1000 Seiten über „Lernen mit digitalen Medien“

In den sozialen Netzwerken wurde ich auf ein Buch aufmerksam, dessen beiden Herausgeber mir wohlbekannt sind: Gerold Brägger als Geschäftsführer von IQESonline.net und Hans Günther Rolff als Gründer des Institut für Schulentwicklungsforschung der TU-Dortmund. Meine erste Assoziation zum Titel „Handbuch Lernen mit digitalen Medien“: Wow, zwei Experten auf dem Weg, uns das Lernen mit digitalen Medien zu erläutern. Denn, ein Handbuch (griechisch ἐγχειρίδιον encheiridion‚ „etwas, das man in der Hand hält“) ist in der Literatur eine geordnete Zusammenstellung eines Ausschnitts des menschlichen Wissens und kann als Nachschlagewerk dienen1.

Mein nächster Blick in das Inhaltsverzeichnis gibt eine erste Antwort, wie sie diesem Anspruch gerecht werden wollen: mit der Einladung an viele Who’s Whos der Medienexpert*innen des deutschsprachigen Raums, sich an diesem Buchprojekt zu beteiligen. Beeindruckend die Autor*innenliste! Der Beltz-Verlag bewirbt das Buch so:

Digitale Medien eröffnen Chancen für den binnendifferenzierten Unterricht und eine neue Lernkultur, bergen bei einem unkritischen Einsatz aber auch Risiken. Inwiefern können sie personalisiertes und kooperatives Lernen sowie einen lernwirksamen Unterricht mit heterogenen Gruppen fördern?
Dieses Handbuch bietet auf dem aktuellen Stand der Praxis und der wissenschaftlichen Forschung konkrete Impulse für die Schul- und Unterrichtsentwicklung. Dabei gehen die Autor_innen insbesondere auf die Merkmale eines kompetenzorientierten Unterrichts ein und untersuchen, inwiefern sich der Einsatz digitaler Medien speziell für dieses pädagogische Konzept anbietet. Andere Beiträge befassen sich mit Lernplattformen, Learning Analytics sowie mit Unterrichtskonzepten, die einen hybriden, das heißt gemischten Einsatz digitaler und analoger Lernsettings vorsehen. Das Handbuch schließt mit einem Überblick zu digitalen Medien im Unterricht, gibt dazu didaktische Empfehlungen und bringt Ideen für die Praxis.

 

Vorbemerkungen

Wichtig für das Gesamtverständnis des hier vorgestellten Buchs ist das Kapitel 1 (dazu gleich mehr) und der Arbeitshintergrund des Schweizer Erziehungswissenschaftlers Gerold Brägger: Er verantwortet die beiden Plattformen IQES-Online und  IQES Lernkompass. Während man sich IQES-Online als eine Bibliothek mit Fachtexten und Materialien für die Unterrichtspraxis und einem Evaluationscenter vorstellen kann, wird mit dem IQES-Lernkompass den Lehrkräften eine Arbeits- und Lernplattform zur Verfügung gestellt, die ein kompetenzorientiertes Unterrichten und Beurteilen ermöglichen soll. Erreicht wird das mit einer personalisierten Lernumgebung, die

  • Lernprozesse nachvollziehbar und lernwirksam beurteilt,
  • die lernwirksames Feedback und Schüler*innenselbstbeurteilung ermöglicht, dabei
  • Kompetenzen sichtbar macht und
  • Zusammenarbeit effizient und effektiv gestaltet.

Ziel der Plattform: Nachhaltige Schul- und Unterrichtsentwicklung und Förderung von Medien- und IT-Kompetenzen im Verbund mit fachlichem Lernen, so die Aussagen aus einem Dossier des Bildungsraums Nordwestschweiz2.

IQES-Online kenne ich aus meinen eigenen (ehemaligen) Arbeitszusammenhängen und kann die Plattform ohne jeden Vorbehalt empfehlen. Zur Arbeit mit dem Lernkompass liegen keine eigenen Erfahrungswerte vor. Mir sind keine externen Evaluationen bekannt. Die Plattform selbst weist (noch) keine Referenzen aus. Somit bleibt es jeder Schule erst einmal selbst überlassen, eigene Erfahrungen zu sammeln. Ich denke aber, es ist nur eine Frage der Zeit, bis auch hier belastbare Ergebnisse im Umgang mit der Plattform bekannt gemacht werden.

 

Das Handbuch

Fast 1000 Seiten. Fast zwei Kilogramm Gewicht. Kaum zu handeln. Gut, dass eine E-Book Variante „inside“ angeboten wird. Nach einer Registrierung erhält man einen Link. Die personalisierte PDF-Datei kann von allen gängigen PDF- Readern geladen werden.

Das Buch durchzieht einen roten Faden: Nicht die Lehrkraft steht im Mittelpunkt der Überlegungen, Aussagen, Analysen der Autor*innen, sondern die Adressaten der Unterrichtsangebote: die Schülerinnen und Schüler. Das beginnt gleich im ersten Teil. Es wird ein Akzent auf die digitale (Er)Lebenswelt der Jugendlichen mit Schlussfolgerungen auf die pädagogische Arbeit in den Schulen gesetzt. Hieraus entwickeln sich dann die weiteren Überlegungen zu einer damit korrespondierenden Unterrichts- und Schulentwicklung. Ungewöhnlich, aber das Selbstverständnis des pädagogischen Ansatzes und damit das Gesamtverständnis dieser Veröffentlichung eher befördernd: Die beiden Herausgeber Gerold Brägger und Hans Günter Rolff bringen sich sowohl im ersten Teil wie auch in weiteren Beiträgen als Mitautoren ein.

Bei so vielen Beiträgen verbietet sich eine individuelle Würdigung. Daher gleich zusammenfassend:

Die Beteiligung der Medienexpert*innen aus Deutschland, Österreich und der Schweiz sind ein Gewinn für das Buch. Die Publikation bildet den aktuellen Forschungsstand ab. Die Beiträge sind mit einer Fülle von Literaturhinweisen ausgestattet, die eine intensivere Auseinandersetzung ermöglichen. Die Praxisbeträge unterstützen die theoretischen Einführungen exemplarisch, nicht vollständig. Manchen Überlegungen hätte ich einen höheren Konkretisierungsgrad gewünscht.

Das Buch wird dann dem Anspruch der o. g. Wikipedia Kennzeichnung eines Nachschlagewerks gerecht, wenn es sachlich wie fachlich wenig Angriffsfläche bietet. Da scheinen Zweifel angebracht, wie ein kürzlich von Joachim Paul in Heise online veröffentlichter Beitrag Schule Digital: Lernplattformen und die zu geringen Bandbreiten der Politik zeigt. In der Tat sorgt eine fehlende Trennschärfe der IT-Begriffe Cloud, LMS und MDM für viel Interpretationsspielraum in der politischen Diskussion. Das lässt sich ja in einer späteren und überarbeiteten Auflage „heilen“. Schwieriger wird es jedoch, wenn sich zwischen Buchlegung und Veröffentlichung pädagogische Einschätzungen ändern, wie der Kommentar von einem der Autor*innen, Heiko Pöllert andeutet:

Für welche Zielgruppe eignet sich die Veröffentlichung?

Ganz sicher für die Ausbildner*innen der Lehrkräfte, erste wie zweite Phase: Das Handbuch kann in der universitären und unterrichtsvorbereitenden Ausbildung genutzt werden, sei es in der Vorlesung, sei es in den Seminaren, sei es durch einen Praxisauftrag bei den schulpraktischen Übungen bzw. Unterrichtsbesuchen. Fort- und Weiterbildungen initiierende pädagogische Einrichtungen und Medienzentren sowie an den Bildungspakt umsetzende Schulträger erhalten über die Abhandlungen einen Einblick in relevante Fragestellungen der mediepädagogischen Arbeit weitere Orientierungsmöglichkeiten.

Und, last but not least werden innovative Schulleitungen, Steuergruppen und Lehrkräften angesprochen, die mehr über

  • Persönlichkeitsentwicklungen der Jugendlichen unter digitalen Bedingungen,
  • die Entwicklung einer kompetenzorientierten und mediengestützten Lernkultur sowie
  • personalisiertes Lernen und Learning Analytics

erfahren bzw. terminologisch einordnen wollen.

Was man von den Ausführungen nicht erwarten sollte: eine unmittelbare, individuelle wie schulweite Umsetzung. Die Konzepte, Ideen spannen einen so großen Bogen um mediendidaktische Fragestellungen, die man erst einmal im Team, in der Schulgemeinde aufdröseln, durchdringen und diskutieren muss. Das gilt sowohl für ein kompetenzorientiertes Unterrichtsverständnis, den damit verbundenen Freiheitsgraden an Lehrende wie Lernende und nicht zuletzt für den Einsatz von Werkzeugen zu Learning Analytics. Apropos:

Vermutlich wird bei einigen Leser*innen der Wunsch entstehen, die beiden Schweizer Plattformen näher kennenlernen zu wollen. Das geht kurzfristig durch ein Testzugang (ein Monat). Mittel- und längerfristig gibt es u. U. die beiden folgenden Wege: der eine – bei Lernmittelfreiheit der Länder – mittels einer Finanzierung durch das schuleigene Budget. Der andere durch eine Lizenzierung durch das Land/ den Schulträger: Es gibt viele länderspezifische und kommunale Modelle, die bereits erfolgreich „laufen“. Wer bettermarks, edkimo, it’s tearning, iServ und Co. finanzieren kann, kann auch eine der IQES- Plattformen ermöglichen.

Bildnachweis: @Beltz mit freundlicher Genehmigung der Presseabteilung

Digitale Bildungsformate: Tools im Praxiseinsatz

Der sehr umtriebige Visual Ink Publishing Verlag mit seinem Inhaber Benjamin Wolba hat wieder „zugeschlagen“: Christian Pfliegel hat eine OER Publikation verfasst, die über digitale Bildungsformate informiert. Eigentlich für die Organisation von Online Veranstaltungen gedacht, eignet sie sich genauso gut als Kompendium für den täglichen Unterrichtseinsatz, synchron wie asynchron. Doch der Reihe nach:

Gastbeitrag: Ein Praxisbericht

Mit dem Praxisbericht EINE SCHÜLERZEITUNGSREDAKTION – GEHT ONLINE geht es los. Miriam Zöllich stellt im Rahmen eines Gastbeitrags ein Projekt vor, das allein es sich lohnt nachzulesen:

Im Auftrag der Hanns-Seidel-Stiftung konzipierte ich gemeinsam mit meiner Co-Referentin Christina Metallinos ein Online-Coaching für Schülerzeitungsredaktionen, das mit der innfloh-Redaktion des Ruperti-Gymnasiums in Mühldorf am Inn erstmalig erprobt wurde. Teilgenommen haben 15 Schülerinnen und Schüler zwischen der fünften und der zwölften Klasse, also zwischen elf und 18 Jahren. Einige von ihnen waren neu im Team und hatten auch wenig Vorwissen, was journalistisches Arbeiten angeht. Die Herausforderungen an uns als Seminarleiterinnen waren also

  • der unterschiedlichen Altersstruktur gerecht zu werden und das Coaching auch für jüngere Kinder abwechslungsreich zu gestalten
  • den unterschiedlichen Kenntnisstand zu berücksichtigen und
  • ein dynamisches und produktives Arbeiten in einem noch jungen Team anzuregen.

Ähnlich wie bei den Präsenzseminaren wollten wir den Schüler:innen ermöglichen, die Arbeit einer Redaktion möglichst authentisch zu erleben. Damit die Nachwuchsjournalist:innen am Ende des dreitägigen Seminars auch ein Ergebnis ihrer Arbeit sehen, haben wir gemeinsam einen Blog als Online-Magazin erstellt und mit Artikeln und Informationen befüllt. Zum Einsatz kamen außerdem Miro-Boards und Zoom-Konferenzen als digitale Tools, die an den journalistischen Redaktionsalltag angelehnt sind beziehungsweise auch tatsächlich derzeit von vielen Redaktionen aufgrund der Corona-Pandemie in der Praxis genutzt werden.

