Gaaaaanz schwieriges Thema, auch weil die Schule nicht eigenverantwortlich entscheiden darf. In der Regel sind durch die Vorgaben des kommunalen Sachaufwandträgers fast alle Spielregeln bereits festgelegt. Gleichwohl wird der Schulträger bei der Aufstellung seines Medienplans auf die Schule zukommen und die Schulleitung fragen, was in der Schule benötigt werde.
Bei den sehr unterschiedlichen Bedürfnissen seitens der Schulgemeinde (Schulleitung, Lehrkräfte, Schülerinnen und Schüler, Eltern, Fachschaften) ist eine Schule erst einmal gut beraten, eine SOLL-IST Analyse durchzuführen. Dazu sollte sie eine Steuergruppe einrichten und sich Unterstützung im örtlichen Medienzentrum und beim Schulträger holen.
Dabei kommt es schnell zu Sprachkollisionen. Medienberaterinnen und -berater verweisen auf Pädagogik („Schildern Sie doch bitte erst einmal, wozu die Schule die Medien einsetzen möchte? !“), während der Schulträger sofort zur Ausstattungsfrage kommt. Der Konflikt lässt sich nicht auflösen. Eine professionelle Medienkonzeptentwicklung benötigt Zeit, wie ein Bild der Medienberatung aus Baden Württemberg andeutet:
Medienkonzept via Curriculumentwicklung …
Man kann schulseitig auch niederschwelliger vorgehen, vgl. Medienkonzept schule digital. Hier wird vorgeschlagen, zunächst fachschaftsintern Apps zu erproben. Die Kommunikation, der Austausch über Erfahrungen gelingt mittels Nutzung des SAMR-Modells. Anschließend beginnt eine Einordnung und Umsetzung der Ergebnisse in das schulinterne und spiralcurricular zu entwickelnde Schulcurriculum, beginnend z. B. mit der Einführung in Jahrgangsstufe 5 und ausweitend in den folgenden Jahrgangsstufen. Die Umsetzung benötigt Minimum vier Jahre.
… oder via Leitbildentwicklung …
Noch mehr Zeit wird benötigt, wenn die Schule die Medienkonzeptentwicklung mit der Frage nach dem Schulprofil verknüpft, in der Regel eingeleitet durch einen pädagogischen Tag mit einem externen Input über z. B. das 4K-Modell und / oder Dagstuhl-Erklärung. Mehrmonatige Arbeit sorgt für eine zunehmende Operationalisierung des Leitbilds mit dem Auftrag an die Steuergruppe, die Ziele zu konkretisieren und sie peu à peu evaluationsgesteuert im Schulalltag umzusetzen (siehe Bild oben). Die Erfahrung zeigt, dass dieser Schulentwicklungsprozess, inkl. Umsetzung, (summativer) Evaluation und Übernahme in das Schulprofil bis zu sieben Jahre dauern kann.
… oder doch gleich mit einer Ausstattungsinitiative …
Das alles dauert dem Schulträger zu lang. Daher wird häufig das Ende vorgezogen: Eine erste Ausstattungswelle mit Endgeräten, z. B. einen Piloten Tablet-, iPad- Klasse in Klasse xyz starten. Möglicherweise können Erfahrungswerte andere Schulen hier Unterstützung bieten. Hier einige Blogbeiträge von erfolgreichen Implementationen in Schulen:
wobei ich im letztgenannten Twitterbeitrag im weiteren Verlauf den Spielverderber gab. Meine dort eingebrachte Nachfrage bzgl. Datenschutz greife ich weiter unten noch einmal auf …
Nicht unerwähnt soll bleiben, dass es auch einige Stimmen gibt, die am liebsten allen bisher aufgeführten Playern eine Absage erteilt sehen würden. Stellvertretend dafür ein Blogbeitrag von Mike Kuketz mit zahlreichen ihm beipflichtenden Kommentaren. Er ist schon deswegen lesenswert, weil er auf einen möglichen Gegenwind in Steuergruppen und Schul(konferenz)debatten vorbereitet. Ergänzend dazu noch ein Artikel in der Süddeutschen Zeitung, der sich ebenfalls mit der zunehmenden Abhängigkeit von großen US-amerikanischen Playern auseinandersetzt und Open Source als Alternative vorstellt.
… und das auch noch mit restriktiven Vorgaben?
