Zu Gast @BBS Buchholz

Diese Woche lassen wir eine der drei beteiligten Schulen zu Wort kommen. Die berufsbildenden Schulen Buchholz in der Nordheide sind das regionale Kompetenzzentrum für berufliche Bildung im westlichen Teil des Landkreises Harburg. Wirtschaftliche, technische, soziale und gestalterische Kompetenzen werden in Zusammenarbeit und Kooperation mit Betrieben, Einrichtungen und allgemeinbildenden Schulen vermittelt. Wir haben mit dem Projektteam ein Interview geführt. Wir wollten wissen, wie sie aus ihrer Sicht das Fortbildungsangebot bewerten.

In der nächsten Woche führen wir die Teilnehmerinnen und Teilnehmer in das von John Biggs entwickelte Lehr-/ Lernmodell des „Constructive Alignment“ ein.

… Stay tuned …

Prototyp – Provotyp

In dieser Woche wird es kreativ. Es geht um multimediale Gestaltungsprinzipien. Wie werden am sinnvollsten Grafiken mit Textbausteinen verbunden? Für eine erste Annäherung an diese Frage wird im Montagsbriefing Richard Meyers kognitive Theorie multimedialen Lernens vorgestellt. Meyer empfiehlt die folgenden fünf Prinzipien1:

  • Modalitätsprinzip: Behaltens- und Transferleistungen werden erhöht, wenn Grafiken und Animationen mit gesprochenen statt geschriebenen Erläuterungen dargeboten werden, da so der visuelle Kanal entlastet und die Information zeitgleich über beide Kanäle aufgenommen wird.
  • Multimediaprinzip: Die Darbietung des Lerninhalts mittels Kombination aus Texten und Bildern verspricht ebenfalls eine bessere Behaltens- und Transferleistung als die rein textuelle Informationspräsentation. Dies gilt vor allem bei Lernenden mit geringem Vorwissen. Wichtig ist, dass das Verbale dem Bildlichen inhaltlich entspricht. Verschiedene Medien ergänzen sich idealerweise bei der Vermittlung des Lerninhalts.
  • Redundanzprinzip: Die audiovisuelle Darstellung von Lerninhalten durch Bild und Ton (z. B. Filme und Animationen) ist effektiver als die Präsentation von Bild, Ton und schriftlichem Text. Ebenso ist die zeitgleiche Darbietung derselben Information durch gesprochenen und geschriebenen Text zu vermeiden.
  • Kontiguitätsprinzip: Bilder, Grafiken, Animationen etc. und erläuternde Texte sollten in größtmöglicher zeitlicher und räumlicher Nähe zueinander zu sehen sein, beispielsweise auf einer Seite auf dem Bildschirm. Ein positiver Effekt ergibt sich allerdings nur, wenn sich visuelle Präsentation und Text ergänzen und die dargestellte visuelle Information nicht selbsterklärend ist.
  • Kohärenzprinzip: Für das Verstehen nicht notwendige Töne, Bilder oder Texte sollten weggelassen werden, damit das Arbeitsgedächtnis nicht überbelastet, der Lernende nicht vom eigentlichen Lerninhalt abgelenkt und der Lernprozess auf diese Weise beeinträchtigt wird.

Zwei (youtube)Videos illustrieren die „Kognitive Theorie multimedialen Lernens“ in unterschiedlicher Kürze:

Die Wochenaufgabe

An die Studierenden: Sucht Euch bitte eine Grafik/ Photo/ Illustration – Text Kombinationen aus realen Lehr- und Lernkontexten aus (Sachunterricht, Naturwissenschaften, Gemeinschaftskunde, Sport, Kunst etc.) aus. Erstellt zwei Demos: Einen Prototypen (bei dem alle Gestaltungsprinzipien vorbildlich angewendet werden) und einen Provotypen (bei dem alle Gestaltungsprinzipien bewusst missachtet werden) – direkt nebeneinander. Da eine Umsetzung eine aufwendige und komplexe Aufgabe ist, organisiert Euch in Kleingruppen, in diesem Fall zu zweit oder zu dritt.

Keine halbe Stunde nach dem Montagsbriefing treffen sich die Lehramt Studierenden im Messengersystem PRONTO. Faszinierend, wie schnell und effektiv die Themen- und Partnerfindung ablief. Um sich dann anschließend in WONDER zu treffen, um die Fragestellung zu vertiefen. Nutzung der Werkzeuge „at its best“—

 Vermutlich fragen sich jetzt einige: Und, wo bleiben die Schulteams? Nun, es gibt bei Medienproduktionen noch eine weitere „Baustelle“: Das Urheberrechtsgesetz nach § 60a. Die Seminarleiterin Joana Kompa hat eine Reihe von Materialien bereitgestellt, die eine erste Orientierung ermöglichen. Auch hier zwei Videos zu diesem Thema:

Aufgabe für die Schulteams:

  1. Stellt bitte dar, wie Euer Medienmanagement digitaler Lehr- und Lernmaterialien bisher stattfand (Istzustand) und identifiziert dessen Problematik.
  2. Entwickelt Ideen, wie ein Bildungsmedien-Management im Idealfall aussehen könnte (Sollzustand) und welche Gelingensbedingungen dafür erfüllt werden müssen.

Ein ergänzender Auftrag an die Lehramt Studierenden ist die Kennzeichnung ihrer „Produkte“ mit einer cc- Lizenz.

Im CANVAS- Forum werden die Beiträge zur Diskussion gestellt und einem Peer Review– Verfahren analysiert: Beide Gruppen kommentieren und stellen sich wechselseitig Fragen zum Produktions- und Gestaltungsprozess bzw. zu Aspekten zum Bildungsmedien- Management.

 

Reflexion

Eines vorneweg: Die Aufgabe hat den Studierenden offensichtlich sehr viel Spaß bereitet. Es sind Beispiele entstanden, die die Prinzipien im Prototypen gut umgesetzt zeigen wie im Provotypbereich eben genau gegenteilig.

Die wahre Herausforderung bestand in beiden Gruppen in der Umsetzung und Anwendung des Urheberrechtsgesetzes. Das ist auch der Grund, warum (noch) keine Zwischenergebnisse gezeigt werden können (Abgabe des endgültigen Produkts ist immer in der Folgewoche): Zu unklar, ob lizenzfreie Bilder eingesetzt wurden und ob zurecht kein Quellennachweis geführt wurde. Hier zeigt sich für mich, dass die Studierenden in ihrem Schulleben der Umgang mit Quellen offensichtlich zu selten „beigebracht“ wurde.

Apropos Schulteams: Sie melden zurück, dass sich für sie der Umgang mit den Lizenzen eher (ver)kompliziert habe. Kritisch merken sie an, dass sie es sich vielleicht bisher zu leicht gemacht hätten. Der Umgang mit OER sei ein schwieriges Unterfangen, zumal die cc0- Lizenz ja „wohl doch kein Freibrief sei“.  Daher kann auch niemanden verwundern, dass sie – und das war auch eine Rückmeldung – „lieber Materialien von den Schulbuchverlagen“ einsetzen würden. Man müsse sich lediglich rückversichern, ob die Nutzungslizenz auch vorläge.

Weitere wichtige Lernerfahrung:

  • Die Studierenden haben durch die Rückmeldungen der Schulteams erfahren, dass ein „gutes“ Arbeitsblatt unterschiedliche Lernertypen berücksichtigen sollte. Wie umgekehrt die Schulteams genau aus diesem Grund
  • Respekt vor der Arbeit der Schulbuchautoren entwickelt haben. Nicht nur bezüglich der Meyer- Prinzipien, sondern auch bezüglich Bild- und Tonnutzung und deren Rechtehandling.

Befragt nach zukünftigen Präferenzen wurde dann per Mentimeter rückgemeldet:

       

Was wären Lösungen und Best Practices zur Bereitstellung digitaler Lehr- und Lernmaterialien? Am häufigsten wurden genannt:

  • Fortbildungen im Themengebiet
  • Bereitstellung von bearbeitbaren Material (z. B. im Wordformat) in einer (OER)Cloud
  • Vereinfachung der Nutzungsrechte, z. B. durch die Möglichkeit, in einen (Urheber)Fond einzuzahlen mit dem Ziel, ein generelles Nutzungsrecht eingeräumt zu erhalten.

Woche 5: Rückblick und Bewertung der ersten Wochen

Nun stand die Reflexion des ersten Monats an. Uns interessierte, wie wissenschaftliche Theorie und organisationale Modelle als Best Practice in die Praxis umgesetzt werden können. Das Ziel ist, gemeinsam einen Leitfaden zu Qualitätsentwicklung hybriden Unterrichts zu erstellen. Eine vom Planungsteam erstelltes Reflexionsdokument wurde bereitgestellt und konnte von Schulteams wie Studierenden kollaborativ in Gruppenarbeit bearbeitet werden. Das Planungsteam hat darüber hinaus zusätzliche Sprechstunden und Beratungstermine angeboten. Studierende erhielten ein erstes Feedback zu den Wochen 1-4.

Stellvertretend hier die sehr eindrucksvolle Rückmeldung der BBS Buchholz. Sie kann m. E. von jeder Schule genutzt werden. Die Schule/ das Team hat bereits zur Laufzeit dieses Seminars (u. a.) die folgenden Vereinbarungen getroffen (hier ist zu erwähnen, dass die Schulleiterin im letzten Jahr einen IT-Administrator eingestellt hat, der nicht aus Lehrkräftestunden (quer)finanziert wird!! ):

  • Onboarding
    • Einführung in die Kommunikations- und Lernplattform MS Teams mithilfe eines Leitfadens für Schülerinnen und Schüler (praktische Übungen: Chat, Aufgaben)
    • Berücksichtigung des Onboardings in der Einführungsphase/im schulischen Curriculum
    • Schulung der neu hinzustoßenden Kolleginnen und Kollegen durch Digi-Werkstätten und Leitfaden
    • Kriterien für Lernmittelausleihe von Leihgeräten
  • Fortbildungsplanung
    • Durchführung DigCompEdu
    • Identifizierung des Fortbildungsbedarfs der Lehrkräfte
    • Entwicklung eines digitalen Fortbildungskonzeptes in Absprache und Unterstützung mit dem Medienkompetenzzentrum LK Harburg und/oder dem NLQ.

 

Schlussbemerkung

Die abschließende einwöchige Reflexionsphase hat individuell unterschiedlich viele (Nach)Denkprozesse ausgelöst, wie die folgenden Rückmeldungen der Seminarteilnehmerinnen und -teilnehmer zu ihrem Lernfortschritt zeigen (Klick auf die Bilder): 

           

Die synchron (BBB, WONDER) wie asynchron (CANVAS) geführten Diskussionen mit den Schulteams machten den Lehramt Studierenden offensichtlich Mut, ihre Wünsche und Vorstellungen nicht mit ihren Schulerinnerungen abzugleichen und bereits jetzt – im Studium – zu beginnen, ihre Ideen umzusetzen. Die Entwicklung eines Proto- und Provotyps war der erste Aufschlag und eine gute Gelegenheit, sich in der Teamarbeit kennenzulernen. Im Seminar wird es noch weitere Gelegenheiten geben…

 … Stay tuned …

Bildnachweis: Oberholster Venita @Pixabay

DigCompEdu – KMK – 4K

Die dritte Woche im Projekt uni@schule. Heute geht es um das Kerngeschäft. Um den Erwerb digitaler Kompetenzen. Wie gestaltet sich der Bildungsauftrag? Welche digitalen Kompetenzen sind zu vermitteln? Über welche Kompetenzen müssen Lehrkräfte verfügen, um dem Auftrag gerecht zu werden? In der Freitagsrunde (Reflexionsphase) wird abschließend die Frage gestellt: Umsetzung digitaler Unterricht in drei Schritten. Meine Überlegungen am Ende des Beitrags.

Rückblick

Mit einem sogenannten Onboarding Prozess wurden die Teilnehmer:innen (TN) in die bereitgestellten Werkzeuge Canvas (LMS), Pronto (Messenger/ Chat) und Wonder (Videochat) eingeführt. Das wurde auf zwei Wegen bewerkstelligt:

  • Die formale Einführung in die Technik.
  • Die “Inbetriebnahme” mit einem konkreten inhaltlichen Auftrag, hier: Auseinandersetzung mit dem ökosystemischen Modell von Bronfenbrenner.

Beeindruckt haben mich Forenbeiträge und Rückmeldungen der TN gleichermaßen. Die Seminarleiterin warb in den Briefings und in den Reflexionsphasen immer wieder darum, sich auf eine inhaltliche Auseinandersetzung einzulassen. “Motivation” war sicher auch das Bewertungsschema: Sowohl der Lernprozess wird bewertet, wie auch das Lernprodukt (Analyse bzw. Auswertungen der Rückmeldungen zum eigenen Beitrag).

Ich halte dieses Vorgehen auch gut auf den schulischen Unterricht übertragbar. Ich habe in diesem Zusammenhang gute Erfahrungen mit einem kooperativ (Lehrkraft – Schülerinnen und Schüler) erstellten Kriterienkatalog gemacht. Das sorgt für eine hohe Akzeptanz unter den Lernenden und (in der Regel) wenig Diskussionen bei der späteren Punktzumessung. Aber nun wieder zurück zum eigentlichen Thema dieser Woche:

 

Bildungsauftrag und digitale Kompetenzen

Bevor ich auf die einzelnen Kompotenzmodelle eingehe, zunächst ein Hintergrundbericht eines Schülers, der über sein Bewerbungsverfahren berichtet: 

 

Auch wenn die Anforderungsprofile unterschiedlich sein mögen, sind die Tipps des Schülers für viele Bewerbungen übertragbar. Und, so mein Plädoyer: Schule muss wahrnehmen, wie sich die berufliche Welt verändert hat, wie wichtig es ist, Schülerinnen und Schüler – auch mit Blick auf zukünftige Berufe – medienkompetent zu machen. Dazu später noch mehr …

Zunächst: Wie digital kompetent bin ich als Lehrender eigentlich? Eine Beantwortung ist nicht ohne Referenzrahmen möglich, hier DigCompEdu. Das Landesmedienzentrum Baden-Württemberg (LMZ) beschreibt die Ziele des DigCompEdu wie folgt1:

Der digitale europäische Kompetenzrahmen für Lehrkräfte soll dazu dienen, dass Lehrende ihren Kompetenzstand im digitalen Bereich ermitteln und so ihren persönlichen Weiterbildungsbedarf ermitteln können. Außerdem gibt er darüber Aufschluss, welche digitalen Kompetenzen an die Bürger von morgen weitergegeben werden müssen. (…) Dass sich auch Lehrkräfte in einer immer digitaler werdenden Welt an die neuen Gegebenheiten anpassen müssen, sollte selbstverständlich sein. Doch handelt es sich bei den meisten der zu erwerbenden Kompetenzen nicht nur um eine neue Methodik, sondern auch das traditionelle Lehrerbild selbst wird dadurch durchaus infrage gestellt. Dies stellt für nicht wenige Lehrkräfte eine erste Hürde dar, die es zu überwinden gilt. Erst wenn sie überwunden ist und Neugier auf das Neue und eine Bereitschaft, sich darauf einzulassen, vorhanden ist, kann der Lernprozess beginnen. Um dieses Stadium zu erreichen, ist es zwingend notwendig, dass man sich der Tatsache bewusst wird, dass es um eine zeitgemäße Bildung für die nächste Generation und die Zukunft der Gesellschaft geht und man sich der Veränderung der Gesellschaft nicht verweigern kann.

Und wie bereits im Rückblick beschrieben, werden die TN auch dieses Mal eingeladen, über ihren Selbsttest zu reflektieren:

  • Wie ging Euer Selbsttest aus und wie kommentiert ihr ihn?
  • Wir können digitale Kompetenzen für Lehrende und Lernende in der Praxis erworben werden?
  • Wie können Bildungsauftrag und digitale Kompetenzen vermittelt werden?
  • Was denkt ihr (kritisch) zu den digitalen Rahmenmodellen?

Mit der letzten Frage ist ein Selbststudium in weitere Rahmenmodelle KMK Strategie ‘Bildung in der digitalen Welt’Dagstuhl- Dreieck, P21 – 4K und TPACK verbunden. Viele Beiträge setzen sich vor allem mit der Adressierung an Schülerinnen und Schüler auseinander. Die am Freitag durchgeführte Priorisierung zeigt folgendes, nicht ganz überraschendes Ergebnis (Klick auf Diagramm vergrößert):

 

Qualitativ wird in den Diskussionen ergänzt:

Das Modell der KMK umfasst eine Vielzahl von Aspekten, die jedoch nicht an jeder Schule realisierbar sind (technische Ausstattung, persönliche Kompetenzen etc.). Zusätzlich liegt ein Schwerpunkt nicht auf den einzelnen Kompetenzen, sondern auf der Vernetzung verschiedener. Diese sind im Schulalltag umsetzbar, allerdings sind die verschiedenen Ebenen von den eigenen Interessen, Fähigkeiten und Fertigkeiten geprägt. Nur wenn ein Selbstverständnis zu diesen vorherrscht, können reflexive Vorgänge und neue Prozesse stattfinden.

Das Modell 4K hilft, die Bildung mit anderen Augen wahrzunehmen. In diesem Modell werden Kommunikation, Kollaboration, kreatives Denken und kritisches Denken als sehr wichtig erachtet. Traditionelle Bildungsansätze rücken in den Hintergrund. Mit diesem Modell könnte ein „modernes“ Lernen mit digitalen Kompetenzen und der Vorbereitung aufs spätere Berufsleben umgesetzt werden.

Streng genommen hätte das 4K- Modell gar nicht aufgenommen werden dürfen, da es sich nicht um ein Referenzmodell handelt. Gleichwohl lässt es sich mit Blick auf Fachunterricht wie auch themenorientierten Unterricht (etwa in Projektwochen) gut einbinden. Dazu gleich mehr, denn nun – wie angekündigt – zur

 

Umsetzung digitaler Unterricht 

Bildungsauftrag/ KMK- Strategie: Leitbild für eine Schule 2030

Der Bildungsauftrag einer Schule wird in der Regel im Schulgesetz verankert, so auch in Niedersachsen im § 2 des entsprechenden Gesetzes. Eine Lehramt Studierende hat sich gefragt, inwieweit die KMK Kompetenzen in der Beschreibung des Niedersächsischen Schulgesetzes aufgehen. Und siehe da: Die sechs KMK Kompetenzen lassen sich den Spiegelpunkten des § 2 zuordnen. Sie schreibt abschließend: Alle Aspekte (KMK- Kompetenzen) sind wichtig für den (Teil)Bildungsauftrag „sich im Berufsleben behaupten und das soziale Leben verantwortlich mitgestalten.

Das ist für mich der Ansatzpunkt für einen Blick nach vorn, für eine geeignete Begleitung einer Schülerin, eines Schülers bei ihrer/ seiner Vorbereitung auf das Berufsleben.

Der PISA-Koordinator Andreas Schleicher hat in Deutschland das Modell 4 K – Kreativität, kritisches Denken, Kollaboration und Kommunikation ins Spiel gebracht. Auch er argumentiert von beruflichen Anforderungen aus, die klassische Unterrichtsfächer in den Hintergrund rücken ließen. Schleicher betont, der Umgang mit Wissen habe sich gewandelt: Inhalte würden nicht mehr gespeichert und dann von Lehrkräften an Lernende vermittelt. Vielmehr flössen sie, meint Schleicher, in Strömen unablässiger Kommunikation und Kollaboration. Die Bildungsforscherin Lisa Rosa teilt diese Sicht und benennt drei Argumente, warum das 4K-Modell zum Orientierungspunkt für die Didaktik werden sollte2:

  • Immer mehr Arbeiten werden von Maschinen übernommen.
  • Jede neue Arbeit verlangt mehr komplexes Denken, situierte selbstverantwortliche Entscheidungen und Beziehungsfähigkeit.
  • Die zu lösenden gesellschaftlichen Probleme sind so komplex, dass sie nur noch mit kollektiver Intelligenz bearbeitbar sind.

Ich hatte kürzlich die Gelegenheit, das Netzwerk Schule- Wirtschaft in Bayern kennenzulernen. Mich hat beeindruckt, wie sehr dieses Netzwerk daran interessiert ist, die Angebote zur Berufsorientierung neu zu denken. In den Vorgesprächen wurde deutlich, wie vernetzt sich die Arbeitsbereiche innerhalb der Betriebe und Unternehmen zeigen. Die zukünftigen Berufe erwarten von den Bewerberinnen und Bewerbern zunehmend (u. a.)

  • Kritisches Denken, induktives Denken
  • Lösung komplexer Probleme
  • Aktives Zuhören
  • Soziale Auffassungsgabe
  • Programmierung

Und, ganz großes Thema im beruflichen Bereich und in den Universitäten: Bereitschaft und Kompetenz, in interdisziplinären Gruppen zu arbeiten. Da treffen nicht selten Produktentwicklung, Kommunikation, Juristik (Datenschutz, Urheberrecht, Markenschutz), Ethik und einige weiterer Abteilungen zusammen, um an den Fragestellungen zu arbeiten. Und, so ein Universitätsprofessor der Medizin einmal zu mir: Es wäre schön, wenn die zukünftigen Studierenden eine gewisse 4K- Kompetenz mitbrächten.

Warum also nicht Netzwerke wie Schule- Wirtschaft, Universitätsvertretungen einladen und in Gesamt- und Schulkonferenzen zukünftige Berufsbilder vorstellen und beschreiben lassen? Ich bin sicher, dass damit Denkprozesse für eine Erweiterung des Schulangebots in Gang gesetzt werden und in eine beginnende Arbeit an einem Leitbild Schule 2030 münden. Mit diesen ergänzenden Inputs gelingt es den Gremien darüber hinaus, Kompetenzmodelle mit Inhalten zu versehen. Ein häufig vorgetragener Vorwurf an die oben vorgestellten Referenzenrahmen KMK, TPACK und Dagstuhl- Dreieck.

Über ein schulweites DigCompEdu zum Fortbildungsplan

Eigentlich selbstverständlich und doch kaum vorhanden: adäquate, d.h. dem Kenntnisstand der Lehrkräfte anpassbare Fortbildungsangebote. Hier ist mein Vorschlag:

  • Test-Code via Kontaktadresse besorgen und an die Lehrkräfte verteilen. Sie bitten, an der Befragung teilzunehmen und von den freien Antwortmöglichkeiten (Textboxen) ausgiebig Gebrauch zu machen.
  • Mit örtlichen/ regionalen Medienzentrum oder anderen staatlichen Institutionen (z. B. Schulberatung, s. u.) die Rückmeldungen auswerten und einen ersten Vorschlag für eine schulinterne Fortbildungsmaßnahme entwickeln. Ressourcen sicherstellen.
  • In Gesamtkonferenz vorstellen, ggfs. modifizieren und verabschieden lassen.
  • Durchführung zeitnah sicherstellen.
  • Evaluation nicht vergessen.
4K: Unterrichtsangebot erweitern um Projektwochen

Einige Schulen sammeln zurzeit beste Erfahrungen mit fächerübergreifenden Unterrichtsansätzen. Drei Ideen will ich hier mit Links vorstellen:

Schlussbemerkung

Die drei Vorschläge sind nicht voneinander abhängig. Im Gegenteil: Meine bisherigen Beobachtungen im Umgang mit den normativen Vorgaben der KMK (Kultusministerien) sind ernüchternd, gleichwohl plausibel: An vielen Schulen wird fachcurricular überlegt, wo die digitalen Medien “ihren” Platz einnehmen können, mit der Gefahr einer Toolifizierung des Unterrichts. Meine drei Ansätze sollen neue Wege im Umgang mit diesen Herausforderungen aufzeigen. Sie erfordern langen Atem, Überzeugungsarbeit und Unterstützung von außen. Manche lokale/ regionale Institutionen bieten eine Unterstützung der Schulen in deren Leitbild/ Schulprogrammarbeit an. Ich selbst war eine Zeit lang an einer dieser Beratungsstellen beschäftigt. Meine Erfahrungen habe ich in einer gleichnamigen Themenseite zusammengefasst.

Darüber hinaus empfehle ich für weitergehende Überlegungen bezüglich einer Verankerung von berufsorientierten Ansätzen die Kontaktaufnahme mit dem regionalen Schule- Wirtschaft Netzwerk.