(…)

Fazit:

Binnen dreier Tage haben die Kinder und Jugendlichen dem Blog mit mehr als 30 Artikeln Leben eingehaucht. Das Online-Magazin ist zu einem greifbaren Produkt der gemeinsamen Arbeit in der Schülerzeitungsredaktion gewachsen. WordPress als kollaboratives Tool ist zwar im Grunde sehr vielschichtig und mit einem gewissen Arbeitsaufwand für die Seminarleitung im Vorfeld verbunden, kann aber mit den entsprechenden Einstellungen für die Teilnehmer:innen des Seminars ohne große Vorkenntnisse genutzt werden. Ein besonderer Vorteil ist, dass auf dieser Plattform gleichzeitig alle nötigen Informationen und Lerninhalte zur Verfügung gestellt werden können. Präsentationen, Handouts, Mitschnitte, Übungen oder Links müssen also nicht per E-Mail verschickt werden, sondern sind jederzeit online abrufbar. In diesem Beispiel wurde WordPress zwar für ein Zeitungsseminar verwendet, doch das Tool lässt sich in vielen Seminaren und Coachings einsetzen, in denen gemeinsam Inhalte erstellt werden. Neben dem praktischen Nutzen hat die Erstellung eines Blogs auch einen motivierenden Effekt für die Teilnehmer:innen: das Gefühl, tatsächlich etwas erschaffen zu haben.

Handbuch

Mit diesem Bericht werden nun vom Autor Christian Pfliegel die Weichen für die Darstellung sinnvoller Bausteine gelegt: von Werkzeugen zur Videobearbeitung, über Videokonferenztools (Wonder, Zoom), Präsentations (Canva)- und Interaktionstools (H5P) bis hin zu Hinweisen im Umgang mit OER Material. Alles wird praxisnah durch Tipps und Links beschrieben.

Und, auch das immer wieder in den sozialen Netzwerken angefragt: Welche Hardware eignet sich eigentlich? Von Ton, über Licht, Kamera bis hin zu Greenscreen, alles bekommt seinen Raum.

So auch theoretische Grundlagen. Einleitend mit Hinweisen zum digitalen Lernen. Neu dürfte für viele das von Pfliegel vorgestellte ADDIE- Modell sein. Hinter dem Akronym verbirgt sich ein Design- Modell aus:

  • Analyse: Vor Beginn der eigentlichen Konzeption ist zu ermitteln, welchen Zweck oder Bedarf das Projekt erfüllen soll und wer die Adressat:innen sind. Didaktische Mängel in Lehrveranstaltungen sind häufig auf defizitäre Analysen der Zielgruppe zurückzuführen. –
  • Design: In dieser Phase werden die Lehrziele bereits so verbindlich formuliert, dass diese später sehr konkret überprüft werden können.
  • Develop: In diesem Schritt werden die Inhalte und Medien produziert und die benötigte Plattform wird angelegt. 
  • Implementierung: Die entwickelten Inhalte, Materialien und Medien werden in konkreten Bildungskontexten eingesetzt bzw. eingeführt und etabliert. Dieser Schritt ist die eigentliche Durchführung des Projekts.
  • Evaluation: Ein wichtiger Schritt ist die abschließende Evaluation des Projekts. Diese dient zum einen dazu, Probleme in der praktischen Umsetzung zu identifizieren und zum anderen der Messung, ob die Lehrziele, die in der Konzeptionsphase festgelegt wurden, überhaupt erreicht sind.

Eine Besonderheit des ADDIE-Modells sei, so der Autor, dass nach jedem Entwicklungsschritt eine Evaluation erfolgt, die dann in die weitere Konzeption einfließt. 

Pfliegel setzt sich abschließend mit gängigen Kommunikationsmodellen auseinander. Auch wenn der Autor eingangs beschreibt, dass er sich auf theoretische Ansätze konzentrieren würde, hätte ich dem Band eine praxisnähere Auseinandersetzung mit diesem sehr wichtigen Thema gewünscht. Vielleicht eine Anregung für eine spätere Auflage?

Das sehr empfehlenswerte Buch kann über den Verlag in einer kostenfreien E-Book- Variante und in einer Printversion bezogen werden.

Bildnachweis: @pixabay, in einer Bearbeitung durch Daniela Denk und Julian Lendler.

 

 

 

Unterricht innovativ – Schule Digital – Award

Anfang Mai war es wieder soweit: Der „Deutsche Lehrerpreis – Unterricht innovativ“ wurde verliehen. Die Initiatoren (Deutschen Philologenverband, Heraeus Bildungsstiftung) verbinden mit der Verleihung das

Ziel, die öffentliche Wertschätzung sowie das Image des Lehrberufs und der Arbeit der Schulleitungen zu steigern und wirkungsvolle Anstöße zur Verbesserung des Unterrichts an Schulen zu geben.

Und das – Anstöße für den Unterricht – gelingt voll umfänglich, wie die folgenden Beispiele zeigen. Sie beeindrucken durch ihren fächerübergreifenden Ansatz, die Präsenzphase ebenso vorsehen wie hybride Unterrichtsstrukturen. Sie zeichnen sich

  • durch ihre Praxisbezogenheit, z. B. durch Einbeziehung außerschulischer Lernorte, Initiativen, Projekte),
  • durch ihren hohen Anteil einer direkten Schüler*innenbeteiligung (z. B. Themenwahl, Projektleitung) sowie
  • durch ihre unterschiedlichen Rückmeldeformate aus, sei es in Form von Lernjournal/ Lerntagebuch/ Portfolio) oder durch eine Produktpräsentation mit einer sie begleitenden Lernprozesssteuerung

aus. Im Folgenden sind die Links zu den Projektbeschreibungen von drei Preisträgern ausgewiesen:

Forschen und Entwickeln - Öffnung der Schule hin zur Realität (Arbeitswelt)

Preisträgerin:
Daniela Heinrich-Stiller (Marburg)

Fächer: Biologie und Chemie

Jahrgangsstufe: 9 und 10

Bürgerschaftlich! Leidenschaftlich! Ungewöhnlich! Mutig!

Preisträger*innen:
Katja Gerstenmaier, François Genthner und Luisa Schmidt (Berlin)

Fächer: Gesellschaftswissenschaften, Deutsch und Kunst

Jahrgangsstufe: 7 bis 9

Der Wal und das Ende der Welt, ein Buchprojekt mit aktuellem Bezug

Preisträgerin:
Astrid Weißer (Norderstedt)

Fächer: Deutsch, Geografie, Wirtschaft/Politik, Geschichte

Jahrgangsstufe: 8 und 9

Eine weitere innovative Idee will ich mit diesem Tweet einleiten:

 

 

Eine Antwort kann eine prämierte App aus Kassel sein: smartPAPER

„smartPAPER“ bietet den Lernenden die Möglichkeit, individuell auf sie abgestimmte Aufgaben zu bearbeiten: Nicht die Lehrkraft gibt die Arbeitsschritte und zeitliche Aufteilung vor, sondern die Lernenden organisieren ihre Arbeit selbst und haben so die Möglichkeit, den Lernprozess als individuelles Erlebnis zu gestalten.

In der frei zugänglichen Web-App können unterschiedliche Lernsituationen (z. B. „Visitenkarte gestalten“ für die Lerngruppe der Mediengestalter:innen) bearbeitet werden. Zu Beginn jeder Lernsituation schätzen sich die Lernenden in einer Kompetenz-Matrix selbst ein, die dabei nach den in der Lernsituation behandelten Kompetenzbereichen gegliedert ist (z. B. Zielgruppen-Analyse und Gestaltungsaufträge). Auf der Basis dieser Selbsteinschätzung bekommt jede:r Lernende eine individuelle Aufgabe innerhalb der formulierten Lernsituation. Während der Bear­beitung der Teilaufgaben stehen den Lernenden verschiedene Mittel zur Selbstreflektion zur Ver­fügung. Bei offenen Fragen können digitale Tickets erstellt werden, die mit anderen Lernenden oder mit der Lehrkraft besprochen und gelöst werden können. Bei Abschluss eines Kompetenz-Bereichs sind die Schüler:innen aufgefordert, ihre Arbeit in Bezug auf die Qualität und den Arbeitsfluss zu beurteilen, darauf aufbauend werden dann vertiefende oder aufbauende Zusatz­aufgaben zur Verfügung gestellt. Diese beziehen in ihren Kompetenz-Anforderungen die Selbst­einschätzungen während der Arbeitsphase mit ein, so können Kompetenz-Bereiche vertieft oder erweitert werden. Am Ende einer Lernsituation steht eine grafische Auswertung aller Ergebnisse der Selbsteinschätzungen zur Verfügung. Diese bietet Lehrkraft wie Lernenden die Möglichkeit zum Reflexionsgespräch und Festlegung neuer Lernziele.