Egal, zu welcher Lösung die Schule kommen wird, es wird immer „Verliererinnen und Verlierer“ geben. Die Erfahrung zeigt, dass nicht alle Lehrkräfte mit dem in den Gesprächen entwickelten Systemvorschlag glücklich sein werden. Ziel und Pflicht einer Schule ist es, die Medienkompetenz gemäß KMK-Vereinbarung zu vermitteln. Das kann auch dazu führen, dass Schule, resp. Schulträger die Nutzung von Apps und Endgeräte vorschreiben, bis hin zur Festlegung und Bereitstellung der Lehrkraftgeräte. Dann gibt es nur noch wenig Spielraum für eigene Tools und Apps auf diesem Gerät, da das Aufspielen nicht vereinbarter Software seitens des Schulträgers in der Regel untersagt wird.
Ich habe das sowohl auf Schul- wie auch auf Behördenebene schon (mit)erlebt. Ich bekam von meiner Behörde, der Hessischen Lehrkräfteakademie den Laptop bereitgestellt. Positiv: Man musste sich um Installation, Back-up, Einbettung in das Kommunikationssystem und vieles mehr nicht kümmern. Negativ: Ganz vieles, was ich in Fortbildungen zeigen wollte, war nicht verfügbar. So waren z. B. viele Webseiten, Youtube Videos auf meinem Hessen-PC nicht abrufbar. Zwar verfügte der Laptop über eine USB-Schnittstelle, die aber nur mit einem landeseigenen USB-Stick genutzt werden durfte. Auch konnten wir kein WLAN in den Schulen nutzen. Einzig der mittels VPN-Dongle gesteuerter LAN Zugriff funktionierte, aber – siehe oben – mit vielen Einschränkungen.
Zurück zum schulischen Umfeld: ähnlich meine Erfahrungen in meiner Schule. Der Schulträger hat Hard- und Software vorgegeben. Die Geräte werden alle fünf Jahre in einem Rollout-Verfahren ausgetauscht. Voraussetzung ist ein Medienplan der Schule, der sich im Wesentlichen auf die Beschreibung der benötigten Software beschränkte. Jährlich konnten neue Programme installiert werden, sofern sie mit einem halben Jahr Vorlaufzeit beantragt wurden. Grund: Der Schulträger/ IT-Dienstleister mussten zunächst die Kompatibilität mit dem laufenden System sicherstellen und die Nutzung der beantragten Software freigeben. Wenn mir und meinen Kolleginnen und Kollegen etwas gefehlt hat oder wir außerhalb der vorgegebenen Zeitfenster ein neues Tool einsetzen wollten, haben wir mit einer privaten, individuellen Lösung nachgesteuert (eigener Laptop mit Hotspot), sofern Schulleitung und Schulträger dem nicht widersprachen. Denn:
Der Datenschutz(beauftragte) ruft …
„Oh je, das auch noch“ werden nun viele genervt rufen. Hilft nichts, da müssen wir jetzt durch, vgl. auch meine Ausführungen auf schule digital. In aller Kürze informiert ein Blogbeitrag über die sogenannten Verträge zur Auftragsverarbeitung, der auch auf das wichtige Binnenverhältnis zwischen Schule und Sachaufwandsträger hinweist. Bevor ich einen erneuten Perspektivwechsel zum Schulträger vornehme, eine kurze
Zusammenfassung
Schule sollte – wenn möglich – die System- und Endgerätefrage am Ende stellen. Es spricht nichts dagegen, die Planungen mit einem evaluationsgestützten Piloten zu begleiten. Die in Baden-Württemberg bei der Mittelbeantragung notwendigen Schritte (siehe Bild oben)
- Vorklärung („Was zeichnet unsere Schule in 2030 aus?“)
- Ist-Stand- Erhebung (Kompetenzen der Lehrkräfte, Umsetzung, Ausstattung, Umfeld)
- Zielformulierung und -kommunikation und
- Maßnahmenplanung
halte ich für sehr sinnvoll. Nach dem Fließen erster Fördergelder sind
- Ist Umsetzung,
- Evaluation und
- Folgerungen/ Neujustierung
nachzusteuern.
Das Medienzentrum Heidelberg hat übrigens eine Anleitung erstellt, die durchaus ländergrenzenübergreifend genutzt werden kann. Und nun zum wichtigsten Akteur auf dem Spielfeld Digitalpakt, denn nur er darf Mittel beim Bund beantragen: