

    Anwendungen von KI

    Hauptanwendungen: Aufgaben- und Unterrichtsplanung, selten Bewertung von Schülerarbeiten oder Analyse von Lernverlaufsdaten.

    Rückmeldung zur Arbeitszufriedenheit

    • Über 80 % der Lehrkräfte sind grundsätzlich zufrieden, 70 % würden den Beruf wieder wählen, 90 % arbeiten gerne an ihrer Schule.
    • Fast ein Drittel fühlt sich mehrmals pro Woche erschöpft, 10 % sogar täglich.
    • Besonders jüngere Lehrkräfte berichten häufiger von Erschöpfung und Zynismus.
    • Vier Wohlbefindens-Profile wurden identifiziert; etwa ein Drittel ist „glücklich“, ein weiteres Drittel „zufrieden

    Checkliste für ein schulisches Data-Team

    Ein schulisches Data-Team ist eine kleine Arbeitsgruppe aus Lehrkräften, Schulleitung und ggf. Schulsozialarbeit oder IT-Koordination, die mit Daten systematisch Entwicklungsprozesse anstößt.

    Die folgende Checkliste hilft beim Aufbau und bei der Umsetzung.[1]https://schule-in-der-digitalen-welt.de/1-evaluation/ , https://schule-in-der-digitalen-welt.de/3-evaluation/

    Phase 1: Vorbereitung

    • Zusammensetzung festlegen (max. 5–6 Personen, multiprofessionell)
    • Zeitliche Ressourcen und feste Sitzungsstruktur definieren
    • Schulinterne Fragestellung klären (z. B. „Wie gehen wir als Kollegium mit KI um?“).  Welche Entwicklungsziele hat die Schule (z. B. Unterrichtsqualität, Inklusion, Wohlbefinden)?
    • Relevante Datenquelle identifizieren: z. B. Schulbarometer 2025, Lernstandserhebungen, Feedback

    Phase 2: Datenerhebung planen

    • Small Data: Schülerfeedback, Elternbefragungen, kollegiale Hospitationen, Beobachtungen, Lernstandsanalysen, Evaluation von Projekten
    • Qualitative und quantitative Daten kombinieren (z. B. Umfragen, Interviews, Portfolios)
      • Fragebogen auswählen oder anpassen (ggf. auf KI-Thema fokussieren)
      • Plattform festlegen (z. B. LimeSurvey, Plattformen der Bundesländer)
      • Datenschutz klären (anonym oder pseudonym, Einwilligungen einholen)
      • Kollegium / Zielgruppe informieren und zur Teilnahme motivieren

    Phase 3: Datenauswertung und Interpretation

    • Ergebnisse tabellarisch oder visuell aufbereiten (Balken, Torten, Heatmaps)
    • Ergebnisse mit bundesweiten Schulbarometer-Werten vergleichen
    • Hypothesen entwickeln: Was könnte die Ursache für bestimmte Antworten sein?
    • Diskussionsrunden oder Mini-Workshops im Kollegium einplanen

    Phase 4: Ableiten von Maßnahmen

    Entwicklung konkreter Maßnahmen auf Basis der Daten (gezielte Fortbildungen, Anpassung von Unterrichtskonzepten, …).

      • Ein Ziel pro Thema festlegen (z. B. „KI in drei Unterrichtsfächern erproben“)
      • Verantwortlichkeiten und Zeitrahmen vereinbaren
      • Evaluationstermin setzen (z. B. in 6 Monaten)

    Phase 5: Nachsteuern und sichern

    Maßnahmen werden evaluiert und bei Bedarf angepasst.