Das Tool kann von jeder Schule kostenfrei genutzt werden. Denkbar ist z. B., dass von der Gesamktkonferenz beauftragte Fachteams einen schuleigenen Inhalt produzieren. Nicht ohne Entlastung, z. B. wurden an meiner Schule bei vergleichbaren Aufträgen die beteiligten Kolleginnen und Kollegen von Aufsichts- und Vertretungspflichten befreit. Nicht viel, stimmt. Und doch war ich immer froh, so einen Ausgleich erhalten zu haben. Leider stehen Schulleitungen nur wenige Kompensationsmöglichkeiten zur Verfügung. Bei Interesse bietet sich eine Kontaktaufnahme mit einem der Entwickler an (Norman Seeliger). Er und sein Kollege bieten übrigens landes- und bundesweite Fortbildungen an ?

 

Das ist eine erste Auswahl. Die Initiatoren haben noch weitere Lehrkräfte und – erstmalig – Schulleitungen prämiert. Für einen vollständigen Überblick lohnt der Besuch der Laudatorenseite.

Schule Digital - Award

Abschließend mein – ganz spontan vergebener – Schule DigitalAward. Ich möchte damit eine „Bewegung“ auszeichnen, die mit agilen Methoden ein Tool entwickelt, das auf eine hohe Akzeptanz stößt und eine Reihe von Datenschutzproblemen löst. Die Reaktionen in den sozialen Netzwerken bestätigen, dass auch sie zu den Innovatoren des Schuljahres 2020/21 gehören. Gemeint ist der

 

Preisträger: Taskcards – #twlz – #twitterlehrerzimmer – Pilotschulen

Projektteam: dSign Systems Gmbh – #twitterlehrerzimmer – #twlz

Projektbeschreibung

Anfang des Jahres haben einige Schulaufsichtsbehörden den Schulen ihres Zuständigkeitsbereichs die weitere Nutzung von Padlet.com Anwendungen mit sofortiger Wirkung untersagt. Dabei wurde auf eine Aussage des Hessischen Beauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit (HBDI) verwiesen, demnach die Nutzung der digitalen Anwendung „Padlet“ mit privaten Endgeräten im schulischen Bereich nicht datenschutzkonform genutzt werden kann.1

    Auch wenn die hessischen Schulen wenig später einen Aufschub bis zu den Sommerferien gewährt wurde, wurde anderen außerhalb Hessens beheimateten Schulen die Nutzung untersagt, z. B. Thüringen. Und ausgerechnet aus diesem Land kommt Licht aus dem Ende des Tunnels: dSign Systems GmbH hat eine Betaversion entwickelt, die eine Vielzahl der beliebten Funktionen der US- Version abbildet. Und darüber hinaus um weitere sehr hilfreiche Optionen ergänzt, z. B.:

    • einen Zeitstrahl als Darstellungsform
    • Abspielen von Audio & Video
    • Aufnahme von Sprache & Foto
    • ein datenschutzkonformes und ganz einfach als eigene Karte integrierbares Videokonferenz-Tool (über Sichere-Videokonferenz.de, das letztlich auf Basis einer Jitsi-Instanz läuft)
    • QR-Code mit Vorschau
    • Uploads bis 100MB
    • Liken von Einträgen