Schließlich rege ich an, die Ideen, Konzepte im P D C A Zyklus zu implementieren. Jeder neue schulprogrammatische Ansatz gehört überprüft. Darüber hinaus halte ich eine externe Evaluation für sinnvoll, nicht zuletzt, weil sie dazu beiträgt, das Selbstbild der Schule (Schulleitung, Steuergruppe, weitere Gremien) mit einer Rückmeldung von außen abzugleichen.

So viel zu dieser Woche. Nächste Woche geht es um multimediale Gestaltungsprinzipien, mit Konkretisierungen und Praxisüberlegungen zum Unterricht …

… Stay tuned …

Bildnachweis: @ec.europa.eu/jrc/en/digcompedu

Woche 2: Oh Wonder …

Letzte Woche ging es um ein erstes Kennenlernen des Lernmanagementsystems Canvas als zentrales Organisationswerkzeug sowie mit Pronto ein im LMS integrierte Chatplattform. In dieser Woche lernten die Teilnehmer:innen ein neues Werkzeug kennen: Wonder (aka yotribe). Dazu später mehr …

 Gemäß der Maxime Pädagogik und Technik wurde die Werkzeugnutzung eingebettet in eine Fragestellung mit ökosystemischen Hintergrund. 

 

Theorie: Ökosystematische Ansatz nach Bronfenbrenner

Urie Bronfenbrenner hat vor knapp 40 Jahren einen Ansatz vorgestellt, der einen differenzierten Blick auf unterschiedliche Entwicklungskontexte ermöglicht. Er unterscheidet verschiedene Realitätsebenen (Mikro-, Meso-, Exo-, Makrosystem). Hier eine kurze Erklärung der Realitätsebenen:

  •  Das Mikrosystem beschreibt unsere unmittelbare persönliche Wirklichkeit und Möglichkeiten. Dazu gehört unsere Familie, unser Selbst- und Weltbild, unsere persönlichen Werte und Einstellungen.
  • Das Mesosystem (‘Nahbereich’) beinhaltet die (face-to-face Gruppenebene) Interaktion mit Menschen, die wie im Alltag antreffen, etwa Kolleginnen und Kollegen sowie Eltern,  Schülerinnen und Schüler im Unterricht.
  • Das Exosystem beschreibt die organisatorische und institutionelle Ebene, etwa die lokale Schulsituation, die Einbettung in die Stadt oder das Dorf, die lokale Situation von Lehrkräften inklusive die Situation der Schulleitung und die Struktur der Schulverwaltung.
  • Zum Makrosystem gehören u.a. das weitere regionale und nationale Umfeld, etwa Schulgesetze und Richtlinien, der Bildungsauftrag, Programme wie der Digitalpakt, sowie kulturelle und gesellschaftliche Werte und Normen.

Bronfenbrenner betont in seinem ökosystemischen Ansatz die Bedeutung des Zusammenspiels von Systemen, in die ein Mensch eingebunden ist und die Relevanz der Übergänge von einem System ins andere. Was genau dahintersteckt, erfährt man in diesem, mit der Legetechnik entwickelten Erklärfilm der pädagogischen Fachhochschule Nordwestschweiz.

 

Praxis: Die Lernaktivitäten

 Die Lehramt Studierenden wie auch die Lehrkräfte der fünf Schulen sind nun eingeladen, sich in den Diskussionsforen von CANVAS mit dem Modell auseinanderzusetzen. Mit folgenden Fragen:

  • Welche Aspekte digitaler Bildung beschäftigen mich aus der Sicht meiner Biografie? (Erlebnisse und Erfahrungen, empfundene Chancen und Fortschritte, aber auch Befürchtungen)
  • Wie sind meine persönlichen Erfahrungen, Motive und Eindrücke mit anderen Realitätsebenen verbunden?
  • Was habe ich aus den Stellungnahmen anderer Teilnehmer*innen gelernt? Zum sozialen Austausch verwendet ihr unser’ Videochat Beach Hotel’ für Kleingruppen-Kommunikation.

Und Schwupps, schon wird mit dem “Videochat Beach Hotel” ein neues Tool angekündigt: Wonder.

 

Das Videokonferenzsystem Wonder (aka yotribe)

 

Einen ersten Eindruck in das Tool vermittelt ein Video von Alexander Lasch, der Wonder anlässlich einer Universitätstagung einem Härtetest unterzog. Es zeigt die grundsätzliche Arbeitsweise:

  • Man erhält einen Link.
  • Das System prüft zunächst die Konnektivität mit Ton, Micro und Bild.
  • Das System generiert ein kleines Bild via Webcam, das einen während der Sitzung begleitet … Also schön lächeln ;–)
  • Und schon ist man auf einem großen Platz (Universität) mit mehreren Räumen (Fakultäten). Die dort in einer Blase befindlichen Personen sind im Rahmen einer Videokonferenz verbunden.

Für eine ergänzende Erläuterung in die ersten Schritte empfehle ich ein (allerdings englischsprachiges) Erklärvideo von Dominik E. Fröhlich.

Eine erste Bewertung

Wonder ist ein Angebot eines Berliner Start-up, das sich aufmacht, Zoom, Big Blue Button, Jitsi u. v. m. eine echte Konkurrenz zu werden. Es wird zurzeit kostenfrei angeboten. Das wird sich nach Aussagen der “Macher” im nächsten Jahr ändern. Ob die Schulen den Dienst auch nach diesem Einführungszeitraum weiter unentgeltlich nutzen können, darüber gibt es noch keine Aussagen. Gleichwohl, in diesem Videokonferenzansatz werden Ideen umgesetzt, die vor allem in ihrer intuitiven Nutzung bestechen und völlig neue Wege gehen. Wir werden es nun regelmäßig einsetzen. Unsere ersten Gehversuche zeigen:

Positiv:

  • Das System sorgt dafür, dass man sofort mit Bild gezeigt wird (via Screenshot von Webcam)
  • verschlüsselte Übertragung
  • schnelle Organisation von Gruppenarbeiten
  • gezielte Hinweise in alle Gruppen via Broadcasting Funktion
  • Werkzeuge wie Message, persönliche Einladung ermöglichen individuelle Betreuung

Kritisch:

  • Technik nicht ganz so easy, wie sie sich im Firmenauftritt vermittelt. Sinnvoll daher: Onboarding Prozess mit individueller Betreuung
  • Mausführung/ -handling stimmt nicht immer mit dem Bildschirm überein, kann in manchen Fällen zu schnell bzw. zu ruckartig sein
  • Die Nutzung eines Trackpads, erst recht eine reine Keyboardsteuerung muss getestet, eingeübt werden
  • nicht für Smart- und iPhone geeignet

Schlussbemerkung

Gleichwohl, in der Freitagsrunde haben alle Teilnehmer:innen das hohe Potenzial des Werkzeugs bestätigt. Mitglieder der Schulteams sehen sich motiviert, das Tool einmal auszuprobieren. Gruppenarbeit im Format einer amerikanischen Kollegin (siehe Bild rechts, zur Vergrößerung einfach darauf klicken) gelingen sehr einfach und schnell. Brodcastingfunktionen lassen schnelle Organisationsfragen und -anweisungen stellen. Man kann den Schülerinnen und Schülern durchaus auch einmal das Tool für deren eigene Treffen überlassen. Jedes “Einschleichen” wird durch den Screenshot zumindest angezeigt. Die komplette Video- und Chatkommunikation läuft verschlüsselt ab. Systeminterne Aufzeichnungen, auch Chatprotokolle sind nicht möglich.

Noch einmal zurück zum Modell von Urie Bronfenbrenner. Ich habe in meinem Studium keine “echte” pädagogische Ausbildung erhalten. Das Ausbildungscurriculum sah ausschließlich eine Vertiefung in die Theorien der Studienfächer vor. Praxisanteile waren kaum vorhanden. Erst recht keine Anleitungen, wie man sich auf Metaebenen bewegen kann. Der kurze Einblick in die Diskussionsbeiträge der Lehramt Studierenden wie auch der Schulteams zeigt mir, wie zielführend eine Auseinandersetzung mit Beobachtungen aus dem Unterricht unter verschiedenen Gesichtspunkten sein kann …

Was erwartet uns in dieser Woche? Wir werden einen Selbsttest bezüglich unserer Medienkompetenzen durchführen (DigCompEdu) und eine Reihe von Kompetenz-Rahemnemodelle kennenlernen.

… Stay tuned …

Bildnachweis: “Choose a work room” by Mrs. Park at https://www.mrspark.org/free