      • Rückmeldungen aus dem Kollegium einholen
      • Wirksamkeit der Maßnahmen überprüfen
      • Ergebnisse im Schulentwicklungsbericht dokumentieren
      • Anschlussfragen definieren für die nächste Erhebung

    Fragenbogen

    Zielgruppe: Lehrkräfte (anpassbar für SuS oder SL)
    Format: Online oder Papier, Dauer: ca. 5–7 Minuten
    Skala: trifft nicht zu (1) – trifft kaum/wenig zu (2) – trifft häufig/im Wesentlichen (3) zu – trifft voll zu (4)

    Wahrnehmung & Einstellung zur KI

    • Ich fühle mich sicher im Umgang mit KI-gestützten Tools im Unterricht.
    • Ich schätze das Potenzial von KI zur individuellen Förderung von Schüler:innen.
    • Ich habe Sorge, dass KI-Tools zu Betrug oder Täuschung bei Leistungsnachweisen führen.
    • KI verändert mein Verständnis von Leistung und Bewertung im Unterricht.

    Einsatz im Unterricht

    • Ich habe bereits KI-gestützte Tools im Unterricht eingesetzt.
    • Ich kenne konkrete Tools, die ich im Fachunterricht nutzen könnte.
    • Ich weiß, wie ich den Einsatz von KI pädagogisch und rechtlich verantwortungsvoll gestalte.
    • In meinem Unterricht ist (noch) kein Raum für den Einsatz von KI.

    Schulentwicklung & Unterstützung

    • Unsere Schule hat sich mit Chancen und Risiken von KI bereits systematisch beschäftigt.
    • Ich wünsche mir Fortbildungen oder kollegiale Austauschrunden zu KI-Themen.
    • Es gibt klare Absprachen im Kollegium zum Einsatz von KI (bei Hausaufgaben, Projekten, Prüfungen).
    • Ich sehe KI als festen Bestandteil schulischer Medienbildung in den nächsten drei Jahren.
    Eine datenbasierte Schulentwicklung mit Small Data gelingt, wenn die Schulleitung eine partizipative, lösungsorientierte und reflektierte Kultur etabliert. Die richtigen Fragestellungen orientieren sich dabei an den konkreten Entwicklungszielen der Schule und beziehen alle Beteiligten mit ein. So sind gezielte und wirksame Verbesserungen im Schulalltag möglich. Erfolge stellen sich ein, wenn eine regelmäßige Reflexion stattfindet, Ergebnisse und Maßnahmen offen kommuniziert werden, verbindliche Strukturen angelegt sind (Steuergruppen, Zeitfenster) und die Maßnahmen auf ihre Wirkung hin überprüft und angepasst werden (Evaluation).

    Quelle:

    Wie ist die aktuelle Situation an Schulen in Deutschland? Vor welchen Herausforderungen stehen Lehrkräfte, Kinder und Jugendliche? Mit repräsentativen Umfragen befragen wir Menschen, die Schule täglich mitgestalten und erleben.

    Das Deutsche Schulbarometer Lehrkräfte 2025 zeigt, wo Lehrkräfte aktuell die größten Schwierigkeiten sehen, wo es Fortschritte gibt und welche Bedarfe sie haben. Seit 2019 lässt die Robert Bosch Stiftung regelmäßig repräsentative Umfragen durchführen, um frühzeitig auf Entwicklungen im Bildungssystem aufmerksam zu machen. In der neuen Lehrkräftebefragung, die am 25. Juni veröffentlicht wurde, gab es erstmals Erhebungen zur Nutzung von künstlicher Intelligenz im Schulalltag und zur Demokratiebildung. Das Schulportal hat die wichtigsten Ergebnisse hier zusammengefasst.

    Ergänzende Empfehlung:

    Kritisches Denken, Chancengleichheit, Entlastung: Künstliche Intelligenz verspricht viel – doch laut Schulbarometer stehen Lehrkräfte der Technik noch skeptisch gegenüber. Warum? Und was muss sich ändern?

    Zu guter Letzt...

    In einigen Bundesländern haben die wohlverdienten Sommerferien bereits begonnen. Mit diesem – zugegebenermaßen sehr umfangreichen – letzten Newsletter wünsche ich Ihnen eine erholsame und entspannte Zeit in der vor uns liegenden unterrichtsfreien Zeit. Und danach natürlich einen erfolgreichen Start ins neue Schuljahr!

    Bis Anfang September also …

     Stay tuned 

     

    Titelbild: Anton Grabolle / Better Images of AI / Classification Cupboard / CC-BY 4.0

    Liege: Ulrike Mai @pixabay