    Diese Aufstellung zeigt den Stand aus März 2021. Die Firma bietet über die Hompepage (noch) kostenfreie Lizenzen an. Auf eine Registrierung muss man nicht lange warten, so meine Erfahrung und Beobachtung im Netz. Apropos Vernetzung: Die Firma lädt dazu ein, sich an der Weiterentwicklung zu beteiligen. Sie nutzt das Twitternetzwerk (@TaskCards_) für einen fortlaufenden Dialog mit #twlz, #twitterlehrerzimmer. Sie wird von an Updates interessierten Lehrkräften und IT- Profis tatkräftig unterstützt: mit Hinweisen zur Priorisierung und auch mit Codierungsvorschlägen. So hat Armin Hanisch (@DerLinkshaender) jüngst die Firma mit hilfreichen und konkreten Tipps zum Import von Padlets aus der US- Version unterstützt. Damit wird es den Lehrkräften bald möglich sein, die bereits entwickelten und im Unterrichtseinsatz befindlichen Beiträge in die deutsche Variante einzubinden.

    Mittlerweile sind weitere Updates erschienen. Immer in Abstimmung mit der Community. Drei weitere Aspekte zeichnen die Firma aus:

    • Sie kommuniziert völlig transparent ihr geplantes Lizenzierungs- bzw. Businessmodell.
    • Sie kümmert sich um eine Freigabe seitens der Datenschutzbeauftragten der Länder, hier am Beispiel Thüringen.
    • Sie bietet Fortbildungsveranstaltungen an, wie der folgende Tweet ausweist:

    Einer der Fortbildungs„trainer“ (@der_steh) bietet ein Board mit allem Wissenswerten über TaskCards. Eine weitere Informationsquelle ist der Blogbeitrag Alternative zu Padlet? TaskCards – neue digitale Pinnwand (DSGVO-konform) von @HPoelert. Beides wird regelmäßig von den beiden Autoren mit Updates gepflegt. Es lohnt also ein Eintrag in der eigenen Bookmarkliste.

     

    Trotz aller Unkenrufe: Es tut sich etwas im Staate Deutschlands. Und wie so häufig: nicht staatlich gesteuert. Intrinsische Motivation ist die Triebfeder aller Innovator*innen. Einfach beeindruckend, was die oben vorgestellten Kolleginnen und Kollegen in ihrem schulischen Umfeld umgesetzt haben. Und wer einmal eine „revolutionäre“ Schule kennenlernen möchte, dem empfehle ich den Blogbeitrag von Jennifer Gonzales (@cultofpedagogy): Revolution School: When “Reimagining School” Actually Happens. Die gleichnamige – ja, sie heißt tatsächlich Revolution – School verfolgt einen Bildungsansatz mit

    • Lerne in und mit Partnerschaften der Gemeinde
    • Lerne systemisch
    • Lerne individuell
    • Lerne ohne Noten und mit Portfolio

    Innerfachliche Inhalte werden immer in Verbindung mit überfachlichen Fragestellungen vermittelt. Übersetzungen gelingen übrigens im Chrome-Browser mit „rechte Maustaste und auf Deutsch übersetzen” oder via DeepL.com.

    Herzlichen Glückwunsch für die verdienten Auszeichnungen und Würdigungen, wie auch diese im Rahmen meines Blogbeitrags. Schulleitungen und Lehrkräfte sind eingeladen, es ihnen gleichzutun bzw. das eine oder andere auszuprobieren!

    Stay tuned!

     

    Bildnachweis:

    Titelbild: TheDigitalArtist from Pixabay

    Preisträger*innen: @https://lehrerpreis.com/

     

    @Twitter: Mindmap – Kunstmatrix – Snapdrop

    In dem heutigen Blogbeitrag geht es um Tweets aus den Twitternetzwerken, die u. a. die folgenden Fragen aufwerfen:

    • Welche Mindmap-Tools eignen sich für den Unterricht?
    • Gibt es Apps & Tools für virtuelle Ausstellungen?
    • Wie kann ich einen schnellen Dateiaustausch organisieren?

    Dieser Post stellt einige Antworten bereit.

    Mindmap - Evaluation

    National wie international werden gerne kollaborative Tools eingesetzt. Bei Brainstormingverfahren gerne Mindmaps. Der Markt jedoch zeigt sich unübersichtlich, wie die beiden folgenden Tweets andeuten:

    Antworten geben zwei Beiträge:

    K U N S T M A T R I X

    Apropos kostenpflichtig: Der nächste Tipp kommt von @gibro und hat mich ebenfalls „geflasht”: KUNSTMATRIX

    Was ist Kunstmatrix?

    Kunstmatrix bietet ein einzigartiges Set von Tools, die es Ihnen ermöglichen, ansprechende 3-D-Ausstellungsräume für Ihre Kunst zu erstellen, um Kunstliebhaber und Sammler zu beeindrucken. Präsentieren und verwalten Sie Ihre Kunst digital, nutzen Sie unsere Augmented-Reality-App, um eine Vorschau Ihrer Werke in jedem beliebigen Raum zu zeigen!

    Anwendungen sind nicht nur bei virtuellen Ausstellungen der im Kunstunterricht entstandenen Exponanten denkbar, sondern auch bei anderen Anlässen, wie z. B. Tag der Offenen Tür, Fort- und Weiterbildungsveranstaltungen sowie in anderen Fachkontexten, z. B. Mathematik. Ich kann mir z. B. gut vorstellen, die Grafiken aus den beiden u. st. Tweets „auszustellen“ und Antworten auf „Fehlvorstellungen“ via der in KUNSTMATRIX bereitgestellten Werkzeuge einzusammeln.

    Der Dienst ist kostenpflichtig und kurzfristig buch- wie kündbar. Ein kostenfreier Test ist möglich.

    OS unabhängiger Dateiaustausch

    In den Schulen trifft man immer häufiger Endgeräte mit unterschiedlichen Betriebssystemen an: von WinOS über MacOS/ iOS, Chrome OS, Android bis zu LINUX. Mag der Mix im unterrichtlichen Kontext noch halbwegs homogen sein, wird es mit Einbindung der gesamten Schulgemeinde deutlich unübersichtlicher. Will man dennoch ad hoc einen Austausch von Dateien ermöglichen, bietet sich ein browserbasierter Dienst an, der eine Übertragung über alle Betriebssysteme hinweg ermöglicht:  Snapdrop.

    Die Funktionsweise ähnelt dem Austauschverfahren AirDrop unter Apple- Endgeräten. Mit einer Einschränkung: Man benötigt ein gemeinsames Netzwerk, etwa ein WLAN. Dann allerdings „erkennen“ sich die Endgeräte schnell. Der Austausch gelingt dann durch Auswahl eines von Snapdrop zugewiesenen Namens. Es gibt im Internet eine Reihe von Anleitungen, z. B. die von Der Tutonaut.

    Updates

    Hier noch einige inhaltliche Ergänzungen zu Apps&Tools, die ich in den letzten Wochen in meinem Blog vorgestellt habe:

    Abschließend noch eine Empfehlung für NRW- Schulleitungen und Lehrkräfte: BIPARCOURS.

    BIPARCOURS ist ein digitales Lernwerkzeug von Bildungspartner NRW. Die Anwendung kann von Schulen sowie von außerschulischen Lernorten und Partnern in Nordrhein-Westfalen genutzt werden. Mit dem Parcours-Creator können browserbasiert Quizanwendungen, Themenrallyes, Führungen sowie Stadt- und Naturrundgänge zu vielfältigen Fragestellungen und Themen erstellt und anschließend in der App mit dem Smartphone oder Tablet gespielt werden. Hier gibt es Videotutorials und weitere Begleitmaterialien.

    Respekt NRW. Da ist Euch eine eindrucksvolle App gelungen. Ein weiteres Anwendungsgebiet sehe ich übrigens bei Messen. Im Rahmen einer Berufsorientierung. Da können sich Firmen und Unternehmen vorab via Videobeiträge vorstellen und ihre Ausbildungsangebote präsentieren.

    Länder außerhalb NRW: Strengt Euch an oder lizenziert gleich eine Nutzung auch für Schulen außerhalb NRW. Kaum fassbar, dass noch immer föderale Strukturen eine Ländergrenzen überwindende Verbreitung verhindern …

    Titelbild: Gerd Altmann @pixabay